Wie viel darf die Wohnung kosten?
Wenn der Staat die Miete zahlt, soll sie günstig sein. Das führt zu Konflikten.
Veröffentlicht am 11. September 2020 - 11:46 Uhr
Die Sozialhilfe steht unter Spardruck. Die Gemeinden wollen die Kosten senken. Deshalb vergüten viele den Bezügerinnen und Bezügern Mietzinse, die nicht dem Marktpreis entsprechen. Das führt häufig zu Streit.
Die Sozialhilfe deckt finanziell drei Dinge:
Die Höhe des Grundbedarfs wird von der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos) empfohlen und beträgt für das Jahr 2024 monatlich CHF 1031 Franken für eine Einzelperson (siehe auch Checkliste «Grundbedarf: So viel Geld gibt es in den Kantonen»).
Für die Mietzinse dagegen gibt es keine Richtwerte. Da sich das Mietzinsniveau je nach Region stark unterscheidet, ist es mehrheitlich den Gemeinden überlassen, die Obergrenzen dafür festzulegen. Die Skos empfiehlt nur, die Obergrenze nach einer «fachlich begründeten Methode» zu berechnen, gestützt auf Daten des lokalen und aktuellen Wohnungsangebots. So die Theorie.
Willkür bei Gemeinden bei der Sozialhilfe
Die Gemeinden können eigenständig bestimmen, welche Daten sie für die Berechnung verwenden. Um realistische Obergrenzen festzulegen, müssten sie die ortsübliche Miete für preisgünstige Wohnungen, aber auch den Leerbestand berücksichtigen.
Ein Beispiel aus Graubünden zeigt aber, dass manche Gemeinden willkürlich vorgehen. Ein alleinstehender Lehrling hatte Anspruch auf Sozialhilfe. Er machte einen Mietzins von 730 Franken im Monat geltend. Die Gemeinde verwies auf interne Richtlinien und kürzte nach einer Frist von vier Monaten den Beitrag auf 500 Franken.
Der Lehrling suchte intensiv nach einer billigeren Unterkunft , unterstützt von seinem Lehrbetrieb. Doch eine Miete von 500 Franken erwies sich als unmöglich. Der Lehrling erhob deshalb Beschwerde gegen die realitätsferne Limite.
Welche Ausgaben werden noch in den Grundbedarf gerechnet? Beobachter-Mitglieder erhalten unter «Für was muss der Grundbedarf in der Sozialhilfe ausreichen?» eine detaillierte Aufstellung. Die Checkliste «Maximale Kürzungen in der Sozialhilfe» zeigt überdies, welche Kantone sich nicht an die Richtlinien und Empfehlungen der Skos halten.
Unzulässige Kürzung bei Sozialhilfe
Das Gericht suchte im Internet nach Mietobjekten und kam zum Schluss, dass auf dem Wohnungsmarkt in der Gemeinde tatsächlich kein so günstiges Zimmer verfügbar ist, geschweige denn eine Wohnung. Es hiess deshalb die Beschwerde gut. Die Kürzung, die das Sozialamt verfügt hatte, war somit nicht zulässig.
Häufig scheuen Sozialhilfebeziehende die Konfrontation mit dem Amt, auch weil sie mit der Materie überfordert sind. Weil die Gemeinden die Obergrenze aber selbst bestimmen dürfen, bleibt bei Unstimmigkeiten oft nur der Gang vor Gericht.
Dabei sind die Vorgaben des Bundesgerichts klar: Das Sozialamt muss «überhöhte» Wohnkosten so lange übernehmen, bis es eine zumutbare günstigere Lösung gibt.
Mietkosten bei Sozialhilfe: Das gilt
- Ortsüblich günstig: Von Sozialhilfebeziehenden wird erwartet , dass sie in günstigem Wohnraum leben. Das heisst: Der vergütete Mietzins soll für die ortsüblichen Verhältnisse preiswert sein.
- Teurere Wohnung: Wenn die Wohnkosten über den Richtwerten liegen, prüft das Sozialamt, ob es Gründe gibt für eine Übernahme. Zum Beispiel medizinische: Falls jemand nur wenige Treppen steigen kann, darf es auch eine etwas teurere Parterrewohnung sein.
- Überhöhte Kosten: Das Sozialamt muss «überhöhte» Wohnkosten so lange tragen, bis eine Wohnung zur Verfügung steht, die den Richtwerten entspricht.
- Wohnungswechsel: Falls das Amt einen Wechsel der Wohnung verlangt, muss es die Betroffenen schriftlich auffordern, eine günstigere Unterkunft zu suchen. Es muss eine Frist nennen und das Ausmass der Suchbemühungen festlegen. Die Frist muss die üblichen Kündigungsfristen berücksichtigen.
- Hilfe bieten: Das Amt muss Betroffene, soweit notwendig, bei der Suche nach günstigem Wohnraum unterstützen. Etwa bei der Bewerbung, durch Abgabe von Referenzen, mit Listen von freien Wohnungen oder mit einer Bestätigung, dass es den Mietzins bezahlt .
- Frist verlängern: Falls Betroffene die geforderten Suchbemühungen beweisen können, aber während der gesetzten Frist keine günstigere Wohnung finden, darf das Amt den Wohnbeitrag nicht kürzen. Es muss eine neue Frist ansetzen.
- Kürzung: Wenn der Wohnbeitrag zu Recht gekürzt wird, müssen Betroffene die Differenz aus dem Grundbedarf finanzieren.
Lesen Sie als Beobachter-Mitglied in diesem Artikel, ob das Amt Sozialhilfebeziehende auch bei den Kosten für den Umzug unterstützt.
1 Kommentar
der gang vor gericht mag in einem rechtsstaat sinnvoll sein. doch die schweiz ist ein proklamierter rechtsstaat. sprich: eine bananenrepublik. siehe bündner bauskandal etc. etc.; hinzu kommen die vielen scheinverfahren bei der iv. die fehleinträge und wahrheitswidrigkeiten bei mir! nein bei allen, ausser du bist in der politik oder kennst jemand. der richtergeselle doppelt nach mit doofen anmerkungen, die mit mir rein gar nichts zu tun haben. und wenn du dich wehrst, machen sie dich mundtot. sorry: wie war das beim bündner bauskandal... alles rechttsstaat oder was? und ich, bestimmt keine ausnahme, oder was? viele schweigen aus angst oder scham, die andern werden verfolgt und mundtot gemacht. ja, man plündert sie regelrecht mit dem segen des bundesgerichts.