Das schräge Steckenpferd
Unser Autor befasst sich mit «Hobby Horsing» – und fragt sich, ob «Hobby Dogging» oder «Hobby Paragliding» genauso sinnvoll wären.
Veröffentlicht am 17. August 2023 - 06:00 Uhr
In den Untiefen des Internets liegt so mancher Schatz und wartet darauf, gehoben zu werden. Kürzlich spülte mir Youtube eine ganz besondere Perle an die Oberfläche: einen Beitrag über «Hobby Horsing».
Nie gehört? Dann stellen Sie sich einfach einen Reitplatz oder eine Turnhalle vor, wo – meist junge und weibliche – Menschen mit einem Steckenpferd zwischen den Beinen über Hindernisse hüpfen, Dressurreiterinnen imitieren und komplizierte Schrittfolgen absolvieren – immer begleitet von strengen Blicken der Jurorinnen. Am Schluss gibt es Medaille und Schleife für das Steckenpferd. Das ist Hobby Horsing.
Falls Sie nun den Kopf schütteln oder gar lachen wollen: Überlegen Sie sich das noch einmal. Denn Hobby Horsing mag zwar für Uneingeweihte etwas bizarr aussehen, aber es bietet gegenüber dem gewöhnlichen Reitsport unschlagbare Vorteile. Statt eines teuren Vollblüters müssen die Eltern von Pferdenärrinnen bloss noch für einen Pferdekopf mit Besenstiel aufkommen. Der Range Rover mit Anhänger entfällt. Genial, oder?
Das Prinzip lässt sich zudem auf andere Bereiche übertragen. Verhinderte Hundehalter zum Beispiel können dank «Hobby Dogging» mit ihrem imaginären Vierbeiner spazieren gehen, ohne ständig Kothaufen wegputzen zu müssen. Eine simple Hundeleine – allenfalls mit einem Draht verstärkt, damit sie nicht herunterhängt – reicht dazu völlig aus. Je nach Grösse des virtuellen Hundes hält man die Leine einfach etwas flacher (Dobermann) oder etwas steiler (Zwergpinscher). Dasselbe gilt für Halterinnen von imaginären Elefanten (steil nach oben) oder Giraffen (sehr steil nach oben).
Weniger zu empfehlen ist wiederum das «Hobby Paragliding». Wer sich statt mit Gleitschirm mit einem Regenschirm über eine Felsklippe stürzt, wird vermutlich nur einen – zudem sehr kurzen –Versuch geniessen können. Ich persönlich ziehe «Hobby Photography» vor. Aus einer Kartonschachtel und einer leeren WC-Papier-Rolle habe ich mir meine Wunschkamera gebastelt. Kürzlich war ich damit an einem Luftgitarrenfestival. Die Bilder wurden sensationell – in meinem Kopf.