Aufgezeichnet von Thomas Angeli:

Zum ersten Mal war ich 2014 bei den Penan in Sarawak, auf Reportage für den Beobachter Dschungeldoktor Bis es weh tut . Seither hat mich dieses Volk nicht mehr losgelassen. Insgesamt ein halbes Jahr war ich bei ihnen im Regenwald, vermutlich länger als jeder andere Weisse seit Bruno Manser. Ich lebte mit einer der letzten teilnomadischen Gruppen, dokumentierte ihren Alltag. Ich lernte mit dem Blasrohr zu jagen und ihre Sprache zu reden.

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2018 veröffentlichte ich die dabei entstandenen Bilder erstmals in «Geo»; kürzlich erschien mein Buch «Doomed Paradise», dem Untergang geweihtes Paradies. Ich versuche darin, den Zwiespalt zwischen traditionellem und westlichem Leben zu zeigen, in dem sich die Penan heute befinden. Das Buch soll für sie sein, nicht einfach über sie. Alle Texte sind auch in ihrer Sprache. Das Papier ist wasserfest, damit es im Regenwald beständig ist. Bei der nächsten Reise bringe ich es mit nach Sarawak.

Halb nackte Wilde

Ich war auch Fotograf am Set von «Bruno Manser, die Stimme des Regenwaldes», aber ich sehe den Film sehr kritisch. Er will authentisch sein, aber die Penan fühlen sich schlecht dargestellt. Im Film sind sie edle, naive Wilde, die halb nackt in Lendenschurzen durch den Wald rennen. Das sind sie nicht und waren sie auch zu Mansers Zeiten nicht. Bei den Dreharbeiten sind Penan zu mir gekommen und haben auf Fehler aufmerksam gemacht: Sie fischen mit Netzen, nicht mit Speeren. Zur Sago-Herstellung benutzen sie andere Werkzeuge, und die Totenzeremonie, die gezeigt wird, gibt es bei ihnen schlicht nicht. Für uns mögen das Details sein, aber mir haben mehrere Penan erzählt, wie wichtig das für sie ist.

Sie konnten sich gegen solche irreführenden Darstellungen ihrer Kultur nicht wehren, da sie gleich doppelt abhängig sind: vom Bruno-Manser-Fonds, bei dem einige angestellt sind, und von der Filmcrew, die ihnen Gagen zahlte.

Liebesgeschichte als Propaganda

Im Film gibt es eine Beziehung zwischen Bruno Manser und einer jungen Penan. Sämtliche Penan beteuern, dass das erfunden ist. Die malaysische Regierung verleumdete Manser immer wieder, er sei eine Art Sextourist. Mit der erfundenen Lovestory übernimmt der Film diese Propagandalüge.

Zudem war Manser nicht der Anführer im Kampf gegen die Holzfäller. Er stand nicht als weisser Held an den Strassenblockaden wie im Film gezeigt. Das ist eine kolonialistische Darstellung! Im Gegenteil: Manser wirkte im Hintergrund, die Penan fühlten sich für ihn verantwortlich. Sie hätten nie zugelassen, dass er sich so in Gefahr begab. Das hat mir Häuptling Peng Megut erzählt, der Manser kannte. Er fürchtet nun, dass die Penan durch den Film in einem schlechten Licht dastehen.

Ich habe das selber erlebt, als es zu einer Konfrontation zwischen einer Gruppe Penan und Holzfällern kam. Peng Megut liess mich dabei sein, aber er versteckte mich im Busch, weil er sich um meine Sicherheit sorgte.

Bruno Manser hat sich sehr bemüht, in seinen Tagebüchern das Leben der Penan genau und authentisch zu dokumentieren. Ich verstehe deshalb nicht, wie der Bruno-Manser-Fonds zulassen konnte, dass die Penan und Manser derart falsch dargestellt werden. So gibt der Film bloss vor, sich für die indigene Bevölkerung einzusetzen. In Wahrheit aber stösst man sie vor den Kopf.

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Thomas Angeli, Redaktor
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