Christian Bennefeld ist nicht paranoid. Er glaubt auch nicht an Verschwörungstheorien. Er sagt nur: «Wenn Sie heute fernsehen, sind Sie nie allein.» Bei einem modernen Smart-TV, der mit dem Internet verbunden ist, guckt eigentlich immer jemand mit. «Wer das genau ist, wissen wir nie mit Sicherheit.»

Der 48-Jährige aus Hamburg denkt nicht an Geheimdienste, wenn er von Überwachung spricht. «Mir macht viel mehr Angst, wie die digitale Wirtschaft immer sensiblere Daten aus immer mehr Geräten abgreift, auswertet und daraus Profile über uns Nutzer erstellt. Profile, die dann auch noch gehandelt und mit weiteren Daten angereichert werden. Dieses Geschäft ist ausser Kontrolle geraten.»

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Bennefeld muss es wissen. Er kommt aus der Branche. Um die Jahrtausendwende entwickelte er den eTracker, eine Software, die Nutzerdaten erfasst, um damit Websites zu optimieren. Bennefeld ist aus der Firma ausgestiegen, hält aber immer noch die Hälfte der Anteile.

«Es wird Zeit, dass der Nutzer selber entscheiden kann, wem er Zugriff auf seine Daten erlaubt.»

Christian Bennefeld, IT-Entwickler

«Ich habe die Seite gewechselt», sagt er bei einem Treffen in Zürich. «Es wird Zeit, dass der Nutzer selber entscheiden kann, wem er Zugriff auf seine Daten erlaubt.» Anders gesagt: «Es ist schon in Ordnung, wenn mein Metzger weiss, was ich mag, und mir das anbietet. Ich möchte aber nicht, dass er auch weiss, was ich gerade in der Apotheke gekauft habe.»

Die Profile speichern die Eigenschaften und das Verhalten der Nutzer im Internet, und sie sind nicht nur für die digitale Werbung von Bedeutung. Zunehmend fliessen solche Infos auch in die Beurteilung der Kreditwürdigkeit oder des Risikos für eine Versicherung ein. Damit Nutzer den Zugriff auf persönliche Daten besser steuern können, hat Bennefeld den eBlocker entwickelt.

Getarnt im Internet unterwegs

Das ist ein weisser Würfel, etwa so gross wie ein Rubik’s Cube. Er soll alle in einem Haushalt mit dem Internet verbundenen Geräte vor Verfolgungssoftware schützen, sogenannten Trackern. Zudem blockiert er Werbung auf Websites und anonymisiert auf Wunsch den Datenverkehr, indem er ihn über das Tor-Netzwerk leitet. So ist keine Rückverfolgung des Urhebers mehr möglich.

Einzelne Geräte können auch in einen Tarnmodus versetzt werden, der ein anderes Betriebssystem vorgaukelt. Der PC erscheint dann als Smartphone oder Tablet. So lässt sich prüfen, ob Händler je nach verwendetem Gerät Produkte zu unterschiedlichen Preisen anbieten.

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Weil die Firma eBlocker die Software nicht offenlegt, sind keine unabhängigen und umfassenden Sicherheitsüberprüfungen möglich. «Wir wollen den Code nicht offenlegen, weil er sonst von jedem verwendet und modifiziert werden könnte», sagt Bennefeld. «Wir sind aber bereit, ihn von Sicherheitsexperten gegen eine Vertraulichkeitsvereinbarung zertifizieren zu lassen.»

Nutzer des Würfels schützen sich natürlich nur umfassend vor der Datenerfassung, wenn sie auf registrierte Apps und das Anmelden auf Internetseiten, zum Beispiel über Social-Media-Accounts, verzichten.

Widerstand gegen Adblocker

In der Schweiz sind heute bereits auf rund 15 Prozent der Computer Adblocker installiert, die Werbung im Internet blockieren. Die Hardwarelösung von eBlocker soll den Schutz erweitern und auch für andere Geräte erbringen.

Gegen das Blocken der Werbung gibt es Widerstand aus der digitalen Werbe- und der Medienbranche. In Deutschland haben mehrere Verlage die Firma Eyeo verklagt, die die verbreitete Browsererweiterung Adblock Plus herstellt. Ihr wird unter anderem vorgeworfen, sie greife in die Struktur von Websites mit journalistischen Inhalten ein. Dass Werbeblocker grundsätzlich verboten werden, ist aufgrund erster Urteile nicht zu erwarten. Unhaltbar ist allerdings das Geschäftsmodell der Firma Eyeo, weil sie angeblich gegen Bezahlung ihren Filter für bestimmte Werbung durchlässig macht.

Ein Verbot solcher Praktiken wünscht sich auch Bennefeld. «Wir haben es hier mit einer modernen Variante der Wegelagerei zu tun», meint er.

«Schweizer Firmen wären betroffen»

Die digitale Werbung gerät aber nicht nur durch Blocker unter Druck. Die EU arbeitet derzeit an einer Privacy-Verordnung, die den Einsatz von sogenannten Cookies neu regeln soll. Die kleinen Textdateien erlauben unter anderem, einen Besucher auf einer Website wiederzuerkennen.

Unklar ist, wie Nutzer künftig ihre Zustimmung zum Abspeichern solcher Dateien erteilen müssen. In der Schweiz ist heute nur für das Bearbeiten besonders schützenswerter Daten eine explizite Zustimmung nötig. Sonst genügt ein Hinweis auf eine Ausstiegsmöglichkeit.

Hier soll die europäische Verordnung strenger ausfallen. Das hätte auch Auswirkungen auf die Schweiz, sagt Francis Meier, Sprecher des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten: «Wenn eine Schweizer Firma Daten von EU-Bürgern bearbeitet, ist sie von der EU-Privacy-Verordnung ebenfalls betroffen.» Verstösse dagegen sollen künftig mit empfindlichen Bussen von bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes einer Firma bestraft werden.

Für Christian Bennefeld genügt das nicht. «Modernes Tracking funktioniert längst nicht mehr über Cookies. Hier gibt es raffiniertere Methoden, vor denen uns auch die neue EU-Verordnung nicht schützen wird.»

Test: Was taugt der eBlocker?

Der Beobachter hat den eBlocker zwei Wochen lang in einem Netzwerk mit acht Geräten getestet. Computer, Smartphones, ein Tablet und eine internetfähige Waage waren eingebunden.

Das Einrichten funktioniert problemlos, sofern der Internetrouter kompatibel ist. Um den Würfel zu aktivieren, genügt es, ihn ans Stromnetz und per Netzwerkkabel an den Router anzuschliessen.

Nach etwa vier Minuten filtert er den Datenverkehr, ohne dabei Infos an die Firma eBlocker oder andere zu übermitteln. Die Filter werden täglich automatisch aktualisiert. In jedem Browserfenster erscheint fortan ein Symbol, das via Kontrollleiste Einstellungen am eBlocker erlaubt. Etwa um das Filtern zu pausieren oder für einzelne Websites zu unterbinden. Das Filtern lässt sich auch für einzelne Geräte ausschalten.

Im Test verhindert der eBlocker Werbung und Tracking-Dienste zuverlässig, ähnlich wie man es von Softwarelösungen wie Adblockern und Antitrackern kennt.

Auch die Anonymisierung über das Tor-Netzwerk funktionierte einwandfrei, allerdings leidet die Geschwindigkeit darunter.

In der Schweiz wird der eBlocker für rund 275 Franken verkauft, inklusive Updates für ein Jahr. Eine Liftetime-Lizenz kostet 398 Franken, die Variante mit Jugendschutzfiltern nochmals 80 Franken mehr.

Wer einen einzelnen Computer schützen will, erreicht einen etwas weniger hohen Schutz auch mit kostenlosen Browsererweiterungen. Auf Tablets, Handys, Smart-TVs und internetfähigen Haushaltgeräten sind solche aber oft nicht zu installieren. Hier ist die Hardware- Lösung mit dem Würfel sinnvoll.

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Quelle: Getty Images