Dieser Beitrag ist Teil unserer Artikelserie «Was 2020 sonst noch geschah – 12 Geschichten über erfreuliche Entwicklungen». Alle Artikel der Serie finden Sie am Ende dieses Artikels oder hier.

Gini Jungi (Leadsängerin): Im September haben wir unser erstes Album, «Sweet Mortality», veröffentlicht. Medien und Fans haben sehr positiv reagiert – in der Schweiz, aber auch in Deutschland, England, bis in die USA. Eine Vertriebsfirma aus Los Angeles hat mehrere Hundert Vinylplatten bestellt.

Michael Mutter (Bassist): Das erste Album ist ein wichtiger Schritt im Lebenslauf einer Band.

Jan Winkler (Schlagzeuger): Das grosse Echo hätte uns in normalen Zeiten auf ein neues Niveau katapultiert. Wir hätten mit dem Album auf Tour gehen, unsere Fangemeinde ausbauen können – vielleicht sogar in den USA.

Jungi: Konzerte spielen und Spass haben. Das ist unser Ziel und unsere Lieblingsbeschäftigung. Es ist ein Dämpfer, dass wir die Chancen auf Live-Auftritte, besonders im Ausland, nicht wahrnehmen konnten. Aber es geht allen gleich. Wir schauen nach vorn und freuen uns auf alles, was noch kommt.

Mutter: Die Fans in der Schweiz liegen uns genauso am Herzen wie jene im Ausland. Aber die Möglichkeiten hier sind begrenzt. Es gibt zum Beispiel nicht unendlich viele Konzertlocations, die die passende Grösse und musikalische Ausrichtung für uns haben.

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Winkler: Bis sich die Lage verbessert, müssen wir den Ofen am Laufen halten – indem wir immer wieder ein Holzscheit nachlegen und neue Singles oder Videoclips rausbringen. Wenn das öffentliche Interesse einmal erloschen ist, bringt man es kaum wieder zum Brennen.

Jungi: Es gibt eine Million coole Bands – und niemand hat auf uns gewartet. Deshalb planen wir trotz der ungewissen Entwicklung mindestens ein halbes Jahr im Voraus, auch Konzerte. Sonst passiert bestimmt nichts. Ich schmiede dauernd neue Pläne – selbst beim Kochen und Zähneputzen.

Tobias Arn (Gitarrist): Mir fehlen die Live-Auftritte sehr. Jede Band ist nur so gut wie ihr Publikum.

Mutter: Mir auch. Ich geniesse jeweils bereits die Hinfahrt zur Konzertlocation. Zusammen im Auto sitzen – vielleicht an einem Donnerstagnachmittag, während andere arbeiten müssen –, das ist schon cool.

Winkler: Auf der Bühne spüre ich dieses unglaublich wohlige Gefühl aus dem Bauch heraus. Das ist vermutlich das Endorphin. Aber mal zu Hause bleiben und staubsaugen ist auch nicht ganz falsch.

Jungi: Geht mir genauso. Ich geniesse aber auch die frei gewordene Zeit – etwa um neue Songs zu schreiben. In meinem Kopf ist nicht genügend Platz, um alle Ideen aufzubewahren.

Winkler: Ich stelle mir Ginis kreative Fontäne anstrengend vor. Wir unterstützen sie dabei, einen Song nach dem anderen in eine Form und damit aus ihrem Kopf zu bringen.

Arn: Gini kommt mit einer genialen Idee, wir anderen brauchen sie nur noch zu parfümieren.

Jungi: Die wenigen Auftritte erschweren die Vermarktung der Band auf Social Media. Womit füttern wir Facebook und Instagram, ohne nur alte Bilder zu verwenden oder plump Werbung zu machen?

Winkler: Von aussen würde man das vielleicht nicht denken – aber wir machen uns viele Gedanken über Planung und Marketingstrategie. Es fühlt sich halb an wie eine Firma …

Arn: … und halb wie eine Beziehung. Und wie bei jeder Beziehung gibt es manchmal auch bei uns Spannungen, die ausdiskutiert werden müssen.

Jungi: Diese Beziehung gibt auch viel Energie. Sie hilft mir, nicht auf die falschen Leute zu hören – diejenigen, die alles besser wissen oder meinen, dass unsere Ziele unmöglich seien.

Artikelserie: «Was 2020 sonst noch geschah»
Beobachter-Titelgeschichte: Was 2020 sonst noch geschah
Quelle: Beobachter

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