«Dann bin ich eben ein Exot – wen kümmerts?»
Kühe stehen auf jedem Hügel, deshalb hat sich Arnold Luginbühl Rentiere angeschafft – und ein neues Geschäftsmodell entdeckt: Shootings mit gehörnten Models. Samichlaus inklusive.
Veröffentlicht am 28. November 2019 - 15:39 Uhr
Beobachter: Auf Ihrem Hof trifft man Lamas, Alpakas und Rentiere. Sind Ihnen Kühe zu langweilig?
Arnold Luginbühl: Mein Vater hatte Kühe, jeder andere Bauer hat Kühe – da muss ich nicht auch noch welche haben. Ist doch spannender, wenn einer mal etwas Neues wagt. Deshalb habe ich vor 25 Jahren Lamas
gekauft, ein paar Jahre darauf Alpakas. Zusammen sind das heute 300 Tiere. Vor zehn Jahren kamen noch ein paar Rentiere dazu, die gefallen mir schon lange.
Wie kommt das bei anderen Bauern an?
Es gibt sicher Bauern, die den Kopf schütteln, wenn sie meine Tiere sehen. Aber wir sind ja keine Konkurrenten, wen kümmerts also? Dann bin ich eben ein Exot. Einer, der seinen Job auch nach einem Vierteljahrhundert noch macht – und wahrscheinlich auch in 15 Jahren noch erfolgreich machen wird.
Was ist Ihr Erfolgsrezept?
Freude am Job ist wichtig. Ausserdem braucht ein guter Bauer Durchhaltewillen und Geschäftssinn. Höhen und Tiefen gibt es wie in jedem anderen Beruf auch, da darf man nicht sofort das Handtuch werfen. Wer beispielsweise Rentiere halten möchte, muss einen Hirschkurs und ein Praktikum mit 300 Hegestunden bei einem anderen Halter machen. Das ist mit viel Aufwand verbunden.
Man braucht einen Kurs, um Rentiere zu halten?
Das ist der grosse Unterschied zu den Lamas: Die kann jeder halten, der Kurs dauert nur einen Tag. Für die Rentiere braucht man aber eine Wildtierhalter-Bewilligung, eben 300 Hegestunden sowie einen Kurs, der aus sechs Modulen besteht, die über ein Jahr verteilt sind. So viel Aufwand schreckt 90 Prozent der Bauern bereits von vornherein ab.
«Unsere Rentiere haben auch schon Werbespots gedreht, für Melectronics oder Swisscom etwa.»
Arnold Luginbühl
Obwohl sich mit den Rentieren ja auch Geld verdienen lässt.
In der Weihnachtszeit sieht sich jeder amerikanische Filme an, in denen Rentiere den Weihnachtsmann begleiten. In der Schweiz sieht man so etwas aber nur selten. Was mache ich also?
Ein rotes Kostüm und den Bart anziehen.
Ganz genau. Ein Rentier kann mit einem Samichlaus
als Begleitperson gebucht werden, zum Beispiel für Weihnachtsmärkte. Unsere Rentiere haben auch schon Werbespots gedreht, für Melectronics oder Swisscom etwa. Und mit Models posieren sie regelmässig vor einem Bergpanorama. Das läuft tipptopp, im November und im Dezember sind wir praktisch ausgebucht.
Zum Samichlaus gehört doch aber ein Esel?
Nicht unbedingt. In anderen Ländern begleitet das Rentier den Samichlaus. Auch in Europa sieht man zunehmend Rentiere als Deko in der Weihnachtszeit. Bei unseren Auftritten an Weihnachtsmärkten sind die Tiere ein Publikumsmagnet, auch Wanderungen sind sehr beliebt.
Machen die Rentiere da gern mit?
Jedes Rentier hat seinen eigenen Charakter. Es ist wichtig, ruhig mit ihnen umzugehen – es sind ja immer noch Wildtiere. Snow, unser Liebling, ist besonders gut für Werbeeinsätze geeignet. Er wurde schon auf dem Hof geboren und hat sich an Menschen gewöhnt. Besonders gern mag er meine Tochter Carmen. Sie kann mit ihm spazieren gehen, da läuft er ihr nach wie ein Hund.
Was machen die Tiere, wenn das Weihnachtsgeschäft vorbei ist?
Von Februar bis August haben sie Betriebsferien. Auch weil Rentiere im Frühling ihr imposantes Geweih abwerfen. Das wird erst im September wieder voll – passend zur Wintersaison.
Arnold Luginbühl führt seinen Hof in Aeschi BE mit Hilfe seiner Frau Ulrike und seines Bruders Toni. Seit 25 Jahren züchtet der Bauer Lamas und Alpakas – mittlerweile leben über 300 Tiere in der Herde. 2009 erfüllte er sich einen weiteren Traum und kaufte Rentiere.