Bleiberecht trotz mehreren Vorstrafen
Einem Ausländer, der eine Schweizerin heiratet, darf die Aufenthaltsbewilligung nur verweigert werden, wenn er hier straffällig geworden ist. Dafür ist gemäss Praxis des Bundesgerichts eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr nötig.
Veröffentlicht am 12. September 2011 - 08:55 Uhr
Das Zürcher Migrationsamt sowie Regierungsrat und Verwaltungsgericht gingen so bei einem Algerier vor, der 1998 illegal eingereist war. Asylgesuch sowie Gesuch um vorläufige Aufnahme wurden damals abgelehnt. Der Mann blieb und konnte wegen seines Widerstands auch nicht zwangsweise ausgeschafft werden. Er wurde wiederholt straffällig und zusammengezählt zu zwei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt. Für die Zürcher Instanzen genügte das, um ihm nach der Heirat mit einer Schweizerin den Verbleib im Land zu verweigern.
Dagegen wehrten sich der Mann und seine Ehefrau vor Bundesgericht. Sie bekamen recht: Die Richter hielten erstmals fest, dass der Verbleib im Land nur verweigert werden darf, wenn ein einzelnes Strafurteil über mehr als ein Jahr ausfällt – nicht aber bei notorischen Kleinkriminellen mit vielen Kurzstrafen, auch wenn diese insgesamt über ein Jahr hinausgehen. Der Mann darf vorläufig bleiben, das Verwaltungsgericht muss aber den Fall nochmals beurteilen. Da der Betreffende Sozialhilfe bezieht, könnte ihm deshalb die Aufenthaltserlaubnis verweigert werden.
Bundesgericht, Urteil vom 15. April 2011 (2C_415/2010)
1 Kommentar
Dieses Urteil war meine Stütze für die ganze Zeit im Kampf um die Aufenthaltsbewilligung meines Mannes. Leider haben wir vom Bundesgericht einen negativen Entscheid bekommen, mein Mann musste ausreisen. Er ist Deutscher, in Deutschland mehrfach straffällig (kleinere Delikte und Handel mit 800 g Marihuana) geworden, hat seine letzte Strafe bis August 2015 in Deutschland verbüsst und ist danach zu mir in die Schweiz gekommen, um ein legales Leben aufbauen zu können. Dies hat er bis zum heutigen Tag auch ohne Probleme hinbekommen, hat sich an alle Vorschriften gehalten, ist abstinent geblieben, besucht regelmässig seinen Bewährungshelfer, alles wie es sein sollte. Ich arbeite neben meinem regulären Job noch nebenbei, damit wir finanziell über die Runen kommen, dadurch hatten wir auch keinen Anspruch auf unentgeltliche Rechtsvertretung und mussten schon tief in die Tasche greifen für die Gerichte und den Anwalt. Trotzdem mussten wir davon Kenntnis nehmen, dass das Bundesgericht unseren Fall "abgeschmettert" hat. Verwandte und Bekannte stellen uns in Frage, da dies ja nicht möglich sei "er ist doch mit einer Schweizerin verheiratet und hier in der Schweiz nie straffällig geworden"! Was soll ich dazu noch sagen...die Sache an den Europäischen Gerichtshof weiterzuziehen hätte kein aufschiebende Wirkung und wir vermögen dies finanziell leider nicht.