Meister leerer Versprechen
Der prominente Berner Medienjurist Franz A. Zölch hat jahrelang Bekannte um ihr Vermögen gebracht. Seine Opfer erheben schwere Vorwürfe gegen die Behörden.
Veröffentlicht am 27. Februar 2020 - 18:00 Uhr,
aktualisiert am 5. März 2020 - 14:22 Uhr
Sie waren das glamouröse Traumpaar im Kanton Bern, gern gesehene Gäste bei fast jedem Anlass. Er, Franz A. Zölch, Medienrechtler mit eigener Kanzlei, Brigadier, Hochschuldozent, bestens vernetzt in Wirtschaft, Politik und Sport. Sie, die über die Parteigrenzen hinweg beliebte SVP-Regierungsrätin Elisabeth Zölch.
So war es bis 2005, als sich Elisabeth von Franz trennte. Schon damals hatte er an Bodenhaftung verloren, begann Schein und Sein zu vermischen. Dort ein Wochenendleben im mondänen Gstaad BE, hier ein Berg nicht bezahlter Rechnungen in Bern. Mit der Scheidung brach auch das Einkommen der Regierungsrätin weg.
Es folgten ein Leben auf Pump und eine verheerende Beziehung zu einem Hochstapler in Gstaad. Zölch hinterliess eine immer breitere Spur von Opfern. Für seinen tiefen Fall muss er sich demnächst vor Gericht verantworten.
Der Richter muss über acht Betrugsfälle entscheiden. Doch längst nicht alle Machenschaften sind angeklagt worden. Bereits 2015 wurde Zölch in einem Fall wegen Betrugs bestraft. Geschädigte schätzen die Gesamtschuld auf 3 bis 4 Millionen.
Der heute 71-jährige Jurist ging stets nach dem gleichen Muster vor. Er umgarnte Kunden, Bekannte und Freunde, sogar seine Sekretärin und eine Jugendliebe. Dann rang er ihnen kurzfristige, hohe Darlehen ab. Innert Tagen oder Wochen wollte er die bis sechsstelligen Beträge zurückerstatten.
Er verwies jeweils auf grosse Geldsummen, die er bald erhalten würde. Zum Teil seien sie schon auf seinem Konto, müssten aber durch eine Vorzahlung «herausgelöst» werden. Gegenüber einem Studienfreund und der ehemaligen Geliebten erwähnte er grosse Honorare aus den USA, deren Überweisung sich wegen der Attentate von 9/11 verzögert hätten. Der Sekretärin machte er glaubhaft, bald eine grosse Erbschaft zu erwarten.
Alles erinnert an einen klassischen Vorschussbetrug: Eine kleinere Summe soll bezahlt werden, um dann an eine viel grössere zu kommen. Profitiert hätten die Opfer nicht. «Es ging darum, Zölch aus der Patsche zu helfen», sagt ein Gläubiger.
Franz A. Zölch redete damals im Gespräch von «First-in-Second-out-Geschäften». Auf das Out warten die Darlehensgeber seit Jahren. Zu den jetzt eingeklagten Fällen wollte oder konnte sich Zölch nicht äussern. Er befinde sich notfallmässig im Spital.
2011 schrieb der Beobachter erstmals über Zölchs Machenschaften. Auch über seine Verbindung zum britischen Hochstapler Simon Welsh, der ebenfalls in Gstaad sein Unwesen trieb. Zölch hatte mit seiner neuen Partnerin gerade ein Unternehmen gegründet. Chalets sollten verkauft werden, Welsh interessierte sich für ein Haus. Aus dem Kontakt entstand eine freundschaftliche Beziehung. Zölch wurde Rechtsberater von Welsh – und sein vielleicht bester Schüler.
Welsh spielte den englischen Millionär in Gstaad, vergnügte sich mit Polo und gönnte seinen Kindern die Kennedy-Privatschule. Zölch kümmerte sich derweil um Welshs Rechtshändel, Steuerprobleme, hoffnungslos überzogene Bankkonten, engagierte sich sogar für die Gründung einer Privatschule.
Zölchs Mitarbeiter waren am Verzweifeln, weil Welsh ihre Arbeit nicht bezahlte. «Ist das Geld nun da? Ansonsten arbeiten wir gratis!! Dies können wir uns nicht mehr leisten», vermerkte ein Angestellter 2008 in einer Aktennotiz.
Simon Welsh arbeitete nach dem gleichen Muster wie Zölch. Er graste sein Umfeld nach Darlehensgebern ab und versprach ihnen eine rasche Rückzahlung. Auch er erklärte das mit Erbschaften, die noch blockiert seien.
Nach Erscheinen des Beobachter-Artikels 2011 meldete sich Mike Rutherford auf der Redaktion, der Mitbegründer der Rockband Genesis. Er ist selber passionierter Polospieler und besitzt eine Villa in Südspanien. Rutherford suchte verzweifelt nach Simon Welsh, der in seiner Villa gelebt hatte, ohne die vereinbarte Miete zu zahlen. Welsh lernte den Profi-Polospieler Jack Kidd kennen, den Bruder des Models Jodie Kidd. Wie üblich endeten all diese Beziehungen über kurzfristige Darlehen im langfristigen Desaster.
Welsh war ebenfalls in Dubai und auf Barbados aktiv. Gut für Gstaad, könnte man meinen. Doch das Berner Oberland blieb Jagdrevier. Auch die Beziehung zu Franz A. Zölch wärmte Welsh immer wieder auf.
Eine besonders niederträchtige Geschichte schilderte im Januar der «Anzeiger von Saanen». Welsh – er nannte sich neu Louis – lernte 2017 in Gstaad ein vermögendes englisches Paar kennen. Die beiden hatten gerade ihren 15-jährigen Sohn verloren, er war an Krebs gestorben. Welsh gab sich einfühlsam, erwähnte seine Tochter, der mit dem Sohn die Schule besucht habe.
Er selber habe kürzlich seine geliebte Frau verloren. Darum plane er jetzt, in der Schweiz ein Heim für todkranke Kinder zu gründen und die Bergbahn La Braye in Chateau d’Oex zu kaufen. Zum Andenken an seine Frau. Das Paar war gerührt, liess sich umgarnen – und bezahlte ihm rund 60'000 Franken als kurzfristiges Darlehen. Erst danach wurden sie von anderen Gstaadern über Welshs Machenschaften aufgeklärt.
2018 klickten die Handschellen. Welsh, heute 48, wurde im Zug nach Gstaad verhaftet. 30 Monate Gefängnis plus zehn Jahre Landesverweis wegen gewerbsmässigen Betrugs lautete im Dezember 2019 das Urteil. Als Zeuge war auch Franz Zölch befragt worden. Welsh schulde ihm 250'000 Franken, machte er geltend. Für Honorare und ein Darlehen über 50'000 Franken, das er 2016 gewährt habe. Welsh behauptete dagegen, Zölch stehe bei ihm mit 300'000 Franken in der Kreide.
Hätte Franz A. Zölch tatsächlich 50'000 Franken gehabt, hätte er das Geld wohl dem Betreibungsamt überweisen müssen, damit die Gläubiger etwas davon haben. Gemäss der Anklageschrift hat er gleich mehrfach gegen eine verhängte Lohnpfändung verstossen. Eingeklagt sind rund 160'000 Franken.
Zölch hatte in der Vergangenheit stets seinen guten Willen beteuert, die Schulden zu begleichen , von Betrug könne keine Rede sein. Vergangene Woche wollte er sich nicht weiter äussern. Aus gesundheitlichen Gründen sei er dazu nicht in der Lage. Aus diesem Grund wurde auch der Prozess verschoben. Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt Zölch als unschuldig.
Für die Interessengemeinschaft der Zölch-Geschädigten ist der anstehende Prozess eine Genugtuung. «Wir machen uns keine Illusionen, dass er die Schulden zurückbezahlen kann. Der Prozess soll aber zeigen, wie Zölch über Jahre seinen millionenschweren Schuldenberg vor sich herschob und mit Lügengeschichten Opfer produzierte», sagt ein Sprecher. Die Behörden hätten zu lange nichts unternommen, den Prominenten nur mit Samthandschuhen angefasst.
Geschädigte von Franz A. Zölch haben Mitte Februar einen ganzen Strauss von Vorwürfen gegen Behörden im Berner Kantonsparlament deponiert. Sie wollen damit etwas gegen die «Vorzugsbehandlung einzelner Bürger» bewirken.
- Zölch wohnte gemäss Einwohnerregister über Jahre «in einem Postfach» oder wurde als tot gemeldet und war für Behörden nicht erreichbar. Die Opfer selber fanden seinen wahren Aufenthaltsort in einem Thuner Verlagshaus. Ein Gebäude, in dem Wohnen nicht erlaubt ist.
- 2016 verurteilte die Staatsanwaltschaft Franz A. Zölch zu einer Busse wegen Veruntreuung von Pensionskassengeldern. Zölch zahlte nicht und hätte dafür eine Gefängnisstrafe absitzen müssen. Gemäss den Opfern ist das bis heute nicht geschehen.
- Gläubiger wollten wissen, ob Zölch aus einer Erbschaft seines verstorbenen Vaters Geld erhalten und dem Betreibungsamt abgeliefert hat. Eine Antwort hätten sie nie erhalten, auf eine Aufsichtsbeschwerde gegen das Betreibungsamt ist das Obergericht nicht eingetreten.
- Im Mai 2013 reichte das Betreibungsamt drei Strafanzeigen ein, weil Zölch trotz Lohnpfändung den abzuliefernden Anteil für sich behielt, insgesamt über 250'000 Franken. Es dauerte sieben Monate, bis Zölch von der Polizei befragt wurde. Nach über drei Jahren verfügte der zuständige Staatsanwalt eine «Nichtannahme des Verfahrens». Der gerügte Straftatbestand, «Ungehorsam gegen amtliche Verfügung», war inzwischen verjährt.
In der fünften Folge unseres Podcasts «Gauner & Ganoven» erzählen die Redaktoren Andrea Haefely und Peter Johannes Meier, wie er Freunde und Bekannte um viel Geld brachte und was der Gitarrist von Genesis mit der Geschichte zu tun hat.
1 Kommentar
Guten Tag . Zum " Fall" Zölch kann ich nur sagen : Schande für die Rechtssprechung in unserem Land ! Viele Menschen sitzen wegen kleineren Delikten in Haft . Die Psychologen - Aerzte - Anwälte verhindern mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dass Herr Zölch endlich belangt wird , und bals wird einiges sowieso verjährt sein ! An den Rechtsstaat Schweiz glaube ich nicht mehr , zu viele Fälle sind in den letzten Jahren passiert ! Fritz Frey