«Im März 2018 beginnen wir mit der Unterschriftensammlung», sagte Pirmin Schwander, der profilierteste Kesb-Kritiker des Landes, vor kurzem im Blick. «Wir haben auf dem parlamentarischen Weg alles versucht, um die Anliegen durchzubringen. Doch unsere Anträge wurden alle abgeschmettert. Jetzt bleibt uns nur noch der Weg über eine Volksinitiative.»

Die Initiative unter dem Titel «Eigenständiges Handeln in Familien und Unternehmen (Kindes- und Erwachsenenschutz-Initiative)» will die Kompetenzen der Kesb massiv einschränken. «Wir rücken die Familie wieder in den Vordergrund», sagt Schwander. «Wenn jemand urteils- oder handlungsunfähig wird, dann sollen sich in erster Linie Familienangehörige um die betroffene Person kümmern». Ganz abschaffen will der Nationalrat aus dem Kanton Schwyz die Kesb allerdings nicht. «Die Kesb wird auf ihre Kernaufgabe zurückgeführt und ist eigentlich nur noch für Missbrauchsfälle sowie Alleinstehende ohne Familienangehörige zuständig.»

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Er zweifelt keine Sekunde daran, dass die nötigen 100'000 Unterschriften innerhalb eines Jahres zusammenkommen: «Angesichts zahlreicher willkürlicher Kesb-Entscheide brennt das Thema den Leuten unter den Nägeln». Im Initiativkomitee sitzen neben Schwander und weiteren SVP-Politikern auch die Schriftstellerin Zoë Jenny und die Frauenrechtlerin Julia Onken.

«Familie ist kein Garant für Selbstbestimmung»

Dass die Kesb die Schweiz beschäftigt, ist auch die Erfahrung im Beobachter-Beratungszentrum. «Natürlich gibt es im neuen Erwachsenenschutzrecht, in dem auch die Kompetenzen der Kesb geregelt sind, da und dort Korrekturbedarf», sagt Walter Noser, der sich beim Beobachter täglich mit Kesb-Fällen beschäftigt und ein Buch über das neue Erwachsenenschutzrecht geschrieben hat. «Trotzdem handelt es sich um ein modernes und zeitgemässes Gesetz. Denn im Vergleich zum Vormundschaftsrecht, das Ende 2012 abgeschafft wurde, wird nun die Selbstbestimmung und Menschenwürde des Schutzbedürftigen ins Zentrum gesetzt. Die Familie ist kein Garant dafür.»

Schwanders Ansinnen dagegen ziele genau ins Gegenteil, so Noser: «Er geht von einem puritanischen Familienbild aus. Doch die Realität sieht anders aus. In allzu vielen Familien kommt es zu Gewalt, Verwahrlosung, Intrigen oder Überforderung.» Hier brauche es eine Kesb, die den Fall aus der professionellen Distanz beurteile und entsprechend handle, und keine Laien oder Beteiligte. «Als Berater beim Beobachter wünsche ich mir nicht die Zeiten zurück, als die Leser verzweifelt anriefen, weil ihnen nach Gutdünken die Freiheit entzogen wurde oder weil sie von Laien entmündigt wurden. Zum Glück sind diese Zeiten vorbei.»
 

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Im Erwachsenenschutzrecht tauchen immer wieder juristische Begriffe auf. Beobachter-Mitglieder erfahren nicht nur, was diese bedeuten, sondern auch welche Aufgaben die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) erfüllt und wie man sich mittels eines Musterbriefs gegen einen Entscheid wehren kann.