Bundesgericht bremst «böswilligen» Ex-Mann
In einem Scheidungskrieg hat ein Mann seine Stelle gekündigt, damit er weniger Unterhalt zahlen muss. Seine Argumentation hielt vor Bundesgericht nicht stand.
aktualisiert am 9. Juni 2017 - 10:12 Uhr
Ein Mann und Vater von zwei Kindern wurde im Rahmen des Scheidungsverfahrens zur Zahlung von Unterhaltsbeiträgen an seine Frau verpflichtet. Diese beliefen sich ab September 2013 auf 3000 Franken pro Monat, dazu kamen 1950 Franken an Unterhaltsbeiträgen pro Kind und pro Monat – total also 6900 Franken.
Etwa zwei Jahre später ersuchte er um Reduktion seiner Unterhaltszahlungen an die Ex-Frau, da er seine gut bezahlte Stelle als Finanzchef gekündigt hatte. Daraufhin passten die Gerichte des Kantons Basel-Stadt die Unterhaltsbeiträge an die neue Einkommenssituation an. Die Frau akzeptierte dieses Urteil nicht und zog vor Bundesgericht. Dieses musste Antworten finden auf die Fragen: Hat der Mann seinen einträglichen Job gekündigt, damit er seiner Ex-Frau weniger zahlen muss? Oder ist ihm die Kündigung, wie der Angeklagte ausweist, tatsächlich nahegelegt worden?
«Der Unterhaltsbeitrag wird grundsätzlich anhand des tatsächlichen Einkommens bemessen», schreibt das Bundesgericht in seinem Urteil. «Soweit dieses allerdings nicht ausreicht, um den ausgewiesenen Bedarf zu decken, kann ein hypothetisches Einkommen angerechnet werden, sofern dieses zu erreichen zumutbar und möglich ist.» Das heisst: Wenn das Gericht dem Mann zutraut, einen Job zu finden, mit dem er seine Unterhaltsbeiträge decken kann, so wird das hypothetische Einkommen auch so festgelegt.
Das Arbeitsverhältnis des Mannes mit seinem früheren Arbeitgeber sei zwar schwierig gewesen. Er konnte allerdings nicht belegen, dass ihm eine Kündigung nahegelegt worden sei. Das Gericht geht somit davon aus, dass er seine Stelle freiwillig gekündigt habe: «Es ergibt sich, dass zwischen den Parteien ein veritabler Scheidungskrieg herrscht und es dem Mann darum ging, den Fluss von finanziellen Mitteln an seine Ehefrau zu stoppen. Dieses Verhalten erweist sich als böswillig und damit als rechtsmissbräuchlich und schliesst eine Abänderung des Unterhaltsbeitrages aus.»
Damit ändert das Bundesgericht seine Praxis: In einem älteren Entscheid hatte es noch entschieden, dass bei einem Ehegatten, der sein Einkommen bewusst vermindert, nur dann hypothetische Einkommen angerechnet werden dürfen, wenn er den Verdienstausfall rückgängig machen kann.
«Diese Praxisänderung ist begrüssenswert», sagt Tinka Lazarevic, Expertin für den Bereich Familie im Beobachter-Beratungszentrum. «Niemand sollte dafür belohnt werden, wenn er böswillig sein Einkommen reduziert, um seinen Unterhaltspflichten zu entgehen.» Trotzdem werde auch diese Regelung zu Frust führen: Hat der Ex-Mann nicht genügend pfändbares Einkommen oder Vermögen, kann der Unterhalt nicht eingetrieben werden. «Denn», so schliesst Lazarevic: «Eine Pfändung unter das Existenzminimum ist nicht möglich.»
Daraus folgt dann eine weitere Frage: Wenn beim Ex-Mann nichts mehr zu holen ist, wie kommt die Frau dann zu ihrem Geld?
- Bundesgerichtsentscheid vom 2. Mai 2017 (5A_297/2016)
1 Kommentar
Wieso gilt eine Arbeitsunwilligkeit von Frauen, welche am Gericht angeben, aufgrund von nicht mehr vorhandener Konzentrations- und Stressfähigkeit, arbeitsunfähig zu sein, nicht als rechtsmissbräuchlich, um den EX-Mann bis ans Ende des Lebens zur "Zwangsarbeit auf hohem Lohnniveau" zu büssen?
oder
Was geht in einem Richter vor, der einer Mutter glatte drei Jahre Zeit lässt, von 20% auf 40 % Arbeit aufzustocken, obwohl das jüngste Kind über 10 Jahre alt ist?