Unter Rachepornografie versteht man Bilder und Videos mit sexuellen Inhalten, die ohne Einverständnis weitergegeben oder veröffentlicht wurden. Oft wurden die Inhalte während einer Beziehung ausgetauscht. Später werden sie verwendet, um der anderen Person zu schaden oder sich zu rächen – etwa für eine Trennung.

Es kommt auch vor, dass die Veröffentlichung der intimen Inhalte als Erpressungsmittel genutzt wird. Um an Geld zu gelangen oder mit dem Ziel, dass das Opfer in die Beziehung zurückkehrt. Die Mehrheit der Opfer ist weiblich.

Im Rahmen der Verschärfung des Sexualstrafrechts beschloss der Ständerat, dass Rachepornografie künftig unter Strafe gestellt werden soll.

  • Wenn intime Videos und Bilder unerlaubt an die Öffentlichkeit geraten, soll dies mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden.
  • Die Weitergabe an andere Personen ohne Einverständnis der oder des Abgebildeten soll mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe sanktioniert werden.

Auch im Nationalrat dürfte die Verschärfung gute Chancen haben. Der Bundesrat wollte vorerst auf den Straftatbestand verzichten. Er sieht vor, Rachepornografie im Rahmen der Gesetzgebung zu Cybermobbing Forderung nach Gesetz gegen Cybermobbing wird lauter «Das Strafrecht des 20. Jahrhunderts reicht nicht mehr» zu regeln. 

Doch was können Betroffene konkret tun? Die folgenden Tipps wurden mit Hilfe des Rechtsanwalts Manuel Bertschi und der Gründerin des Vereins «Netzcourage» Jolanda Spiess zusammengestellt.

Jemand hat aus Rache Nacktfotos von mir verbreitet. Was ist nun wichtig?

Für Betroffene ist es ein grosser Schock, wenn sie erfahren, dass jemand intime Videos oder Bilder von ihnen veröffentlicht oder verbreitet hat. Jeder Fall ist individuell, da jede betroffene Person anders reagiert. Deshalb sind pauschale Aussagen schwierig.

Grundsätzlich gilt aber: Je schneller man handelt, desto besser. Zuerst sollten Beweise gesammelt werden. Dazu bieten sich idealerweise Screenshots an. Wenn immer möglich, sollte man das Datum darauf sehen. Nun ist es zentral, die Bilder und Videos so schnell wie möglich löschen zu lassen.

 

Macht es einen Unterschied, ob die Inhalte in den Sozialen Netzwerken, auf Pornoseiten oder per private Chats die Runde machen?

Auf Social Media werden die Inhalte oft automatisch gelöscht, oder man kann sie melden. Findet man ein Foto oder Video von sich auf einer Pornoseite, gibt es meist ein Kontaktformular, womit man das beanstandete Material sofort melden und löschen lassen kann.

Am schwierigsten ist es, wenn intime Inhalte durch Chats wie etwa Whatsapp verbreitet werden. Dort ist es fast unmöglich, die Kontrolle zu behalten.

 

Wo findet man Hilfe?

Wird man erpresst, sollte man direkt zur Polizei gehen. Ansonsten ist es ratsam, sich zuerst bei einer Beratungsstelle zu melden. Die Polizei ist für dieses Thema oft noch wenig sensibilisiert und es kann passieren, dass Beamte nicht oder nicht richtig auf Opfer eingehen können.

Eine auf digitale Gewalt spezialisierte Beratungsstelle ist Netzcourage. Weitere Möglichkeiten sind Beratungsstellen zu sexueller Gesundheit, die Opferhilfe oder für Teenager und junge Erwachsene Pro Juventute.

 

Was genau ist Netzcourage?

Die Beratungsstelle bietet eine kostenlose Betreuung für Opfer digitaler Gewalt. Meldet sich eine betroffene Person, wird als Erstes die Rechtslage geklärt. Wenn nötig, können die Mitarbeitenden nun Kontakt zur beschuldigten Person aufnehmen und diese auf die Rechtslage hinweisen. Wenn das nichts nützt, können sie für das Opfer einen Strafantrag vorbereiten.

Die Administration läuft über die Adresse von Netzcourage. Für Betroffene kann das eine psychische Erleichterung sein. Wenn nötig, können die Mitarbeitenden der Anlaufstelle betroffene Personen zur Polizei begleiten. Netzcourage kann Betroffenen auf Wunsch psychologische Hilfe oder Hilfe durch einen Anwalt weitervermitteln.

 

Was gilt gesetzlich?

Rachepornografie an sich ist bis anhin keine Straftat. Deshalb ist es schwer bis unmöglich, die Täterin oder den Täter anzuzeigen.

Was aber wichtig zu wissen ist: Es ist möglich, sich zivilrechtlich zu wehren. Rachepornografie ist nämlich eine widerrechtliche Persönlichkeits- und Datenschutzverletzung.

Wenn man weiss, wer die Bilder veröffentlicht hat, kann man mit Hilfe eines Anwalts versuchen, eine superprovisorische Verfügung zu erwirken. Das würde bedeuten, dass der Täter die Videos und Bilder auf Webseiten oder Social Media sofort löschen und nicht mehr weiterverbreiten dürfte.

Schwierig ist es bei privaten Chats, da dort nicht mehr nachvollziehbar ist, wer die Inhalte bereits erhalten hat.

Solche Verfügungen sind grundsätzlich gegen alle Personen möglich, welche die Inhalte teilen und somit an der Persönlichkeitsverletzung mitwirken.

 

Was sollte man vermeiden?

Opfer schämen sich oft und trauen sich deshalb nicht, sich zu wehren. Doch so schwierig es auch ist: Man sollte sich davon nicht abhalten lassen, Hilfe zu holen und sich bei einer Fachstelle zu melden.

Es ist ausserdem wichtig, den Täter nicht direkt damit zu konfrontieren, auch wenn man wütend und verletzt ist. Besser ist es, wenn das durch eine Organisation erfolgt.

Wie kann man sich vor Rachepornografie schützen?

Intime Bilder oder Videos von sich zu verschicken, machen heutzutage in Paarbeziehungen viele. Sie sind nichts, wofür man sich schämen muss.

Um sich selber schützen zu können, ist es jedoch ratsam, Bilder oder Videos zu versenden, die nur für eine begrenzte Zeit abrufbar sind. Beispielsweise kann man bei Whatsapp vor dem Versenden der Bilder oder Videos zwischen einmaliger und dauerhafter Ansicht auswählen. Auch bei Instagram kann man einstellen, ob die Inhalte einmal, mehrere Male oder dauerhaft angesehen werden können.

 

Wie verhält man sich, wenn man ein intimes Foto oder Video weitergeschickt bekommt?

Wenn Sie den Täter kennen, sollten Sie ihn möglichst schnell auffordern, den Inhalt nicht mehr weiterzuverbreiten. Auch das Opfer sollten Sie sofort informieren. Sie selbst sollten die zugeschickten Inhalte löschen.

 

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