Begleitet von einem riesigen Medienecho kam letzten Herbst «Nasalflu» auf den Markt: Die Grippeimpfung per Nasenspray erreichte in der Schweiz im Nu einen Marktanteil von zehn Prozent obwohl sie rund dreimal teurer ist als der herkömmliche Impfstoff aus der Spritze.

Zahlreiche Arbeitgeber halfen kräftig mit, diesen Boom anzuheizen. Mehrere Grossfirmen gaben ihren Angestellten die Sprayimpfung gratis ab. Bei ABB Schweiz, die seit 1998 Impfungen offeriert, liessen sich letztes Jahr 15 Prozent der Belegschaft mit Spritze oder Nasenspray gegen Grippe impfen. Bei Siemens Schweiz waren es sogar 20 Prozent.

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50 Fälle von Gesichtslähmungen

Doch seit einiger Zeit macht der Nasenspray negative Schlagzeilen. Im Februar dieses Jahres bemerkte man bei der Herstellerin von «Nasalflu», der Berna Biotech in Bern, dass sich die Meldungen über vorübergehende einseitige Gesichtslähmungen häuften. Seither laufen intensive Untersuchungen über diese mögliche Nebenwirkung der Nasenimpfung.

Laut Herstellerin Berna liegt die beobachtete Zahl von 50 Fällen auf 100000 Personen «im Rahmen der Nebenwirkungen, die natürlicherweise auftreten». Gleichwohl hat die Firma das Impfinstitut der Universität Zürich mit zusätzlichen Abklärungen beauftragt.

Dessen Ergebnisse lassen nun aber auf sich warten. Zudem will das Bundesamt für Gesundheit (BAG) den Impfstoff erst nach Vorliegen dieser Zusatzstudie registrieren. Mögliche Konsequenz: Den Impfwilligen steht zwischen Mitte Oktober und Mitte November, wenn die Grippeimpfung vorgenommen werden sollte, vielleicht kein Nasenspray zur Verfügung.

Letztes Jahr liessen sich gesamthaft rund eine Million Menschen gegen Grippe impfen. Dennoch führen Grippeerkrankungen jährlich zu rund 420 Todesfällen. Neun von zehn dieser Fälle betreffen Personen über sechzig Jahre; bei ihnen möchte das BAG die Impfbereitschaft mit einer neuen Informationskampagne erhöhen.

Und die breite Bevölkerung? Johannes Schmidt, Allgemeinarzt in Einsiedeln, bemängelt die «einseitig seuchenpolizeilich ausgerichtete Sichtweise des BAG»; womöglich sei die Volksweisheit «Was mich nicht umbringt, macht mich stark!» auch punkto Grippe berechtigt. Auch Peter Marbet vom Krankenkassenverband Santésuisse findet eine präventive bevölkerungsweite Grippeimpfung «weder zweckmässig noch wirtschaftlich».

Rechnet man mit jährlich 500000 Grippefällen und das ist eine realistische Zahl , so trifft es pro Saison jede zwölfte erwachsene Person in der Schweiz. Das hiesse, dass wir schlimmstenfalls alle zehn Jahre eine (echte) Grippe bekommen.

Berücksichtigt man ausserdem, dass die Impfung gesunde Erwachsene nur zu etwa 80 Prozent schützt, so müsste man ein Dutzend Impfungen über sich ergehen lassen, um eine einzige Grippe zu verhindern.