«Ich verstehe nicht, wieso die Kinderärzte ausrasten»
Kinderärzte sind schockiert über den impfkritischen Ratgeber der Stiftung für Konsumentenschutz. Geschäftsführerin Jacqueline Bachmann kann die Aufregung nicht nachvollziehen.
Veröffentlicht am 7. Juni 2005 - 11:52 Uhr
Beobachter: Kinderärzte bezeichnen den Impfratgeber der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) als «Mix von Wahrheiten und Halbwahrheiten bis zur blanken Lüge».
Jacqueline Bachmann: Der Ratgeber wurde von erfahrenen Ärzten verfasst, wir haben volles Vertrauen zu ihnen.
Beobachter: Der Autor ist ein Gesundheitsökonom, kein Arzt.
Bachmann: Für den Inhalt sind zwei Ärzte verantwortlich.
Beobachter: Warum regen sich aber Dutzende von Kinderärzten so auf und fordern den Rückzug Ihrer Impfbroschüre?
Bachmann: Ich verstehe nicht, wieso die Kinderärzte so ausrasten. Der Ratgeber ist seit fünf Jahren auf dem Markt. Die plötzliche, heftige Kritik überrascht auch mich. Vermutlich fühlt sich ein Teil der Ärzte bezüglich ihrer Kompetenz und Autorität angegriffen, wenn Eltern Fragen zu ihren Impfempfehlungen stellen.
Beobachter: Aber ist es nicht übers Ziel hinausgeschossen, wenn man nur einseitig die Risiken des Impfens zeigt?
Bachmann: In den letzten Jahrzehnten wurden einseitig die Vorteile des Impfens propagiert. Der Ratgeber will beide Seiten aufzeigen. Und er will die Eltern befähigen, beim Impfentscheid mitzureden.
Beobachter: Sie wollen wirtschaftsunabhängige Informationen liefern. Sind denn diese Kinderärzte alle von der Wirtschaft gekauft?
Bachmann: Um Gottes willen, nein, überhaupt nicht. Ein Problem ist aber, dass es kaum noch unabhängige Studien und Wissenschaftler gibt.
Beobachter: Werden Sie die Broschüre zurückziehen, wie dies die Kinderärzte fordern?
Bachmann: Nein.
Beobachter: Haben Sie eine Strategie, um die verunsicherten Eltern zu beruhigen?
Bachmann: Wir wollen und können den Eltern keine Patentlösung anbieten. Im Ratgeber steht ausdrücklich, dass dieser das Gespräch mit der Ärztin, dem Arzt nicht ersetzt. Impfen ist in der Schweiz freiwillig. Wer aber nicht gemäss der offiziellen Empfehlung impft, gehört einer Minderheit an und sieht sich entsprechendem Druck ausgesetzt.