Lampen können Ihre Gesundheit gefährden
Energiesparlampen werden als saubere und sparsame Alternative zu Glühbirnen gepriesen. Was dabei aber verschwiegen wird: Sie erzeugen Elektrosmog.
Veröffentlicht am 2. Februar 2004 - 11:17 Uhr
Ausgerechnet während einer Tagung zum Thema «Risiken der Hochtechnologie» geschah es: Etliche Teilnehmer und Teilnehmerinnen klagten über Kopfschmerzen, Zittern und kalte Hände – ein Gefühl, als würde alle Kraft aus dem Körper gezogen. Auf der Suche nach der Ursache bemerkten sie, dass im Vortragsraum der Evangelischen Akademie Iserlohn (D) die Deckenbeleuchtung teilweise aus Energiesparlampen bestand. Nachdem sich die Betroffenen in den Bereich mit Halogenlampen gesetzt hatten, verschwanden die Beschwerden schlagartig.
Nach der Rückkehr vom Seminar wollte es Diplomingenieur Peter Schlegel genau wissen: Er nahm bei verschiedenen Energiesparlampen Messungen vor. Da es für Elektro- und elektronische Geräte aber keinerlei Richtlinien für die Begrenzung von Elektrosmog gibt, zog Schlegel die international wegweisenden, so genannten TCO-Empfehlungen für Computerarbeitsplätze heran. Denn: Ob PC oder Energiesparlampe, die elektromagnetischen Felder sind ähnlich. Die TCO schreiben Grenzwerte vor, die bei einem Abstand von 30 Zentimetern eingehalten werden sollten.
Grenzwerte werden weit überschritten
Vom Ergebnis seiner Messungen an den Energiesparlampen war Schlegel selbst überrascht: Die Intensität der Wechselfelder überschreitet die Grenzwerte der TCO-Empfehlungen für Bildschirmarbeitsplätze bei weitem – egal, ob die Leistung der Lampe 9 oder 14 Watt beträgt. Gemessen hat der Ingenieur zwei Wechselfelder: das 50-Hertz-Feld, das auch bei der herkömmlichen Glühbirne entsteht, und das zusätzliche elektrische Feld im Frequenzbereich bis etwa ein Megahertz. Denn im Sockel moderner Sparlampen sitzt eine Steuerelektronik, die den Strom bis zu 40000 Mal pro Sekunde zerhackt, so unter anderem dafür sorgt, dass die Lampe ohne Flackern startet – und ein hochfrequentes Feld erzeugt.
Peter Schlegels Messungen sprechen für sich: Im Fall einer Arbeitsplatzleuchte (30 Zentimeter Abstand horizontal zum Kopf) wird der Grenzwert für Bildschirmarbeitsplätze im Frequenzbereich 2 bis 400 Kilohertz um das 16- bis 27fache überschritten, bei einer Hängelampe (50 Zentimeter Abstand schräg zum Kopf) um das 7- bis 11fache. Und sitzt man direkt unter einer Decken-Einbaulampe, wird am Kopf dieser Grenzwert erst ab einer Raumhöhe von 2,7 bis 3,2 Meter unterschritten. Auch beim elektrischen 50-Hertz-Feld liegen die Messungen deutlich über dem Grenzwert.
Für andere Baubiologen sind die Messergebnisse des Diplomingenieurs aus Esslingen ZH keine Überraschung; ihnen ist das Problem des Elektrosmogs durch Energiesparlampen längst bekannt. Der deutsche Umweltanalytiker Wolfgang Maes hatte bereits vor zwölf Jahren Werte «wie unter einer Hochspannungsleitung» gemessen. Seither hat es zwar Verbesserungen gegeben, aber seine jüngsten Erhebungen bestätigen Schlegels Ergebnisse. Er frage sich, warum die Industrie Computer so ausstatten könne, dass sie die Umwelt wenig belasten, «aber bei einer einfachen Lampe gelingt dies nicht».
Den Grund kennt er allerdings ebenso gut wie die Hersteller der Lampen. «Ein Mehraufwand erhöht den Preis und könnte den Einsatz dieser Lampen und damit das Energiesparen negativ beeinflussen», sagt Job Daams von der Philips-Lichtabteilung. Und er räumt ein, dass sich die Elektrosmogwerte «wahrscheinlich weiter reduzieren liessen, doch das ist eine Frage der Entwicklungskosten, des Verkaufspreises und der Konkurrenzfähigkeit». Immerhin will Philips über einen Verpackungsaufdruck diskutieren, der bei längerem Gebrauch einen Mindestabstand von 50 Zentimetern empfiehlt.
In der Schweiz ist das Bundesamt für Gesundheit (BAG) für Elektrosmog bei Geräten zuständig. Auch hier weiss man vom Problem mit den Energiesparlampen. «Wir haben derzeit noch viele andere Messungen zu machen. Jene mit Sparlampen steht jedoch auf der Traktandenliste», versichert BAG-Sachbearbeiter Martin Meier.
Am Arbeitsplatz wirds gefährlich
Derweil wirbt die Branche weiter mit dem Argument des Stromsparens. So empfiehlt etwa die deutsche Energiestiftung Schleswig-Holstein: «Setzen Sie Energiesparlampen besonders dort ein, wo Sie für längere Zeit Licht benötigen, wo Sie indirekt beleuchten, wo Sie ab und zu vergessen, das Licht auszuschalten, wo Sie einen kühlen Kopf bewahren müssen, zum Beispiel am Schreibtisch.»
Genau davor warnen aber Experten: Man solle Energiesparlampen keinesfalls in Arbeitsplatzleuchten, Hänge- oder Ständerlampen einsetzen, rät der Architekt und Geobiologe Anton Styger aus Unterägeri. Er beschäftigt sich seit langem mit Elektrosmog und berichtet von Goldschmieden, Optikern und Architekten, die den ganzen Tag mit künstlichem Licht nahe beim Kopf arbeiten: «Ich habe schon alles erlebt – von Schwindel, Aussetzern und Arbeitsunfähigkeit bis hin zum Hirntumor.»