Ich denke ständig an den Job
Frage: Meist schlafe ich schlecht ein und wache nachts oft auf. Meine Gedanken beschäftigen sich dann immer mit der Arbeit, und ich kann nicht abschalten. Wie bringe ich das weg?
aktualisiert am 21. Dezember 2017 - 16:00 Uhr
Falls das nur vorübergehend so ist, weil die Belastung bei der Arbeit kurzfristig angewachsen ist, hilft ein einfaches Rezept: Schreiben Sie abends alles auf, was Ihnen zur Arbeit in den Sinn kommt, und legen Sie den Zettel neben das Bett, um ihn dann am Morgen mitzunehmen. Das wirkt beruhigend, weil Sie so die Sorgen symbolisch aus sich herausbefördern können.
Leider ist es aber sehr gut möglich, dass die Störung tiefer geht und dass Sie unter einer Folge von bereits chronischem Stress leiden. Dann helfen nur zwei Dinge: Es muss Ihnen gelingen, die Situation am Arbeitsplatz so zu verändern, dass die Belastung kleiner wird. Und Sie müssen lernen, anders mit Stress umzugehen.
Stress ist heute eine Volkskrankheit in den westlichen Ländern. In der letzten Stressstudie des Staatssekretariats für Wirtschaft gab rund ein Drittel der Befragten an, unter arbeitsbedingten Stress zu leiden, der als ungesund empfunden wird. Die Kosten werden auf mehrere Milliarden Franken pro Jahr geschätzt. Die Folge sind steigende Krankenkassenprämien.
Das Wort «Stress» kommt vom lateinischen «stringere» (in Spannung versetzen). Nicht jeder Stress ist negativ, ein «spannendes» Leben ist durchaus wünschenswert. Ein Leben ohne Herausforderung wäre langweilig oder sogar belastend.
Ungesunder Stress entsteht aber, wenn zu viel Spannung da ist, wenn die wahrgenommenen Anforderungen die eigenen Ressourcen, die eigenen Fähigkeiten und Kräfte übersteigen. Kurzfristig kann man einen solchen Druck durchaus aushalten. Der Körper schaltet dann auf Alarm, um die Situation zu bewältigen. Dauert die Überlastung allerdings an, kommt es zu seelischen und gesundheitlichen Störungen. Schlafprobleme, Rückenschmerzen, Bluthochdruck und letztlich Erschöpfungsdepression und Arbeitsunfähigkeit können die Folge sein.
Stress entsteht aber nicht nur, weil die tatsächliche Arbeitsbelastung zu gross ist – sondern auch, weil einen die Situation stärker stresst, als es sein müsste. Das hat viel mit der eigenen Geschichte und der seelischen Struktur zu tun. Corina Merz, Stressforscherin an der Uni Zürich, spricht von inneren Konstrukten, die bei stressanfälligen Leuten aktiviert werden. Das sind unbewusste unrealistische Erwartungen, die bereits kleine Belastungen zu Stressauslösern machen. So sind Menschen stressgefährdet, die erwarten, dass alle anderen sie mögen müssen, und die immer besser als andere sein wollen. Oder die glauben, alles im Griff haben zu müssen, keine Fehler machen zu dürfen.
Weil Stress eine wichtige psychische Komponente hat, lässt sich ein besserer Umgang damit lernen. Das Psychologische Institut der Uni Zürich etwa bietet «stressfit» an, ein Programm für jedermann (siehe unten). Stressresistenz besteht also aus mehreren Elementen: Die Basis muss ein gutes Selbstwertgefühl bilden. Zudem brauchen wir Wertschätzung und Anerkennung. Wenn wir kleine Freuden bewusst geniessen können, stärkt uns das ebenfalls. Schliesslich gibt es eigentliche Techniken zur Stressreduktion wie Entspannungsübungen. Nicht zuletzt erleben wir weniger Stress, wenn wir den Sinn und den Wert unserer Arbeit erkennen können.
- Wählen Sie eine Arbeit, deren Anforderungen Ihre Ressourcen nicht übersteigen.
- Machen Sie sich den Sinn und den Wert Ihrer Arbeit bewusst.
- Freuen Sie sich über jedes Kompliment und jede Wertschätzung, die Sie erfahren.
- Denken Sie daran: Sie sind nicht nur dann ein wertvoller Mensch, wenn Sie perfekt sind oder Übermenschliches leisten.
- Verfeinern Sie Ihre Genussfähigkeit. Geniessen beruhigt.
«stressfit» bietet Gruppen-Workshops sowie massgeschneiderte Teamworkshops zur Verbesserung des Umgangs mit Stress an, die von speziell ausgebildeten Fachpersonen durchgeführt werden: