Die 6 schönsten Natursaunas der Schweiz
In der Schweiz gibt es Saunas mit finnischer Seele: schlicht und mitten in der Natur. Die Weiere-Sauna oberhalb von St. Gallen ist eine davon.
Die Sauna ist eine Kirche, sagen die Finnen. Wenn die Luft flirrt, Dampf aufsteigt und der Schweiss rinnt, werde der Mensch rein und ehrlich. Und fast heilig schwitzt man sich neuerdings in der Weiere-Sauna, über den Dächern von St. Gallen.
Hunderte von Stufen muss man aus der Stadt hochsteigen. Dann stehen Linden und Eschen, alt und hoch, um fünf Weiher, tiefgrün und ruhig. Dahinter streckt sich der Wald den Hang hinauf. Hier stiess einmal ein Gletscher vor und zurück. Die alte Kraft ist dem Ort geblieben. Drei Weieren nennen ihn die St. Gallerinnen und St. Galler.
Die Sauna ist so alt wie das Leben selbst, sagen die Finnen. Mythen und Geschichten ranken sich um sie. Babys werden in der Sauna geboren, Verstorbene gewaschen und Verliebte vor ihrer Hochzeit gesegnet. Heilerinnen aus alten Zeiten schworen auf sieben Birkenzweige, getunkt in Wasser aus drei Quellen. Wer damit schwitze, lebe für immer glücklich.
Ein magischer Ort
Die Weiher ob St. Gallen liegen jetzt im Winter ruhig da, die schmucken Badhäuschen sind verlassen. Am Frauenweiher ganz im Osten stösst Barbara Ochsner, Genossenschafts-Präsidentin der Weiere-Sauna, die Tür des alten, zweiflügeligen Badhauses auf. «Die Weieren sind ein magischer Ort. Im Sommer bin ich jeden Tag hier oben. Und im Winter vermisse ich ihn.»
Schon länger träumte Ochsner mit Freundinnen von einer winterlichen Nutzung ihrer Lieblingsbadi. Sie ist pensionierte Lehrerin – und Herzensprojekte träumt sie nicht nur, sie packt sie an. Vor fünf Jahren fragten die Freundinnen also bei der Stadt St. Gallen nach Möglichkeiten und erfuhren, dass noch andere Weieren-Herzblütler eine Wintersauna bauen möchten. Zusammen gaben sie ihre Idee als Projekt bei einem Standortförderungswettbewerb ein. Vor zwei Wochen wurde zum ersten Mal aufgeheizt.
In der Sauna darf man nicht fluchen, sagen die Finnen. Das erzürnt den Saunatonttu, den Hausgeist. Er wohnt in jeder Sauna, bewacht sie und verwaltet sie. Und wer die Sauna am Ende einer Woche als Letzter verlässt, soll dem Tonttu etwas Wärme lassen, damit er sich ungestört erholen kann. «Wir haben oft geflucht», erzählt Barbara Ochsner.
Eine Sauna vom und fürs Volk
Die Frauenbadi auf den Drei Weieren gilt als eine der schönsten Badanstalten der Schweiz. «Vor unserer Sauna war die Badi ein reiner Bretterverschlag. Wunderschön zwar, aber ohne Strom, ohne warmes Wasser, ohne Adresse. Und wir Initiantinnen waren ziemlich ahnungslos.» Mit Hilfe eines lokalen Architekturbüros bauten sie das 124-jährige, geschützte Haus in eine Sauna um.
Den St. Gallerinnen ist die Frauenbadi heilig. Vor fast 40 Jahren haben sie sie vor dem Abbruch retten können. Auch die Sauna wäre ohne ihre Initiative nicht zustande gekommen. Mit einem Crowdfunding hat die private Genossenschaft rund um Ochsner letzten Winter die Finanzierung gesichert. Eine Sauna vom und fürs Volk.
In der Sauna sind alle Menschen gleich, sagen die Finnen. Im Parlamentsgebäude in Helsinki werde Politik deshalb am liebsten in der Sauna gemacht. Schon Altkanzler Helmut Kohl und der ehemalige russische Staatspräsident Michail Gorbatschow sollen mit nackten Hintern auf den finnischen Brettern gesessen und über die Zukunft ihrer Länder sinniert haben.
Ochsner blickt auf den Steg, der das Wasser in zwei Becken teilt. Dahinter der Wald. «Die Sauna hat der Schönheit der Badi nichts anhaben können. Das war uns wichtig.» Es gibt zwei Saunaräume mit unterschiedlichen Temperaturen.
Abkühlen kann man sich im Weiher oder im Schnee auf dem Holzsteg. Dann setzt man sich mit einem Schnaps, Suppe oder Tee vom Saunabistro auf die Holzbänke, steckt die Füsse in einen Bottich mit warmem Wasser, blickt über den Weiher und redet über Gott und die Welt.
Die Sauna verlängert das Leben, sagen die Finnen. Studien belegen: Regelmässiges Saunieren soll das Risiko für Herzerkrankungen reduzieren. Bei Temperaturen von 80 bis 100 Grad Celsius fiebert der Körper. Er pumpt Blut, öffnet die Poren und schwitzt: fast 17 Milliliter pro Saunaminute. Vermehrt bilden sich weisse Blutkörperchen, Makrophagen und Lymphozyten. Wichtige Zellen für die körpereigene Abwehr.
Sauna für alle
Nicht nur die St. Gallerinnen sollen die Vorzüge der Weiere-Sauna geniessen können. Sobald die Sauna aufgeheizt ist, von Oktober bis Ende April, haben auch die Männer Zutritt zum ihnen bisher verschlossenen Frauenbad. Die Eintrittspreise sind fair, die Öffnungszeiten weit. «Die Drei Weieren waren schon immer ein Ort, wo man sich erholen kann, abschalten kann, Leute treffen und Ideen entwickeln kann», sagt Barbara Ochsner. «Unsere Sauna setzt diese Tradition nun auch im Winter fort.»
Jos ei viina, terva ja sauna auta, niin sitten kaivetaan hauta, sagen die Finnen. Wenn Sauna, Kiefernteer und Schnaps nicht helfen, dann hilft gar nichts mehr.
- Weitere Informationen zur Weiere-Sauna: weieresauna.ch
Aufgrund der Massnahmen vom 18. Dezember bleiben Saunas voraussichtlich mindestens bis am 22. Januar 2021 geschlossen.