Nicht entwertet, wiederverwertet
In seltenen Fällen flattern Briefe ohne Poststempel ins Haus. Darf man diese wiederverwenden?
Veröffentlicht am 9. Mai 2019 - 08:42 Uhr
Wann haben Sie zuletzt einen Brief bekommen? Oder gar einen verschickt? Eben. Zwischen Werbesendungen und Rechnungen versteckt sich im Briefkasten nur selten einer. Die sind jetzt im Internet.
Das tut der emsigen Tätigkeit der Post keinen Abbruch: letztes Jahr beförderte sie knapp 1,9 Milliarden adressierte Briefe. Doch der Niedergang der persönlichen Briefpost zeigt sich beim Frankieren: Nur auf rund zwölf Prozent der Couverts klebte eine Briefmarke. Die restlichen waren Geschäftssendungen.
Und trotzdem ist die Briefpost noch nicht gestorben. Zumindest Briefmarken beschäftigen immer noch viele. Regelmässig erscheinen neu gestaltete Varianten – aktuell gibt’s alles von farbenfrohen Vögeln übers Winzerfest 2019, Zwingli und Naturkunst bis zum Mondlandungsjubiläum. Die kleinen Rechtecke beschäftigen die Menschen sogar so sehr, dass die Beobachter-Redaktion kürzlich eine Anfrage erhielt, ob es denn legal sei, Briefmarken wiederzuverwenden, die von der Post nicht abgestempelt wurden.
Der Seltenheitswert der Frage zeigte sich, als sich die Expertinnen und Experten im Beobachter-Beratungszentrum nicht auf Anhieb einig waren. Der Mediensprecher der Post klärte schliesslich auf: «Mit dem Stempeln bestätigt die Post den Transport. Wenn eine Briefmarke nicht per Stempel entwertet worden ist, liegt der Fehler bei der Post.» Grundsätzlich kann man die Marke also ausschneiden oder ablösen und nochmals verwenden.
Die feine Art ist das aber nicht. Denn damit wird der Transport von zwei Briefen nur einmal bezahlt. Ob man also eine unverhofft ungestempelte Marke recyclen und ein paar Rappen sparen will, muss jede und jeder mit dem eigenen moralischen Kompass beantworten. Wenn man denn überhaupt den Aufwand betreiben will, die Marke abzulösen und unversehrt auf ein anderes Couvert zu kleben.
1 Kommentar
Ach, die feine Art ist das nicht? Mag sein, aber dann ist es das auch nicht, wenn die Post die Portokosten ständig erhöht. Als Ausrede bekommt man seit Jahren immer zu hören, dass Internet und E-Mail dafür verantwortlich wären, dass weniger Briefe versendet würden und dass die Post dadurch viele Einnahmen verlöre. Das ist halt nur die halbe Wahrheit, denn dank Internet und E-Mail gedeiht Internet-Shopping jedes Jahr mehr. Dadurch, werden viel mehr Pakete versendet und das billigste Paket (B-Post 7.-) kostet halt gut 8,2-mal mehr als der billigste Brief (B-Post 0,85). Damit verzeichnet die Post ein fettes Plus, welches sie aber gern unterschlägt.