«Was denken Sie, wie viel Umsatz uns gerade entgeht?» Als Marianne Lehmann diese Zeile an die Firma Worldline tippt, ist sie verzweifelt. Seit zehn Tagen hat die Ladeninhaberin kein funktionierendes Kartenlesegerät.

Im aargauischen Birrwil verkauft sie mit ihrer Tochter Western-Accessoires und Country-Bekleidung. «Der nächste Bancomat ist weit weg, da kann man von den Leuten nicht verlangen, dass sie Geld abheben gehen und wieder zu uns zurückkommen», sagt sie. «Wir sind total abhängig davon, dass man mit Karte einkaufen kann.»

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Enttäuschender Service

Der Ärger wäre unnötig. Lehmann zahlte extra dafür, dass ihr das Gerät innert 48 Stunden ersetzt wird, falls es nicht funktionieren sollte. Doch der Service der Firma Worldline – einer Anbieterin von Zahlungsdienstleistungen – ist für die Ladenbesitzerin eine einzige Enttäuschung. Statt dass ihr Gerät ausgetauscht wird, kündigt man ihr versehentlich den Vertrag.

Drei Wochen und viele Telefonate und E-Mails später hat sie immer noch keinen Ersatz. Dafür mittlerweile die Nase voll. In der Not bestellt sie ein Gerät der Konkurrenzfirma Sumup und kündigt Ende April bei Worldline. 

Doch damit ist die Sache nicht ausgestanden. Worldline besteht auf der Bezahlung der Rechnungen bis zum Ende der dreimonatigen Kündigungsfrist.

Marianne Lehmann zahlt bis und mit April, also für den Zeitraum, in dem das Gerät noch zu gebrauchen war. Für die Zeit danach stellt sie die Zahlungen ein. Prompt bekommt sie Mahnungen.

Dabei steht in den AGB explizit, dass Käufer vom Vertrag zurücktreten können, wenn die Firma nach einer «angemessen gestellten Nachfrist anerkannte Mängel» nicht beseitigen kann «beziehungsweise diese Frist bemühungslos verstreicht». Das gilt gemäss den AGB auch, wenn die Firma keine Ersatzlieferung hinbekommt.

Richtig gehandelt

«Dank der Klausel in den AGB ist der Fall klar – die Ladenbesitzerin hat völlig richtig gehandelt», sagt Nicole Müller, Expertin im Beobachter-Beratungszentrum. Auch wenn es keine solche Abmachung gibt, muss man nicht zahlen, wenn der Anbieter die vertragliche Leistung nicht erbringt. «Aber dann raten wir, zuerst noch schriftlich eine Frist zur Erfüllung zu setzen – am besten per Einschreiben.» 

«Wir mussten zu unserem Bedauern feststellen, dass uns hier definitiv Fehler unterlaufen sind.»

Kommunikationschefin der Firma Worldline

Nachdem der Beobachter Worldline Schweiz kontaktiert hat, entschuldigt sich die Kommunikationschefin: «Wir mussten zu unserem Bedauern feststellen, dass uns hier definitiv Fehler unterlaufen sind.»

Wegen eines Missverständnisses sei das zurückgeschickte Terminal als Retoure eingestuft worden, nicht als Reparaturauftrag.

Auch zahlen muss Marianne Lehmann ab dem Ausfall des Geräts nichts mehr, die Rechnungen würden umgebucht, versichert Worldline. 

Mittlerweile ist im «Western Wear Lehmann» auch das Konkurrenzgerät ausgestiegen. «Aber am nächsten Tag stand jemand da und kümmerte sich darum», erzählt Marianne Lehmann. «Es geht also auch anders.»