Warum ist der Emmi Caffè Latte in Deutschland billiger?
Der Emmi Caffè Latte wird in der Schweiz teurer, kostet in Deutschland aber fast einen Fünftel weniger – trotz längerer Transportwege. Wie kann das sein?
Veröffentlicht am 21. Februar 2022 - 14:53 Uhr
Die Teuerung ist auf dem Teller angekommen. Eine Preiserhöhung reiht sich an die andere. Migros und Coop haben seit Januar die Preise für Chinesische Nüdeli, Schweizer Pouletfleisch, Bio-Leinsamenöl oder Bohnenkaffee erhöht. Manchmal um nur 5 Rappen, manchmal um 2 Franken.
Höhere Preise hat auch Emmi durchgesetzt. Der Milchproduktehersteller verlangt von Migros und Coop seit Anfang Jahr mehr für Joghurts, Energy-Milk oder Caffè Latte. Den Caffè Latte Cappuccino verkauft die Migros zum Beispiel 2,6 Prozent teurer. Der Aufschlag ist minim, wirft aber ein Schlaglicht auf die Exportpolitik von Emmi.
Caffè Latte wird in Ostermundigen bei Bern hergestellt. Im Ausland kostet er weniger als in der Schweiz – trotz längerer Transportwege. Der Vergleich mit Deutschland zeigt: Bei Migros und Coop zahlt man 18 Prozent mehr als beim Discounter Norma (ohne Aktion) oder 11 Prozent mehr als bei Rewe und Edeka.
Schröpft Emmi also die Schweizer Kunden durch Preiserhöhungen, um Caffè Lattes im Ausland günstiger anbieten zu können? Emmi verneint das. Die Schweizer Milch in Form von Caffè-Latte-Produkten könne zollfrei in die EU exportiert werden. Lieferengpässe sowie massiv höhere Kosten für Kaffee, Energie, Logistik oder Verpackungsmaterial hätten zu den Preiserhöhungen geführt. Die müsse man auch im Ausland durchsetzen. «Ob und wann diese Anpassungen einen Einfluss auf die Endverkaufspreise haben, obliegt dem Handel.»
Milchbauern profitieren
Verdient Emmi an einem Becher Milchkaffee in der Schweiz mehr als im Ausland? Das will man «aus Wettbewerbsgründen» nicht sagen. Migros und Coop schreiben, sie hätten leider die Preisaufschläge an die Kunden weitergeben müssen. Die Migros weist aber darauf hin, dass der Einkauf in der Schweiz in den letzten 25 Jahren um fast 30 Prozent günstiger geworden sei.
Diesen Januar verkündete Emmi ein starkes Umsatzwachstum in Europa, unter anderem «getrieben durch Markenkonzepte wie Emmi Caffè Latte». Wenn Konsumentinnen nun mehr dafür zahlen, profitieren rund 6000 Milchbauern in der Zentralschweiz. Ihnen gehört Emmi mehrheitlich. Im Schnitt erhalte ein Milchbauer rund 5600 Franken der jährlichen Emmi-Gewinnausschüttung, rechnet die Firma auf ihrer Website vor.
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2 Kommentare
Interessant wäre aber die Verteuerung von Cafè Latte durch den höheren Mehrwertsteuersatz in Deutschland gegenüber der Schweiz. Zudem wird ja die Mehrwertsteuer bei Export durch die Schweiz erstattet - oder? Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Diskounter in D diese Mehrkosten auch noch aus der Marge übernehmen. Da stimmt wohl auch in der Argumentation der Emmi etwas nicht, denn beim Export fallen ja auch keine Zölle an und das Produkt wird ja in der Schweiz hergestellt, also haben allfällige Zölle überhaupt keinen Einfluss auf den Endverkaufspreis.
Das ist ja gut, wenn die Innerschweizer Landwirte etwas davon haben. Aber das Problem liegt doch klar bei der Abschöpfung der höheren Kaufkraft in der Schweiz. Da ist ja Emmi nicht alleine, das ist gang und gäbe. Ich finde es etwas eigenartig, dass sich Konsumentenschützer (oder auch der Beobachter) nicht vermehrt gegen diese Praxis einsetzt. Das Verbot des Geoblocking beim Onlinehandel ist ein sehr bescheidener Ansatz. Die Grenzen müssten generell fallen. Der Einstandspreis eines importierten Produktes (bis zur Haustür des Händlers in der CH) muss identisch sein. Was dann teurer ist, ist das Handling in der CH (höhere Löhne, Miete, etc.). Dagegen ist nichts einzuwenden.