Frauen zahlen mehr
Dismenol Formel L, ein Medikament gegen Menstruationsschmerzen, kostet 20 Prozent mehr als der gleiche Wirkstoff in neutraler Verpackung.
Veröffentlicht am 23. September 2019 - 14:49 Uhr
Frauen mit starken Menstruationsschmerzen sind häufig auf Schmerzmittel angewiesen, um jene Tage halbwegs menschenwürdig und produktiv zu überstehen. Denn die Pilotin kann den Flug nicht absagen, die Mutter muss trotzdem ihre Kinder versorgen, die Journalistin ihre Texte schreiben.
Der Gang zur Apotheke liegt nahe. Das wohl gängigste Produkte ist Dismenol Formel L. Es enthält 200 Milligramm Ibuprofen in einer schnelllöslichen Variante, dem sogenannten Ibuprofenlysinat. Schnell tönt gut, denkt sich die krampfgeplagte Frau und legt willig die verlangten 11 Franken und 90 Rappen auf den Tresen.
An der Wirkung wollen wir auch nicht rummäkeln. Aber sehr wohl daran, dass es genau dieselbe Rezeptur in gleicher Menge für zwei Franken günstiger zu kaufen gibt, das den Frauen aber kaum jemand sagt.
Zwei Franken mehr ist immerhin ein Preisaufschlag von 20 Prozent, sagt mein Taschenrechner. Nehmen wir zwecks Hochrechnung als Musterbeispiel Elvira Rüdisühli: erste Mens mit 13, die letzte mit 48. Dazwischen zwei Schwangerschaften. Das ergibt knapp 400 schmerzhafte Menstruationszyklen, während denen sie an den ersten ein bis zwei Tagen Dismenol Formel L einnimmt. Schüchterne Annahme: ein halbes Päckchen oder 5 Tabletten pro Mens. Das sind 200 Päckchen auf ihr Leben. Und damit 400 Franken mehr Ausgaben als nötig.
Kaufempfehlungen gibt der Beobachter nicht ab. Aber Frauen, die ab sofort nicht mehr doppelt bestraft sein wollen, googeln einfach nach folgenden Begriffen: Ibuprofenlysinat 200 mg. Und verlangen in der Apotheke eines jener Produkte , die billiger sind als das angeblich auf Frauen zugeschnittene Dismenol, dessen einziger Link zur Frauenwelt die marketingmässig geschickt gewählte Farbe Lila ist.
Etikettenschwindel, falsche Preisangaben, haarsträubende Werbung oder sonst ein Reinfall: Für Ärger von Konsumentinnen und Konsumenten ist leider nur allzu häufig gesorgt. Auch Beobachter-Redaktorinnen und -Redaktoren fühlen sich öfters für dumm verkauft. Was sie dabei erleben, lesen Sie unter dieser Rubrik.