«Meine Hündin ist eine Wildsau», sagt Ruth Rüedi lachend. «Da kam mir der GPS-Tracker ganz gelegen.» Im August 2022 fuhr sie mit ihrem Labradoodle Kiri ins Tessin. Dort wollte sie ihre Hündin frei herumrennen lassen, ohne sie aus den Augen zu verlieren.

Kurz vor den Ferien stiess Ruth Rüedi auf den Webshop Swisstrack aus Zug. Er verkauft kleine GPS-Tracker. Sie lassen sich an Autos, Velos oder eben Tieren anbringen. Mit einer App könne man jederzeit den Standort des Trackers abrufen. Für 170 Franken bestellte Rüedi deshalb den Mini-GPS-Tracker inklusive SIM-Karte und Hundehalsband.

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Keine Antwort von Swisstrack

Nach ein paar Tagen landete das Paket in ihrem Briefkasten. Dann folgte die Ernüchterung. «Das Gerät ist offline», stand auf dem Tracker. Und egal, was Ruth Rüedi machte: Das Ding liess sich nicht aktivieren. Innerhalb eines Monats schrieb Rüedi dem Support von Swisstrack 18 E-Mails. Doch dieser wimmelte die Kundin ab und schrieb, dass der Fehler bei ihr liege, nicht beim Gerät.

Schliesslich schickte sie den GPS-Tracker zurück, zusammen mit einem Notizzettel, auf dem ihr Name, ihre Handynummer und Mailadresse standen. Mit im Paket: die SIM-Karte mit PIN-Code, die Ruth Rüedi für die Aktivierung des Trackers bestellt hatte. Es kam keine Antwort von Swisstrack.

Die gebrauchte SIM-Karte

Ein Jahr später erhielt Ruth Rüedi einen Anruf. Ein Herr Guido Pally wollte die SIM-Karte seines GPS-Trackers aktivieren, ob sie ihm da helfen könne. Rüedi war verwirrt. Ihr Gesprächspartner erklärte, er habe einen gelben Notizzettel in seinem Tracker-Set gefunden. «Sie arbeiten bei Swisstrack, oder?», fragte er nach. Dann ging den beiden ein Licht auf. Auch Guido Pallys Gerät liess sich nicht aktivieren, es blieb offline. Für 185 Franken hatte er einen GPS-Velotracker bestellt. Er erhielt ein Gerät, mit dem er keine Verbindung herstellen konnte – und die SIM-Karte von Ruth Rüedi.

Seit 2020 haben sich mehrere Swisstrack-Kundinnen und -Kunden beim Beratungszentrum des Beobachters gemeldet. Sie alle beklagen nicht funktionierende Geräte und unbeantwortete Rücksendungen. Die Anfragen des Beobachters an die Web Science GmbH, die hinter der Marke Swisstrack steckt, blieben unbeantwortet.

«Kundinnen und Kunden haben Anspruch auf eine Rückzahlung, wenn das Gerät nicht funktioniert», sagt Nicole Müller, Rechtsberaterin beim Beobachter. «Sie müssen den Mangel sofort mitteilen, am besten mit einem eingeschriebenen Brief.» Wer keine Antwort erhält, kann eine Betreibung einleiten. Wie die Zuger Staatsanwaltschaft auf Anfrage schreibt, seien bereits mehrere Anzeigen gegen den Inhaber der Web Science GmbH eingegangen. Das Verfahren läuft. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Hundetracker oder Spionagetool?

Auch was die Firma anbietet, ist aus rechtlicher Sicht problematisch. Im Werbevideo zum Tracker wird die Anwendung des GPS-Geräts erklärt: «Aufgrund seines Gewichts kann der Tracker unbemerkt in Taschen oder Rucksäcken verstaut werden.» Das perfekte Tool also, um eine Person zu stalken. Nicole Müller rät davon ab, diese Funktion zu nutzen: «Den Standort einer Person zu überwachen, kann unter gewissen Umständen strafbar sein, wenn sie nichts davon weiss.»

Die Funktionen des Trackers gehen aber noch weiter. «Das im GPS-Tracker verbaute Abhörmikrofon ermöglicht das problemlose Mitverfolgen von Gesprächen», verspricht die Firma. Per Anruf verbinde sich das Handy mit dem GPS-Gerät. So könne die Umgebung des Trackers jederzeit abgehört werden. 

«Auch wer diese Funktion nutzt, macht sich strafbar», warnt Nicole Müller. Einer Person aus der Ferne zuzuhören, sei illegal, wenn sie nicht eingewilligt habe. Einen Hinweis auf die strafrechtlichen Folgen der Standortüberwachung oder des Abhörmikrofons sucht man auf der Website von Swisstrack vergebens. 

Auch das Anbieten des Geräts kann illegal sein. «Wer Geräte verkauft, die insbesondere dem widerrechtlichen Abhören dienen, kann sich gemäss Art. 179sexies Strafgesetzbuch strafbar machen», sagt Nicole Müller. Auf die Nachfrage des Beobachters, ob sich die Firma dessen bewusst sei, kam keine Antwort. Auch hier gilt die Unschuldsvermutung.