Geld weg statt Fett weg
Weil sie abnehmen wollte, liess sich Elisabeth Baumann in der VIP-Clinic in Küsnacht ZH behandeln. Doch dünner wurde nur ihr Portemonnaie.
Veröffentlicht am 24. September 2010 - 17:24 Uhr
«Fett-Zerstören, ohne Operation, ohne Schmerzen! Erfolg sofort sichtbar.» So wirbt die Firma VIP-Clinic regelmässig in den auflagenstärksten Schweizer Zeitschriften. Das Fett soll durch niederfrequenten Ultraschall zerstört werden, eine «brandneue Innovation» und «echte Alternative zum Fett-Absaugen und Falten-Spritzen». Klingt wunderbar.
Diesen Eindruck hatte auch Elisabeth Baumann aus Erlenbach. «Ich wollte am Bauch etwas abnehmen. Die Vorstellung, dieses Problem ohne operativen Eingriff lösen zu können, gefiel mir», sagt Baumann. Die 64-Jährige entschloss sich zur Behandlung. Am Empfang der VIP-Clinic in Küsnacht erlebte sie die erste unangenehme Überraschung. Das Institut verlangte für die vier halbstündigen Behandlungen mit dem Wundergerät gleich den ganzen Betrag im Voraus: 2700 Franken.
Während der Fett-weg-Therapie dann die zweite Überraschung: «Die Behandlungen wurden von einer Kosmetikerin ausgeführt. Gebracht haben sie rein gar nichts», sagt Baumann. Sie reklamierte bei einem der Verantwortlichen der VIP-Clinic, Peter Wyss, der sich auch gern als «Operateur» bezeichnet. Statt auf die Beschwerde einzugehen, wollte Wyss ihr sogar noch weitere Behandlungen andrehen. Auch die Fotos, die die VIP-Clinic von ihrem Bauch gemacht hatte, bekam sie nicht zurück.
Vom Beobachter mit diesen Vorwürfen konfrontiert, erklärte sich die VIP-Clinic anfänglich bereit, eine Stellungnahme abzugeben. Doch nach Erhalt der schriftlichen Fragen herrschte Funkstille. Wer ist der Hersteller des Geräts? Welches ist seine Wirkungsweise? Gibt es einen wissenschaftlichen Nachweis der Wirkung? Die VIP-Clinic wusste keine Antwort.
«Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die Ultraschallmethode einen Einfluss auf die Reduktion von Fettgewebe hat. Der Wirkungsmechanismus ist völlig unklar», sagt Pietro Giovanoli, plastischer Chirurg und Vorstandsmitglied der Schweizerischen Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie. Zudem: «Wenn das Verfahren wirken würde, wäre es eine Heilmethode, die nur von Ärzten angewendet werden darf. Das Institut hätte dann ein juristisches Problem.»
In der VIP-Clinic hat niemand eine medizinische Ausbildung, obwohl das Institut den gegenteiligen Eindruck zu erwecken versucht, etwa mit dem Begriff «Clinic». Auch im Prospekt wird eine Nähe zu einer medizinischen Dienstleistung hergestellt: «Seit Oktober 2001 ‹appariert› [alternativ zu ‹operiert›] die VIP-Clinic bereits am Zürichsee.» Und macht seither mit einiger Regelmässigkeit Negativschlagzeilen. Zuletzt berichtete der «Gesundheitstipp» vor rund einem Jahr über eine Kundin, der für ein Abo, das sie gar nicht wollte, mehrere tausend Franken von der Kreditkarte abgebucht wurden.
So wirbt die Firma VIP-Clinic in Schweizer Zeitschriften:
Trotzdem sieht die Zürcher Gesundheitsdirektion keinen Grund zum Einschreiten. «Die VIP-Clinic schreibt sich mit C. Eine Verwechslungsgefahr mit einer Klinik im Sinne eines Spitals besteht somit nicht», sagt eine Sprecherin. Zudem werde auf der Internetseite mit der Bezeichnung «Beauty- & Anti-Aging-Center» deutlich, dass es ein Kosmetikinstitut sei. Dieses Argument überzeugt Erika Ziltener, Präsidentin des Dachverbands Schweizerischer Patientenstellen, nicht. «Man erfährt nichts Genaues über die verwendeten Methoden. Ich würde nie in ein solches Institut gehen. Es scheint vor allem auf schnelles Geld aus zu sein.»
VIP-Clinic-Chefin Simone Zikmund hat eine illustre Karriere hinter sich. Früher führte sie die «Evil Productions». Die Firma bot gemäss Handelsregister Werbeproduktionen für TV, Radio, Musik- und TV-Projekte an. Eine dritte Firma, die «VIP-Models», wurde vergangenen Mai von Amts wegen gelöscht. Firmenzweck: Vermittlung von Fotomodellen, Prominenten und Tieren.
Abnehmen: Der richtige Weg
- Wer abnehmen will, sollte sich zuerst mit seinem Hausarzt besprechen.
- Werben Institute mit «neuen» oder «innovativen» Methoden, sollte man sich erkundigen, ob es sich um ein anerkanntes Verfahren handelt. Auskunft erteilen die Schweizerische Patientenstelle oder Ernährungsberatungsstellen.
Weitere Informationen
- Patientenstelle Zürich: www.zh.patientenstelle.ch; Telefon 044 361 92 56, info@patientenstelle.ch
- Schweizerischer Verband diplomierter Ernährungsberater/-innen: Telefon 031 313 88 70, www.svde-asdd.ch
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