Die Phantom-Parkbussen
Eine Kanzlei aus Kroatien treibt in der Schweiz Bussen für unerlaubtes Parkieren ein. Seltsamerweise auch bei Leuten, die nie in Kroatien waren.
Veröffentlicht am 24. November 2015 - 10:39 Uhr
Eine Busse über 190 Euro für unerlaubtes Parkieren in Kroatien hielt Thomas Maurer eines Morgens in der Hand – angedroht wurde ein noch höherer Betrag, falls er nicht zahle. Seltsam dabei: Maurer, wohnhaft in Pfäffikon ZH, war in seinem Leben noch nie in Kroatien. Das angebliche Vergehen soll sich im Mai 2012 zugetragen haben. «Damals war ich das ganze Jahr über nicht in den Ferien, ich musste meine Frau pflegen», sagt Maurer. Verschickt wurde die Busse erst im September 2015. Absender ist ein kroatisches Advokaturbüro, die aufgelisteten Mahngebühren sind undurchsichtig, der Umschlag ist handbeschrieben und wirkt unprofessionell.
Diese dreiste Masche ist nicht ganz neu. Corinne Rykala aus Kölliken AG etwa erhielt Ende 2014 eine Busse von einem Londoner Inkassobüro, ebenfalls für eine angebliche Parksünde in Kroatien – sie war ebenfalls noch nie dort. Auch der deutsche Automobilverband ADAC kennt das Phänomen und rät: auf keinen Fall zahlen. Für Thomas Maurer ist das wohl der beste Rat. Seltsam: Die bittstellende Firma Rijeka Promet D. D. in der kroatischen Stadt Rijeka bestätigt Maurers Busse auf Anfrage. Die Dame am anderen Ende der Leitung spricht Deutsch und sagt, ihre Kanzlei treibe im Auftrag eines städtischen Parkplatzbesitzers Bussen in Italien, Deutschland, Österreich und in der Schweiz ein. Sie bestätigt Name, Wohnort und Kennzeichen von Maurer. Dass der Umschlag handbeschrieben sei, sei indes sehr ungewöhnlich – sie verspricht, der Sache nachzugehen. Eine Antwort bleibt aus.
In einem Internetforum für Adria-Urlauber wird die Kanzlei aus Rijeka mehrfach erwähnt. Einige sprechen von «Abzockerbude» und raten von Bezahlung ab. Andere sagen, sie hätten tatsächlich dort parkiert, wundern sich jedoch über die zahlreichen Gebühren, die bereits beim ersten Versand der Busse draufgeschlagen werden. Im Windschatten von echten Verkehrsvergehen fährt da wohl jemand für ein paar Euro extra mit.
Schleierhaft bleibt Thomas Maurer, wie die Firma ans Kennzeichen seines Geschäftsautos gekommen ist. Er will nicht zahlen. «Wenn die das 1000-mal verschicken, bezahlen vielleicht 100», sinniert er. Auch Corinne Rykala zahlte damals nicht. Nach drei Mahnungen hörte sie nichts mehr.
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