Power für faire Verträge
Automatische Vertragsverlängerung, keine Kündigungsmöglichkeit: Viele Fitnessstudios wenden unfaire und gesetzwidrige Vertragsklauseln an. Nun lassen Beobachter und Konsumentenschutz die Muskeln spielen.
Veröffentlicht am 13. März 2015 - 12:28 Uhr
Nach vier Besuchen im Fitnessstudio weiss Samira Meier*: «Das ist nichts für mich.» Elf Monate später flattert trotzdem eine neue Rechnung in ihren Briefkasten, die sie bezahlen muss: Ihr Abo hat sich automatisch verlängert.
Stefan Burri* zerrt sich die Schulter, weil bei einem mangelhaft gewarteten Gerät plötzlich das Gewicht heruntersackt. Trotzdem will das Fitnessstudio nichts von Haftung wissen.
Eva Steiner* zieht aus beruflichen Gründen ins Bündnerland; ihre Nachbarin würde den Zweijahres-Vertrag gern übernehmen, doch das Fitnessstudio lässt das nicht zu.
Otto Leiser* kann nach einer Hüftoperation monatelang nicht trainieren, doch sein Fitnessklub will ihm kein Geld für das Abo zurückerstatten.
Vier Fälle, die jedem passieren können, der ein Fitnessabo hat – also jedem Zehnten in der Schweiz. Ein Milliardenmarkt, in dem die Anbieter die Muskeln spielen lassen und die Kundinnen und Kunden im Kleingedruckten der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) an die Wand drücken.
Für Sara Stalder, Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS), sind es «klare Beispiele dafür, dass in der Branche ein ungleiches Kräftemessen herrscht. Die Kunden sind am kürzeren Hebel: Die Fitnessanbieter machen sie glauben, dass sie keine Rechte haben. Das muss sich schleunigst ändern.»
Die Allianz der Konsumentenschutzorganisationen (SKS, FRC und ACSI) und der Beobachter verlangen deshalb in einer gemeinsamen Aktion von der Branche, das Kleingedruckte anzupassen. Die 17 wichtigsten Betreiber von Fitnessstudios werden aufgefordert, die unfairen AGB-Klauseln zu streichen.
Denn einige der kritisierten Klauseln verstossen gegen geltendes Recht. Etwa der totale Haftungsausschluss. «Für Schäden infolge eines Unfalls, einer Verletzung oder einer Krankheit ist jegliche Haftung des Fitnessclubs oder seines Personals ausgeschlossen», heisst es in der Mehrzahl der untersuchten AGB. Sowohl Basefit wie auch Silhouette und Exersuisse haben eine solche Klausel, namentlich auch die Migros, die mit Abstand grösste Fitnessanbieterin mit über 70 Studios in der ganzen Schweiz. Dabei legt das Obligationenrecht ausdrücklich fest, dass die Haftung für aus Grobfahrlässigkeit entstandene Schäden nicht wegbedungen werden kann.
Eindeutig gesetzwidrig ist auch die Klausel, dass Kunden nicht aus einem laufenden Vertrag aussteigen können – selbst dann nicht, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr trainieren dürfen und das mit einem Arztzeugnis belegen können. Das Gesetz legt fest, dass man «aus wichtigen Gründen» kündigen kann und das einbezahlte Geld anteilmässig zurückerhält. Die Mehrheit der Fitnesscenter ignoriert dies. «Es ist stossend, dass sich weite Teile einer Branche nicht an das Gesetz halten», sagt Beobachter-Chefredaktor Andres Büchi. «Es gehört zu unseren Aufgaben, hier für eine gerechte Lösung einzustehen.»
Bis Mitte April haben die Fitnessstudio-Betreiber Zeit, auf die Forderungen zu reagieren. Bieten sie nicht Hand zu einer konsumentenfreundlicheren Lösung, drohen die Konsumentenverbände mit Klagen.
*Name geändert
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