Richard Trösch schluckt nur noch leer, wenn er eine neue Rechnung der Gaswerke Dietikon ZH erhält. Gas ist mit praktisch jeder Abrechnungsperiode teurer geworden. Die letzte Forderung war so hoch ausgefallen, dass der 71-Jährige Ratenzahlung beantragen musste. 

Der Preis für Erdgas hat sich an den europäischen Handelsmärkten innerhalb eines Jahres fast vervierfacht: von 25 auf rund 100 Euro pro Megawattstunde. Der Verband der Schweizerischen Gasindustrie wagt derzeit nicht abzuschätzen, wie sich die Preise in Zukunft entwickeln werden. Sie werden wegen des Kriegs in der Ukraine wohl sehr hoch bleiben.

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Preiserhöhungen beanstandet

Wenn eine Gemeinde bei der Gasversorgung keine Verluste einfahren will, muss sie die Preise erhöhen. Mangels Konkurrenz könnte sie diese beliebig hoch, ja sogar missbräuchlich hoch ansetzen. Genau das will das Preisüberwachungsgesetz verhindern. Beim Preisüberwacher sind in den letzten Monaten zwar «Dutzende Meldungen» von Gemeinden eingegangen, die meisten Gemeinden foutieren sich aber darum. Auch Dietikon. Für die Meldung der Gaspreise gebe es – anders als bei Wasser oder Abwasser – keine Verpflichtung, sagt der zuständige Dietiker Stadtrat Lucas Neff.

Das sieht der Preisüberwacher anders. Zwar könne man Gas theoretisch bei einem beliebigen Anbieter beziehen, an das öffentliche Gasnetz sei man trotzdem gebunden. «Die Gemeinden riskieren, dass die Preiserhöhungen rückgängig gemacht werden müssen, wenn eine Bürgerin oder ein Bürger die Rechnung anficht», sagt der Preisüberwacher.

«Die Gaskunden haben über Dekaden zu viel fürs Gas bezahlt.»

Fredy Künzler, SP-Stadtparlamentarier aus Winterthur

So geschehen in Winterthur, wo Fredy Künzler gegen die Preiserhöhung des Stadtrats rekurriert hat, weil der den Preisüberwacher nicht angehört habe. Der SP-Stadtparlamentarier sagt: «Die Gaskunden haben über Dekaden zu viel fürs Gas bezahlt und müssen darauf vertrauen können, dass Stadtwerk Winterthur den Preisschock mit dem Abbau der 60 Millionen Franken Reserven abfedert. Das ist so in der städtischen Verordnung vorgeschrieben.» Das Verfahren ist beim Bezirksrat hängig.

Zurückhaltung gefordert

Dass Reserven abgebaut werden, ist grundsätzlich auch die Empfehlung des Preisüberwachers. «In Zeiten stark anziehender Teuerung sollte sich die öffentliche Hand mit Preiserhöhungen möglichst zurückhalten.» Allerdings dürfe man sich nichts vormachen: In der aktuellen Lage seien die meisten Gasanbieterinnen in der Schweiz gezwungen, die Preise anzuheben. Wenn sie dies aber mit Gewinn tun, kann der Preisüberwacher verlangen, eine Preiserhöhung nur teilweise umzusetzen, zu unterlassen oder den Preis gar zu senken.

In Dietikon hat sich niemand gegen die letzte Preiserhöhung gewehrt. Die meisten hätten die Faust im Sack gemacht, meint Richard Trösch: «Weil es uns immer noch gut geht.»

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Katharina Siegrist, Redaktorin
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