Was passiert bei der Swisscom-Umstellung?
Ab 2018 schaltet die Swisscom das klassische Festnetz ab. Telefoniert wird dann via Internet. Was heisst das? Und wer bezahlt die Umstellung?
Veröffentlicht am 28. März 2017 - 10:16 Uhr
Das bisherige Festnetz sei am Ende seines Lebenszyklus, sagt die Swisscom. Ersatzteile und Mitarbeiter mit entsprechendem Know-how würden knapp. Klar ist aber auch: Durch den Verzicht erhofft sich die Swisscom Einsparungen. In welcher Höhe, will sie nicht sagen. Allfällige Einsparungen würden allerdings in Form von tieferen Preisen an Kunden weitergegeben, versprach ein Sprecher gegenüber der SRF-Sendung «Espresso».
Zunächst einmal alle Swisscom-Kunden, die das analoge Festnetz nutzen – deren Apparat also direkt in der Telefonsteckdose eingesteckt ist.
Doch auch Alarmanlagen, der Notruf in Aufzügen oder stationäre Notrufgeräte nutzen das analoge Netz. Sie werden künftig digital betrieben. Dazu müssen sie allerdings aufgerüstet oder ersetzt werden.
Lifttelefone und Notrufgeräte für Betagte können über das Handynetz betrieben werden. Die Anbieter wollen diese Geräte mit Batterien ausstatten, damit sie auch bei Stromausfall funktionieren. Sämtliche Umstellungen laufen hier über die Hersteller.
Das Telefon wird an einer Internetbox (Router) angeschlossen. Dieser wird in die Telefonsteckdose eingesteckt. Die Gespräche werden per Internet-Protocol-Technologie als Datenpakete übertragen. Bedenken zum Datenschutz sind nicht nötig. Die Gespräche sind kaum weniger gesichert als analoge.
Highspeed-Internet braucht es dazu nicht: «Für das Telefonieren über das Internet werden äusserst geringe Bandbreiten benötigt», sagt die Swisscom. Da genügt auch eine herkömmliche Kupferleitung.
«Wir versuchen jeden Kunden dreimal schriftlich und fünfmal telefonisch zu kontaktieren»
Swisscom
Unter der Gratisnummer 0800 88 20 02 erfährt man, ob ein Anschluss bereits umgerüstet ist. Analog-Kunden kontaktiert die Swisscom schrittweise.
Wer bereits einen Swisscom-Router hat (zum Beispiel für Internet oder TV), braucht sein Telefon nur dort einzustecken. Die übrigen Kunden erhalten einen Router zugeschickt. «Wir versuchen jeden Kunden dreimal schriftlich und fünfmal telefonisch zu kontaktieren», sagt die Swisscom. Danach wird der Router zusammen mit Infos über die Umstellung verschickt. «Falls wir dann feststellen, dass Kunden ihren Anschluss nicht in Betrieb nehmen, prüfen wir weitere Kontaktaufnahmen.»
Ganz alte Modelle wie Wählscheiben- und Impulstelefone brauchen nach der Umstellung einen kostenpflichtigen Adapter. ISDN-Telefone funktionieren nicht mehr – KMU mit solchen Anlagen bietet die Swisscom allerdings Lösungen. Private, die parallel eine weitere Nummer nutzen möchten, zahlen 15 Franken pro Monat.
Die Stiftung für Konsumentenschutz empfiehlt ISDN-Kunden aber, mit der Umstellung zu warten. Die Swisscom sei gesetzlich verpflichtet, ab 2018 bis Ende 2021 Privatkunden einen kostenlosen ISDN-Anschluss bereitzustellen.
Faxgeräte funktionieren weiter wie bisher.
Den Router erhalten die Swisscom-Kunden kostenlos. Alle anderen Geräte oder Umrüstungen müssen sie grundsätzlich selber zahlen. Swisscom argumentiert, es handle sich um eine «unaufhaltsame technologische Entwicklung». Wer einen Techniker braucht, muss ihn selber bezahlen – es sei denn, die Swisscom erachtet seinen Beizug als unbedingt nötig.
In den meisten Fällen verbessert sich die Sprachqualität. Viele Telefone zeigen zudem an, wer anruft – sofern die Nummer registriert ist. Ebenso möglich sind persönliche Sperrlisten oder automatisches Blockieren von Werbeanrufen.
Nachteil: Bei einem Stromausfall funktioniert das Telefon nicht mehr. Das lässt sich umgehen, indem man die Anrufe auf das Handy umleitet.
Die Swisscom gibt den Stromverbrauch eines Routers mit 45 Kilowattstunden pro Jahr an. Je nach Stromtarif und Region bedeutet das jährlich rund elf Franken Mehrkosten.
Welche Regelungen zu Werbeanrufen gelten neuerdings? Wo kann man einen Sterneintrag erstellen und wo sich aus dem Telefonverzeichnis löschen lassen? Beobachter-Mitglieder lesen mehr dazu im Merkblatt «Unerwünschte Werbeanrufe: So wehren Sie sich».
Wie bei jedem Vertrag gilt: Falls die gleiche Leistung plötzlich teurer wird, kann man ausserordentlich kündigen. Allerdings sollte das hier nicht der Fall sein. Die Swisscom ist in die Kritik geraten, weil sie einigen Kunden im Zug der Umstellung das teurere Abo «Vivo S» empfahl. Die Swisscom sagt aber, sie weise stets auf das gleich teure Abo hin.
Neu sind zudem Anrufe mit Preselection-Anbietern wie Suissephone und Talkeasy über die Swisscom-Leitung nicht mehr möglich. Kunden können darum zwischen einem neuen Vertrag mit dem Preselection-Anbieter oder der Swisscom wählen.
Auch andere Anbieter werden umschalten oder haben das bereits getan. Sunrise etwa will das analoge Festnetz vorerst bis 2021 weiter betreiben. Bis Ende 2017 können auch Swisscom-Kunden noch auf analoger Telefonie bestehen.
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