Aufgezeichnet von Peter Aeschlimann:

Donald Trump ist nur ein Blip, ein grünes Pünktchen auf dem Radarschirm. Seine «Air Force One» wird genau gleich abgefertigt wie der Ferienflieger aus Gran Canaria. 

Für uns bei Skyguide spielt es keine Rolle, wer im Flugzeug sitzt. Es sind Menschen, und alle sind gleich wichtig. Wenn der Jumbojet des US-Präsidenten über Basel in den Schweizer Luftraum eintritt, übernehme ich: «Grüezi, descend to 6000 feet.» Per Funk übermittle ich dem Piloten die nötigen Informationen. Damit er genug Zeit hat, abzusinken, Geschwindigkeit zu vernichten und ein paar Minuten später sicher in Kloten zu landen – ein professioneller Vorgang, der sich täglich hundertfach wiederholt.

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Das Weltwirtschaftsforum in Davos ist trotzdem eine spezielle Zeit für Skyguide. Die Armee intensiviert ihren Luftpolizeidienst, unsere Arbeitsbelastung steigt. In der Regel betreuen wir um die 800 Flugbewegungen täglich, während des WEF kommen ungefähr 200 dazu. Die Jets mit den Firmenchefs, Staatsoberhäuptern und Filmstars landen im Minutentakt in Kloten, Helikopter bringen die Teilnehmer in die Berge. 

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Der Geheimdienst war im Tower

Als der damalige US-Präsident Bill Clinton vor 18 Jahren nach Davos reiste, bekamen wir im Tower Besuch eines Geheimdienstmitarbeiters. Selbstverständlich durfte der seinen Boss nicht persönlich abfertigen, das erledigte unser Flugverkehrsleiter. Rechtlich wäre das auch gar nicht möglich. Unsere Leute haben die nötigen Lizenzen und Ausbildungen. Die Amerikaner respektieren das.

Als Fluglotse bilde ich mit dem Piloten ein Team. Unser Auftrag lautet: sicher runterkommen. Die Kommunikation findet auf Englisch statt, wie überall auf der Welt. Wenn ich einen Piloten persönlich kenne, begrüsse ich ihn zum Beispiel mit «Hoi Reto». Doch um zu fragen, wie das Wochenende in New York war, bleibt keine Zeit. Sowieso wäre es unangebracht, private Themen zu diskutieren. Funkprotokolle sind amtliche Dokumente. 

Verständigungsprobleme kommen heute praktisch nicht mehr vor. Ich erinnere mich aber an einen Anflug einer chinesischen Maschine vor fast zehn Jahren. Über dem Flughafen Zürich herrschte dicker Nebel, die Sicht war gleich null. Irgendwas muss den Piloten verunsichert haben, auf jeden Fall funkte er plötzlich nur noch: «Frankfurt, Frankfurt!» Ich hab ihm dann den gewünschten Service geboten und ihn nach Deutschland weitergelotst. Dort ist er, dem Vernehmen nach, auch gelandet.

Nicht für schwache Nerven

Eine der wichtigsten Fähigkeiten eines Fluglotsen ist das Multitasking. Ohne geht es nicht. Ich trage die Verantwortung für bis zu 15 Flugzeuge gleichzeitig. Auf dem Schirm sind das 15 Blips, versehen mit Zahlen zu Geschwindigkeit, Höhe und Kurs. In meinem Kopf muss ich aus dem zweidimensionalen Bild ein dreidimensionales Modell formen, das stets in Bewegung ist. Das erfordert höchste Konzentration. 

Es kommt öfter vor, dass man ein Flugzeug beim Landeanflug vorziehen muss. Wenn es ein kleineres technisches Problem gibt oder wenn sich ein Passagier nicht gut fühlt. Ins Schwitzen komme ich dabei nie. Nach zwei Stunden am Arbeitsplatz mache ich eine Pause, das ist vertraglich so geregelt. Dann setze ich mich in die Kantine, trinke einen Kaffee und schaue ins Grüne. Diese Auszeiten sind in unserem Job extrem wichtig.

Dieser Duft nach Ferien und Kerosin

Seit ich denken kann, fasziniert mich die Fliegerei. Unser Schulhaus befand sich genau in der Anflugschneise. Ich habe mehr aus dem Fenster geschaut als auf die Wandtafel. Am Tag meines Lehrabschlusses als Maschinenzeichner habe ich gekündigt und bin raus an den Flughafen gefahren. Erst habe ich als Crewdriver gearbeitet, später als Schichtleiter bei der damaligen Abfertigungsfirma Jet Aviation. 

Meine Flugsicherungskarriere begann beim Militär, wo ich immer noch Kommentator der Patrouille Suisse bin. 2003 machte ich die Umschulung zum zivilen Lotsen. Seither arbeite ich in Zürich und Dübendorf. Ich mag die Stimmung am Flughafen, den Duft nach Ferien und Kerosin.

In den 20 Jahren, die ich jetzt schon als Fluglotse arbeite, gab es keinen einzigen Tag, an dem ich mich nicht gern an den Radarschirm gesetzt habe. Jeder hier hat eine exzellente Arbeitseinstellung. 

Und das ist der beste Tipp gegen Flugangst: Wie der Pilot ein Interesse hat, am Abend wieder zu Hause zu sein, hat der Lotse ein Interesse daran, keinen Vorfall zu haben. Die Öffentlichkeit hat Respekt vor dem Flugverkehrsleiter. Man weiss: Die schauen für die Sicherheit. Dem müssen wir täglich gerecht werden. Wenn also in ein paar Tagen die «Air Force One» den Flughafen Zürich ansteuert, ist das für den Flughafen und die Öffentlichkeit etwas Grosses. Für uns Fluglotsen ist es «business as usual».

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Raphael Brunner, Redaktor
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