Ein erhebliches Vermögen kann nicht nur Neider auf den Plan rufen, sondern auch das Interesse von Personen mit krimineller Energie wecken. Diese wollen Sie vielleicht zu vermeintlich lukrativen Investitionen überreden oder es wird versucht, über Ihre Hausbank an Ihr Geld zu gelangen.

Achtung: E-Mail

Auch aufmerksame Personen können zu Opfern von Straftaten werden, wenn die Täter zu raffinierteren Vorgehensweisen greifen.

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Die ungewöhnliche Anrede

Ein sehr vermögender Schweizer, der sich als Mäzen betätigt und junge Musiker fördert, wurde kürzlich Ziel eines äusserst raffinierten Angriffs. Seinem Kundenberater bei der Hausbank wurde eine E-Mail zugestellt, in der der Mäzen den Auftrag gab, einem jungen Musiker in Südamerika 20'000 Franken für den Kauf einer wertvollen Violine zu überweisen. Der Mäzen hatte in der Vergangenheit schon mehrmals Zahlungen auf diesem Weg in Auftrag gegeben. Die Absenderadresse weckte auch kein Misstrauen. Trotzdem hatte der Kundenberater ein ungutes Gefühl, weil er in der E-Mail mit «Lieber Andreas» angeredet wurde. Sonst hatte der Kunde immer mit «Hoi Andi» begonnen. Ein Kontrollanruf ergab, dass der Mäzen den Zahlungsauftrag nie gesendet hatte.

Die Bank stellte Nachforschungen an und entdeckte schliesslich auch eine Abweichung in der Absenderadresse: ein «g» war mit einem «q» ausgetauscht worden. Eine Änderung, die beim unterstrichenen Absender im Schriftbild kaum zu erkennen ist. Offenbar hatte jemand das Kommunikationsverhalten des Mäzens genau ausgekundschaftet. Die E-Mail war an den zuständigen Kundenberater adressiert, ihr Tonfall passte zur bisherigen Korrespondenz, selbst der Betreff ähnelte denjenigen früherer E-Mails. Der Täter wurde nie gefunden.

Der Fall zeigt, dass die auf dem elektronischen Weg ausgeführten Straftaten gezielter, aufwendiger und raffinierter werden. Jedermann weiss, dass die üblichen E-Mails, die auf eine einmalige Geschäftsgelegenheit in Nigeria hinweisen, umgehend zu löschen sind. Aber wer überprüft schon E-Mail-Adressen auf abweichende Einzelbuchstaben, wenn sonst alles unverdächtig scheint?

Zu gut, um wahr zu sein? Richtig!

Besondere Vorsicht ist bei der Prüfung von Investitionsangeboten geboten. Die wichtigste Regel: Wenn eine Investitionsgelegenheit zu gut erscheint, um wahr zu sein, dann ist sie in der Regel genau das. Es droht der vollständige Verlust des investierten Geldes. Dieser wird in der Regel selbst dann nicht mehr wettzumachen sein, wenn der Betrüger gefasst werden kann.

Es ist nämlich eine Eigenheit des schweizerischen Strafrechts, dass von den Opfern ein hoher Grad an Selbstverantwortung verlangt wird. So kann es ohne Weiteres vorkommen, dass ein Betrüger freigesprochen wird, wenn sein Opfer bei der Investition elementare Sorgfaltsregeln verletzt hat.

Hochglanz-Prospekte und Rendite-Versprechen

Vor ein paar Jahren wurde ein Strafverfahren wegen fehlender Arglist eingestellt. Telefonverkäufer hatten Anleger zu Aktienkäufen veranlasst. Es ging um Aktien einer Firma, die Luxusautos günstig aus dem Ausland importieren und dann teuer in der Schweiz verkaufen wollte. Der Kaufpreis für die Aktien betrug das 300-Fache des Nennwerts. Gelockt wurden die Käufer mit Hochglanzprospekten über den angeblich bevorstehenden Börsengang des Unternehmens. Dieser hat allerdings bis heute nie stattgefunden. Das Unternehmen existiert mittlerweile gar nicht mehr. Die Anleger, die insgesamt rund 90 Millionen Franken investiert hatten, erlitten einen schmerzhaften Verlust.

Es gibt zwar Fälle, in denen es gelingt, die Verurteilung eines Betrügers zu erreichen. Zum Ersatz des Schadens kommt es jedoch auch dann in den allerwenigsten Fällen, weil das Geld schon lange verschwunden ist. Den Opfern bleibt nur die persönliche Genugtuung, dass der Täter bestraft wird.

Im Extremfall kann Anlegern sogar selbst ein Strafverfahren drohen. In der Ostschweiz kam 2013 ein aufsehenerregender Fall vor Gericht.

Wenn sich Anleger zu einfach verführen lassen

Ein Netzwerk von Betügern hatte im grossen Stil Dokumente über Immobilien gefälscht. Der dadurch vorgetäuschte überhöhte Wert der Immobilien und die erschwindelte Bonität der Betrüger veranlassten die Banken zur Vergabe von Hypotheken, die den Wert der Liegenschaften überstiegen. In einem nächsten Schritt suchten die Täter Käufer. Diesen wurde eine 100-prozentige Finanzierung durch Hypotheken in Aussicht gestellt, ganz ohne Eigenmittel. Zudem wurde ihnen eine «Provision» von fünf Prozent der Hypothekarsumme versprochen. Rund 200 Personen liessen sich zu diesem Geschäft verführen. Dies, obwohl es ihnen hätte verdächtig vorkommen müssen, dass sie nicht nur ohne Eigenmittel eine Immobilie kaufen konnten, sondern dafür sogar noch eine «Provision» geschenkt erhalten sollten.

Das Resultat der Geschichte: Die Käufer mussten später die Immobilien zu einem weit tieferen Preis wieder verkaufen und blieben auf den hohen Hypothekarschulden sitzen. Die Geschädigten hatten nicht nur das Problem, dass niemand ihren Schaden ersetzte, sie gerieten selbst ins Visier der Staatsanwaltschaft. Mehrere Käufer wurden sogar dafür bestraft, dass sie sich an diesem grossangelegten Betrug in der Käuferrolle beteiligt hatten. Das Gericht warf ihnen vor, dass sie hätten merken müssen, dass es bei einem solchen Angebot nicht mit rechten Dingen zuging und dass sie sich also grobfahrlässig an einem Betrug beteiligt hatten.

Rechtsratgeber
Mehr zu Konsumfallen

Mit vermeintlichen Gewinnversprechen versuchen dubiose Firmen, nicht nur sich selbst zu bereichern, sondern auch an Personendaten zu gelangen. Beobachter-Mitglieder erfahren, wie sie Konsumfallen erkennen, wie sie sich dagegen wehren und diese mittels Musterbrief direkt dem Seco melden können.

Achtung: Churning

Auch bei legalen Investments ist Vorsicht geboten. Vor den Schweizer Gerichten wurden in jüngerer Zeit mehrere Fälle von Churning verhandelt. Bei dieser kriminellen Vorgehensweise löst der Täter eine möglichst hohe Anzahl von Transaktionen aus, weil er an jeder Transaktion einen gewissen Betrag verdient. Unabhängig vom wirtschaftlichen Sinn des Vorgehens wird das Kundenvermögen dauernd umgeschichtet, was zu hohen Transaktionskosten und in aller Regel zu einem Verlust fürt. Das englische Verb «to churn» bezeichnet das Umrühren und Schütteln bei der Butterherstellung, wobei solange Rahm abgeschöpft wird, bis keine Milch mehr vorhanden ist.

Bereicherung durch Transaktionen

In einem Fall hatte ein Vermögensverwalter mit dem ihm anvertrauten Kundenvermögen von rund einer viertel Million US-Dollar innerhalb von zweieinhalb Monaten durch exzessive Handelstätigkeit Transaktionskosten von fast 200'000 Dollar ausgelöst. Das gesamte Vermögen wurde in der kurzen Zeit 54-mal umgeschichtet. Gegen 150'000 Dollar flossen über Transaktionsprämien an den Vermögensverwalter zurück. Der Kunde verlor einen grossen Teil seines Geldes, während der Vermögensverwalter sich durch die sehr zahlreichen Transaktionen bereicherte.

Dass der Vermögensverwalter schliesslich trotzdem freigesprochen wurde, lag wesentlich daran, dass der Kunde nicht interveniert hatte, obwohl er anhand der Kontoauszüge jederzeit hätte nachvollziehen können, was mit seinem Geld geschah. Die Lehre aus diesem Fall: Kritische Fragen sind wichtig. Wer sein Geld einem Profi anvertraut, wird dessen Anlageentscheide oft nicht auf den ersten Blick verstehen. Sie jedoch mit blindem Vertrauen einfach hinzunehmen, kann sich später rächen. Ein seriöser Vermögensverwalter muss bereit sein, seine Anlageentscheide auch einem Laien nachvollziehbar zu erklären. Fehlt diese Bereitschaft, ist das ein Warnzeichen, das Sie nicht ignorieren sollten.

Gefahr aus dem Bekanntenkreis

Die grösste Gefahr für Ihr Vermögen geht aber wohl gar nicht von den kriminellen Akteuren aus, sondern von all den wohlmeinenden – jeweils mehr oder weniger uneigennützigen – Ratschlägen aus dem persönlichen Umfeld. Wer zu Geld kommt, wird nicht lange darauf warten müssen, dass ihm ein Verwandter oder eine Bekannte ein «todsicheres» Investment empfiehlt. Oft handelt es sich dabei um ein Investment, das diese Person selbst schon getätigt hat oder an dem ihr aus anderen Gründen besonders gelegen ist. Zögern Sie dann, dem Ratschlag zu folgen, wird dies häufig als fehlendes Vertrauen in die persönliche Beziehung ausgelegt und entsprechend übel genommen.

Es ist sehr wichtig, solchen Versuchen emotionaler Erpressung zu widerstehen. Eine Geldanlage, zu der Sie sich gedrängt fühlen und die Sie aus einem anderen Grund vornehmen als aus sachlich überzeugenden Argumenten, ist kaum je eine gute Idee.

Haben Sie Zweifel gegenüber Anlagetipps aus Ihrem persönlichen Umfeld, empfiehlt es sich, das Investment einem unbeteiligten, in Anlagethemen erfahrenen Dritten zu erklären. Nur wenn es Ihnen gelingt, diesen Aussenstehenden vom Potenzial des Investments zu überzeugen, sollten Sie eine Anlage in Betracht ziehen. Gelingt es Ihnen nicht, bietet die negative Einschätzung auch gleich ein gutes Argument gegen die emotionalen Überzeugungsversuche des «Experten» aus Ihrem Bekanntenkreis.

 

Dieser Text ist ein Auszug aus dem Buch «Plötzlich Geld – so legen Sie richtig an» von Harry Büsser, das im Oktober 2017 in der Beobachter Edition erscheint. Sie können das Buch schon jetzt im Beobachter-Shop bestellen.

Zum Autor: Harry Büsser (46) ist Journalist und Wirtschaftswissenschaftler. Nach seiner Tätigkeit bei einer Schweizer Grossbank war er als Wirtschaftsjournalist unter anderem für SRF, Handelszeitung und Bilanz tätig. Ab November ist er Wirtschaftschef beim «Blick».

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