1,39 Kinder pro Frau – und jetzt?
Was bedeutet es, wenn wir weniger Kinder gebären? Ein Versuch, die Zahlen einzuordnen.
Veröffentlicht am 31. März 2024 - 06:00 Uhr
Uns fehlen die Babys. Die Geburtenrate bricht ein. Historischer Tiefstand. Nur noch 1,39 Kinder pro Frau. Was soll ich mit solchen Schlagzeilen anfangen?
Abgesehen davon, dass ich mich unweigerlich frage – ganz ohne lustig sein zu wollen –, wie 1,39 Kinder aussehen, kümmert mich die Information schlicht nicht. Schliesslich verändert sich die Quote ja nie dramatisch, sie geht mit wenigen Ausnahmen immer nur leicht zurück. Eine Rückkehr zu Familien mit elf Kindern, wie es in der Generation meiner Grosseltern vorkam, ist unwahrscheinlich.
Doch die Lage scheint ernst zu sein. Ein neuer Bericht des Fachblatts «The Lancet» schätzt, dass im Jahr 2100 weltweit nur noch sechs Staaten eine Geburtenrate von mehr als 2,1 Kindern pro Frau haben werden. Und damit über der Schwelle liegen, um die Bevölkerungszahl durch Geburten stabil zu halten. Samoa, Tonga, Somalia, Niger, Tschad und Tadschikistan. In allen anderen 198 Ländern wird die Zahl der Menschen abnehmen.
Von einem weitreichenden ökonomischen und sozialen Wandel ist die Rede. So was zu lesen bereitet mir schon Unbehagen, auch wenn ich nicht ganz begreife, was das konkret bedeutet.
Wie sich die Bevölkerung in der Schweiz entwickelt, erhebt das Bundesamt für Statistik (BFS) natürlich nicht nur zum Spass. Im Gegenteil, das Amt wurde in der Vergangenheit schon heftig kritisiert für seine Berechnungen.
Zum Beispiel, als es vor Einführung der Personenfreizügigkeit viel weniger Zuwanderinnen und Zuwanderer aus EU-Staaten voraussagte, als danach kamen. Auch bei der Lebenserwartung liegen die Zahlen manchmal daneben – obwohl diese bei der Diskussion um die Zukunft der Altersvorsorge von entscheidender Bedeutung sind.
Wen aber kümmert die Geburtenrate also tatsächlich? Wofür wird sie gebraucht?
Es geht um Bevölkerungsszenarien
Johanna Probst von der Sektion Demografie und Migration des BFS erklärt gegenüber dem Beobachter, dass die jährlich erhobene Geburtenhäufigkeit – also wie viele Kinder pro Frau im gebärfähigen Alter lebend zur Welt kommen – unter anderem relevant ist für die Bevölkerungsszenarien. Diese Szenarien stellen die Bundesstatistiker alle fünf Jahre zusammen und versuchen aufgrund bestimmter Annahmen zu berechnen, wie sich die Bevölkerungszahl entwickeln könnte.
Die Bevölkerungszahl ist dann die Grundlage für viele weitere Berechnungen und Analysen. «Das Bundesamt für Sozialversicherungen nutzt sie für Szenarien, die das höhere Alter betreffen. Aber auch in der Raumplanung sind die Bevölkerungsszenarien relevant.» Wie viele Häuser müssen gebaut werden, wie viele Autobahnen und Spitäler braucht es in den nächsten Jahrzehnten?
Auch im Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) seien die Bevölkerungsszenarien ein Thema, nämlich für die Konjunkturanalysen. Und für Schätzungen, wie viele Arbeitskräfte die Schweiz künftig hat.
Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) sagt, dass man sich für die Finanzperspektiven von AHV, IV, EL und EO auf die zentralen Bevölkerungsszenarien des Bundesamtes für Statistik abstütze. Denn die Geburtenrate allein sei nicht aussagekräftig genug, um die Entwicklung der Bevölkerung zu antizipieren.
In den Bevölkerungsszenarien seien auch weitere Faktoren wie die Lebenserwartung und die Migration eingerechnet. «Wir verwenden die Geburtenstatistik als solche nur bei besonderen Fragestellungen», heisst es vom BSV. Zum Beispiel, wenn beurteilt werden muss, wie sich Änderungen in der Erwerbsersatzordnung oder bei den Familienzulagen – wie bei der laufenden Kita-Initiative – auswirken würden.
«Auch um die Kosten von medizinischen Massnahmen für Kinder in der IV zu budgetieren, wird die Geburtenstatistik verwendet», sagt Harald Sohns, Sprecher des BSV, auf Anfrage des Beobachters.
Geburtenzahlen nicht überbewerten
«Am direktesten ist die Geburtenhäufigkeit relevant für den Bildungsbereich», sagt Johanna Probst vom Bundesamt für Statistik. Dort ist sie ein wichtiger Faktor, um zu wissen, wie sich die Schülerzahlen in den Kantonen entwickeln und wann genau wie viele Kinder in die obligatorische Schule kommen. Und wie viele Lehrkräfte es dann braucht.
Aber man dürfe die Relevanz von Geburtenzahlen nicht überbewerten: «In der Schweiz ist die demografische Entwicklung stark von der Migration beeinflusst und weniger von Geburten und Sterblichkeit. Über die Zeit wird die Migration immer wichtiger für die Erklärung des Bevölkerungswachstums», sagt Probst zum Beobachter. «Fehlende Babys sind nicht unbedingt fehlende Personen auf dem Arbeitsmarkt, weil dazwischen noch Migration passiert.»
Wenn das nächste Mal Zahlen zur Anzahl Kinder pro Frau mit Kommastellen publiziert werden, werde ich das immer noch seltsam finden. Aber dann immerhin an die Schulhäuser, Anzahl Erwerbstätigen und die Bahngeleise denken, die damit zusammenhängen.
6 Kommentare
und jetzt? Denke ich mir auch nach dem lesen des Artikels. Endlich sage ich mir! Weniger Menschen in Zukunft, weniger Probleme? Oder? So wie heute soll und kann es nicht weiter gehen. Natürlich muss ein umdenken stattdinden. Überall!Vor allem müssen wir aus dieser unendlichen Wachstumsfalle austreten und wieder gesund schrumpfen... weniger ist mehr. Vor alem mehr Nachhaltigkeit, mehr Bewusstsein, mehr Frieden... warum soll es eigentlich immer mehr Menschen geben? Was soll das bringen? Jeder natürliche Organismus hat gelernt einen ausgleich zu finden... nur der Mensch bis jetzt nicht. Ein hoch auf die Entwicklung und Bildung! Die Menschen haben langsam begriffen das es nicht immer mehr braucht. Das bedeutet auch nicht immer mehr Kinder. Früher war der Grund für mehr Kinder ein anderer, heute ist dieser zum Glück obsolet. Dies spricht klar für die Entwicklung der Menschheit. Investiert einfach in die Bildung. Das einzige Gut das dir niemand nehmen kann und dir wirklich etwas bringt. Falls jemand wissen will warum ich so denke? Lest Bücher wie "Im Grunde Gut", Factfullmess, "Eine kurze Geschichte der Menschheit". Uns gieng es noch nie so gut wie Heute! Nur weil die Medien omnipräsent sind und jeden Furz als Katastrophe aufblähen bedeutet dies nicht das es uns schlechter geht... Es hat genug von allem für alle. Leider haben wir einfach noch nicht gelernt zu teilen und unsere eigenen Bedürfnise und die unserer Kinder allen anderen vor zu ziehen... Angst ist der Treiber und dieser wird fleissig geschürt. Aber geht doch mal raus und schaut wie oft ihr direkt bedroht, beklaut oder sonst wie geschädigt werdet? Wie oft passier eines der Üblen Dinge die geschehen euch? Jedes Leid ist unnötig und im einzelnen bedauerlich und nicht in Ordnung! Jedoch muss man das ganze einfach auch in Zahlen und Fakten betrachten um zu sehen das es seit Jahrzehnet besser wird und nicht schlechter. Nur die ständige vefügbarkeit von Informationen aller Art machen uns kaputt. Negative Meldungen bringen mehr Quote und deshalb nehmen wir die Welt schlechter wahr als sie ist. Also ja macht 1-2 Kinder und schaut denen gut. Lehrt sie Güte, Empathie, Toleranz, Neugierde und einfach den anderen so zu behandeln wie man auch gerne behgandelt werden möchte. Legt eure Religionen soweit ab das sie der Gesellschaft nicht mehr schaden. Habt sorge zur Natir und verbraucht nur was ihr wirklich braucht. Die Probleme der Welt würden sich mit einem rückgang der Menschheit automatisch lösen. Weniger Menschen - weniger Konflikte - weniger neid - weniger Angst - dafür viel mehr Lebensqualität.
Vieleicht denkt ihr dies hat nichts mit dem Artikel zu tun, jedoch denke ich das der Inhalt des Artikels nur Auswüchse sind und nicht das Grundproblem beschreiben. Auswüchse zu bekämpfen und Energie daran zu "verschwenden" bringt und immer in eine reaktive Haltung. So sind wir immer einen Schritt zu spät und am reagieren. Denkt pro Aktiv und fangt an zu agieren.
Sei du die Veränderung die du dir wünschst und es wird geschehen...
Es muss mehr in die Integration junger Flüchtlinge investiert werden. Sozialarbeiter sind immer mehr am Anschlag, wenn es um Lehrstellen und Wohnungssuche geht.
Und ja, das kostet Geld. An alle die über die Zuwanderung meckern;
Das sind die Menschen welche unsere AHV Kasse füllen und nebenbei auch noch unseren underen Horizont erweitern
Kommt drauf an welche Zuwanderer. Aus Europa OK da verschiebt sich das Problem aber nur ins Ausland!
Mit wenigen Jahren Schulbildung und aus Kulturen die Bildung weniger als Religion schätzt? Das wird nichts. Wer mit 15 oder älter mit wenigen Jahren Schule hier her kommt, den bringt man nicht mehr an die UNI...
Mit wenigen Jahren Schulbildung und aus Kulturen die Bildung weniger als Religion schätzen den Bevölkerungsrückgang ausgleichen? Das wird nichts. Wer mit 15 oder älter mit wenigen Jahren Schule hier her kommt, den bringt man nicht mehr an die UNI... Und Leute mit höhere Bildung sind die die jetzt schon gesucht werden.
Was es braucht sind gratis Kinderbetreuungen etc. alles was hilft das bei junge Familien mehr Kinder nicht automatisch zu grossen beruflichen und sonstigen Nachteilen führen.
Ich verstehe das total, dass die Leute heutzutage keine Kinder mehr in diese „verrückte“ und unsichere Welt stellen wollen! Ich selbst liebe Kinder, wollte immer Kinder haben! Aber heutzutage würde sogar ich verzichten, denn die Zukunft ist so unsicher wie noch nie in der Menschheitsgeschichte…..Ich könnte es nicht ertragen, meine Kinder leiden zu sehen wegen der Klimakrise und all dessen verheerenden Folgen, Hunger, Wassernotstand, Kriegen usw.! Ich mache mir sogar schon Sorgen um meine bereits 32-jährige Tochter, was wird in 20 oder 30 Jahren sein? Ich glaube, wir werden viel schneller eingeholt von all den Szenarien, als uns die Politik weismachen will und als uns allen lieb ist! Das zeigt die Wissenschaft stetig auf, mit jedem zu warmen und zu trockenen Jahr, oder mit anderen sich häufenden unvorhergesehenen Wetterereignissen wie „Sintfluten“ oder ausserordentlichen Stürmen und flächendeckenden Bränden usw. wird sich die Spirale immer rasanter drehen. Ich bin froh, bin ich schon älter und „muss“ nicht mehr solange leben wie die heutigen Kinder! Mir tun auch heute schon die Menschen der Drittweltländer leid, welche am wenigsten zur Krise beitragen und täglich durch die Klimakrise ums Überleben kämpfen müssen…..und alle Tiere übrigens auch…..ob Mammals oder Vögel usw. Schlussendlich sind wir auch nur Säugetiere, und keine Übermenschen, wie viele von sich selbst glauben, wir werden alle genauso aus dieser Welt verschwinden wie all die aussterbenden Tiere…..auch wir gehören zu dieser aussterbenden Spezies!
Bei aller Liebe und auch wenn ich das Problembewusstsein teile. Das ist Quark. Der grossen Mehrheit der Menschen geht es so gut wie noch nie in der Geschichte. Man denke an Sklaverei, ständige Kriege überall (20-45% Tote im 3o jährigen Krieg), allein 30-60% Tote durch die Pest, Müttersterblichkeit bis 20% etc. p.p.