Unauffällig soll er bei Gefahr gezückt werden können: der Kubotan. Ein längliches, spitzes Teil, das an einen Kugelschreiber erinnert und an den Schlüsselbund gehängt werden kann.

Die Waffe wurde vermehrt sichergestellt bei einer gross angelegten Kontrolle des Bundesamts für Zoll und Grenzsicherheit im November 2024, die den grenzüberschreitenden Onlinehandel unter die Lupe nahm. Der Kubotan stammt ursprünglich aus der Kampfkunst und wird vor allem für Frauen vermarktet. Dabei ist er in der Schweiz illegal, doch die Verkäufer nutzen eine rechtliche Grauzone.

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Schlaumeierei bei den Händlern

So gibt ein Schweizer Onlinehändler an, dass Kubotans als «Geräte, die dazu bestimmt sind, Menschen zu verletzen», unter das Waffengesetz fallen. «Ganz anders ist es jedoch, wenn der Kubotan einen zusätzlichen Verwendungszweck aufweist. Sobald es sich auch um einen Flaschenöffner oder Kugelschreiber handelt, ist dies rechtlich kein Problem mehr.»

Tatsächlich bestätigt auch das Bundesamt für Polizei auf Anfrage des Beobachters: Derartige Multifunktionsgeräte fallen nicht grundsätzlich unter das Waffengesetz. Allerdings könne es sich je nach Fall doch um eine Waffe handeln.

Bei den Frauen der Kubotan, bei jungen Männern das Klappmesser?

Der Kubotan wird hauptsächlich über das Internet verkauft, die Vermarktung richtet sich dort an junge Menschen und Frauen. Der Schluss, gerade diese jungen Menschen hätten ihn nun am Schlüsselbund hängen, liegt daher nahe. So schreibt etwa «Watson» in einem aktuellen Artikel: «Junge Männer haben vermehrt Klappmesser im Hosensack. Bei jungen Frauen baumelt öfter einer dieser metallenen Stifte am Schlüsselbund.»

Dieser Schein trügt. «Der Kubotan ist nicht präsent, zumindest noch nicht», sagt Cyrill Jauch, Polizist der Jugendpatrouille Bern, dem Beobachter. 

Ein ähnliches Bild in Zürich und Basel: Gewalt im Ausgang und der Wunsch nach Selbstverteidigung sind ein Thema. «Die Teenager sehen die mediale Berichterstattung, man spürt, dass sie das verunsichert», erklärt Natalie Bühler, Co-Geschäftsleiterin der Offenen Jugendarbeit Zürich (OJA). Kubotans spielen aber auch hier keine grosse Rolle. 

Schlagringe, Macheten oder angeschliffene Schraubenzieher

Kubotans sind unter Jungen also noch nicht verbreitet – dagegen bleiben gewöhnliche Messer weiterhin beliebt, wie Cyrill Jauch bestätigt: «Extrem viele Jugendliche hier haben Messer dabei», erklärt er. «Wir stellen vor allem die ganz gewöhnlichen Stücke sicher, die man einfach und legal hier in der Schweiz kaufen kann.» Selbst wenn diese, anders als etwa Springmesser, erlaubt seien – «im Nachtleben haben sie nichts verloren».

Neben den Messern finde man bei jungen Frauen vermehrt Pfeffersprays. «Auch Schlagringe, Macheten oder angeschliffene Schraubenzieher sind anzutreffen.»
 

«Kubotans muss man online bestellen, aber eine Schere oder anderes ist einfach zu besorgen und zu gebrauchen.»

Cyrill Jauch

Ein wesentlicher Unterschied zu Kubotans ist die Verfügbarkeit: «Kubotans muss man online bestellen, aber eine Schere oder anderes ist einfach zu besorgen und zu gebrauchen.» Das Mitführen allein ist zudem nicht strafbar.

Insgesamt nehmen die Fälle von schwerer Körperverletzung unter Jugendlichen weiterhin deutlich zu, heisst es bei der Kantonspolizei Bern. 

Das Argument Selbstverteidigung

Die Diskussion um Selbstverteidigungswaffen bleibt ein zentrales Thema bei den Jugendfachstellen. «Sie würden sie nie einsetzen, sagen die Jugendlichen», so Polizist Jauch. Doch wenn Alkohol oder Drogen im Spiel seien, passiere eine Eskalation dennoch sehr schnell.

«Viele denken auch, eine Waffe zu tragen, sei cool. So wird es ihnen aus den sozialen Medien, aus Musikvideos vorgelebt.» Auch in Basel begünstigen digitale Inhalte eine Eskalation, heisst es auf Anfrage. «Das Handy kennt dein Alter schliesslich nicht», so der Präsident der Jugendarbeit Basel, Christian Platz.

«Extrem wichtig ist die Frage: Wie verhalte ich mich im Konfliktfall?

Natalie Bühler, Co-Geschäftsleiterin der Offenen Jugendarbeit Zürich (OJA)

Die Kantonspolizei Bern spricht dennoch von einer Randerscheinung unter Teenagern und jungen Erwachsenen. Das betont auch Natalie Bühler in Zürich: «Die meisten Jugendlichen bei uns reden über das Thema, weil es sie beschäftigt, aber nicht, weil sie selbst Waffen bei sich tragen oder gar einsetzen wollen.»

Die Jugendfachstellen pochen daher vor allem auf Dialog. «Extrem wichtig ist die Frage: Wie verhalte ich mich im Konfliktfall?», so Bühler. Teenager müssten lernen, was Deeskalation bedeutet – sicher nicht, ein Messer zu zücken.

Auch Cyrill Jauch betont: «Hört auf das eigene Bauchgefühl und wählt den Notruf, wenn im Ausgang Probleme auftreten.» Man solle sichere, belebte Heimwege auswählen, aber vor allem: «Lasst eure Freunde nicht allein.»

Verwendete Quellen