Dr., Dipl., Prof. und Co.
Wenn es um Titelgeprotze geht, unterscheidet sich die Schweiz stark von Deutschland. Doch was genau hat das mit Kasperli zu tun?
Veröffentlicht am 26. Mai 2023 - 16:47 Uhr
Wenn Sie wissen wollen, wie ein Land so grundsätzlich tickt, müssen Sie sich mit Doktortiteln auskennen. Es gibt da grosse Unterschiede: In Deutschland etwa kann man seinen Doktortitel im Personalausweis eintragen lassen. Der steht dann an dritter Stelle, noch vor dem Geburtsdatum. Echt! So steht es im PAuswG. Im Personalausweisgesetz.
Jeder Polizist merkt also, wenn er den Ausweis verlangt, ob er eine Doktorin oder Otto Normalverbraucher vor sich hat. In der Schweiz gibt es sicherlich auch einige, die das toll fänden. Im Parlament gab es zumindest einen Vorstoss, der verlangte, dass man Titel ins Zivilstandsregister eintragen darf. Er scheiterte vor rund fünf Jahren. Der Bundesrat begründete die Ablehnung mit dem «Ausdruck des verfassungsmässigen Gleichheitsgedankens».
Deutschland und die Schweiz bleiben beim Titelgeprotze also zwei verschiedene Welten. Und das ist ein Problem! Besonders gravierend ist es im Bärnbiet. Dort können deutsche Augen, die an die vielen «Dr» in den Personalausweisen gewöhnt sind, einzelne Mundarttexte nicht lesen: Wenn sie auf einem Mani-Matter-Album den Songtitel «Dr Alpeflug» lesen, denken sie sofort an einen Herrn Alpenflug mit Doktortitel. Auch im Baselbiet gibt es Probleme. Und zwar mit Werbeslogans auf Mundart. Die Baufirma mit dem Reklamespruch «Dr Baufuchs goht ume!» wird einfach nicht verstanden. Viele meinen, damit seien die Hausbesuche des Dr. med. Bauchfuchs gemeint.
Sollten Sie auf Standesbezeichnungen wie Freifrau, Lord oder Gräfin stehen, auf Ehrentitel wie Honorarkonsul oder Ehrenbürgerin oder auf akademische Grade wie lic. phil., Dr. med., Dipl.-Ing., MAS oder B. A., muss Ihnen in der Schweiz eine Visitenkarte reichen. Auch eine Klage bringt nichts. Wenn Sie sich durch die Titelaberkennung im Zivilstandsregister diskriminiert fühlen, wird das Gericht kein Mitleid haben. Das hat Ilonka Sayn-Wittgenstein bereits vergeblich probiert, die sich gern Fürstin Ilonka von Sayn-Wittgenstein nennen würde.
Unser Tipp: Trösten Sie sich mit Kasperli! Und zwar mit der Folge «Es hät en Dieb im Zoo» mit «Dr. Dr. Professor Dr. Heimlifeiss». Wir empfehlen eine Dosis von zehnmal täglich. Das ist für Eltern die Normaldosis, die es auszuhalten gilt. Ich verspreche: Dann geht Ihnen das mit dem Dr. ganz schnell auf die Nerven.