Gleichstellung ist erreicht – sagen junge Männer
Ausbildung, Arbeitsplatz, Familie, Politik: Frauen sind gleichberechtigt, finden Männer. Die Frauen sehen es ganz anders.
Veröffentlicht am 19. Juni 2024 - 08:00 Uhr
In Gleichstellungsfragen öffnet sich auch in der Schweiz eine Kluft zwischen Männern und Frauen. Das ist die zentrale Erkenntnis des dritten Gleichstellungsbarometers im Auftrag der Schweizerischen Konferenz der Gleichstellungsbeauftragten (SKG). Befragt wurden 2500 Personen. Im Fokus stand die Altersgruppe der Generation Z, an der Umfrage nahmen die Jahrgänge 1997 bis 2007 teil.
Männer und Frauen der Gen Z bewerten den Stand der Gleichstellung völlig unterschiedlich. Die Männer sehen Gleichstellung in vielen Lebensbereichen – Ausbildung, Arbeitsplatz, Familie, Politik – als mehrheitlich erreicht.
Frauen sehen dies deutlich kritischer. Beispiel: 66 Prozent der befragten Männer der Gen Z finden, in der Verteilung der Hausarbeit sei Gleichstellung erreicht. Von den Frauen im selben Alter denken nur 43 Prozent dasselbe. Die Frage, ob Lohngleichheit zwischen den Geschlechtern erreicht sei, beantworteten 47 Prozent der Gen-Z-Männer mit Nein. Bei den Frauen sagen 85 Prozent Nein.
Die Kluft zeigt sich auch in Bezug auf den Vaterschaftsurlaub:
Eine Mehrheit spricht sich für eine Erfassung von Femiziden aus:
Stellt sich die Frage: Sind diese Zahlen Ausdruck einer konservativen Wende oder gar eine Art antifeministischer Rückschlag unter jungen Männern?
Die Studienautoren relativieren: Viele Männer der Gen Z hätten noch keine Familie, heisst es im Barometer. Das sei «ein Fakt, der einen grossen Einfluss auf die Wahrnehmung der Geschlechter hat».
Beratungen zeigen: Gleichstellung nicht erreicht
Das bestätigen auch Erfahrungen des Beobachter-Beratungszentrums, wo täglich zahlreiche Anrufe mit Fragen eingehen. «In vielen Lebensbereichen ist Gleichstellung nicht erreicht», sagt Katharina Siegrist vom Fachbereich Arbeits- und Familienrecht.
Die häufigsten Fragen an der Beobachter-Hotline betreffen das Thema Kündigung nach Schwangerschaftsurlaub. Immer wieder komme es vor, dass Frauen während der Abwesenheit oder nach einer Rückkehr an den Arbeitsplatz ihren Job verlieren. Dabei gelten klare Rechte beim Wiedereinstieg in den Beruf.
Es bleibt viel zu tun
Etwas weniger oft, aber dennoch regelmässig, kommen Fragen zur Lohnungleichheit am Arbeitsplatz. Dabei haben Mann und Frau bei gleichwertiger Arbeit Anspruch auf gleichen Lohn. Wer wegen des Geschlechts weniger Lohn erhält, kann eine Lohnerhöhung verlangen – rückwirkend für fünf Jahre. «Allerdings ist es in der Praxis oft schwer nachzuweisen, dass jemand wegen des Geschlechts weniger Lohn erhält», sagt Katharina Siegrist.
Ausserdem passiert es immer wieder, dass Frauen bei Vorstellungsgesprächen die Frage nach einem allfälligen Kinderwunsch gestellt bekommen. Das sei tabu, sagt Katharina Siegrist: «Wenn aufgrund solcher Fragen Nachteile entstehen oder diese gar zu einer Nichteinstellung führen, ist dies gesetzeswidrig.» Wer diese Frage gestellt bekommt, dürfe lügen.
Die Beispiele zeigen: Auch 30 Jahre nach Inkrafttreten des Gleichstellungsgesetzes bleibt viel zu tun. Das Gleichstellungsbarometer wiederum legt nahe, dass junge Männer weniger Handlungsbedarf erkennen als junge Frauen.
Und nicht nur das: Wie das Barometer zeigt, ist die Gen Z in Fragen der Gleichstellung so uneinig wie keine andere Generation in den Befragungen vor ihr. So sind Männer älterer Generationen deutlich kritischer, was die erreichte Gleichstellung angeht. Die Konferenz der Gleichstellungsbeauftragten will das Resultat der Befragung zum Anlass nehmen, über Generationen hinweg noch mehr für Gleichstellung zu arbeiten.
Individualbesteuerung stösst vor allem bei der älteren Generation auf Zustimmung.
Bei Frauen hoch im Kurs: Geschlechterquoten in Führungspositionen.
1 Kommentar
Individualbesteuerung: Es gibt noch viele offene Fragen.
Die Modelle müssen jetzt anhand von Beispielrechnungen konkretisiert werden. Damit die Reform mehrheitsfähig ist, empfiehlt sich das Modell «Mehrfachtarif mit alternativer Steuerberechnung», wozu die Steuerbehörde bei Ehepaaren das Einkommen zunächst gemeinsam veranlagt. Danach erstellt sie eine alternative Berechnung, die sich an eine Besteuerung von Konkubinatspaaren anlehnt. Bezahlt werden müsste jeweils der tiefere Betrag.
Und wer bezahlt bei der Individualbesteuerung die Vermögenssteuern bei Ehepaaren? Könnte man dann Vermögen und Vermögenserträge beliebig zwischen den Ehepartnern hin und her schieben, damit möglichst wenig Steuern geschuldet sind, z. B. via Schenkungen?
Bei der Umsetzung der Individualbesteuerung ist ohne Erhöhung der Steuerprogression mit Einnahmeausfällen zu rechnen. Andererseits wird bei einer Erhöhung der Steuerprogression der Leistungsanreiz gesenkt.
Ehepaare brauchen zwei Steuerformulare pro Jahr. Wird so Bürokratie abgebaut?