Jetzt wirds emojional
Emojis verbreiten sich wie eine ansteckende Krankheit. Immer öfter spielen sie auch vor Gericht eine Rolle. Dann ists vorbei mit 🙂.
Veröffentlicht am 13. Oktober 2023 - 11:15 Uhr
«Die Zahl der Verfahren, in denen Emojis eine Rolle spielen, nimmt zu.»
«Der Bund», 11. September 2023
Es begann mit diesem kleinen Kerl: 🙂. Er tauchte 1963 erstmals auf – in den USA. Der Anlass war nicht ganz so freundlich, wie sein Lächeln vermuten liesse. Eine Versicherung war von der Konkurrenz aufgekauft worden, die Angestellten fürchteten um ihre Jobs, die Stimmung war im Keller.
Die Human-Resources-Abteilung der Firma fand schnell eine Lösung: Einhundert Ansteckbuttons mit einer beschwingten Botschaft sollten an die
Belegschaft verteilt werden. Der Werbegrafiker Harvey Ball bekam den Auftrag, den Stimmungsheber zu gestalten. Und erfand das da: 🙂.
Der Entwurf kostete Harvey Ball nicht einmal zehn Minuten und brachte ihm 45 Dollar ein. Wie viel fröhlicher die Angestellten der Versicherung mit dem Button am Revers waren, ist nicht überliefert.
Aber die Emojis griffen fortan um sich wie eine ansteckende 🤧. Mit dem Aufkommen des 📱 wurden sie zu einer förmlichen Pandemie, und manche Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer bemängeln, dass sie zu einer Verarmung der Sprache führen. Aber wen kümmerts, 🥱.
Emojis bringen jedoch auch klare Vorteile. Profis wissen zum Beispiel längst, dass man enorm viel Zeit spart, wenn man sämtliche Nachrichten mit 👍 beantwortet. Ein 👍 kommt einfach immer 👍.
Alles schön und 👍, aber inzwischen stellen sich juristische Fragen. 2022 kam bereits in 15 Schweizer Gerichtsurteilen das Wort «Emoji» vor. Da kann es zum Beispiel darum gehen, ob 💀 als Drohung gilt. Oder ob ❄️ für Drogen steht.
Irgendwann werden Gerichte hierzulande Fälle entscheiden müssen wie: Wenn ein 🚙-händler einer Kundin per Whatsapp ein 🚙 anbietet und die Kundin mit einem 👍 reagiert: Ist dann bereits ein Kaufvertrag zustande gekommen?
Noch delikater kann die Sache auf dem Wochenmarkt werden. Angenommen, ein Gemüsehändler äussert sich lobend über die 🍑 der Fruchthändlerin gegenüber. Zugleich preist er die Vorzüge seiner 🍆. Wie 😬 ist das dann?
Da harrt eine Reihe diffiziler Fragen einer Antwort. Oder wie man heute sagt: 🤷🏻♀️