So arbeiten Schweizer Universitäten mit Israel zusammen
Propalästinensische Besetzer fordern einen Abbruch der Forschungsbeziehungen zu Israel. Betroffen wären mehrheitlich Austauschstudierende.
Veröffentlicht am 14. Mai 2024 - 17:34 Uhr
Nach Lausanne, Zürich und Genf haben propalästinensische Demonstrierende auch in Basel, Bern und Freiburg Teile der Universitäten besetzt. Sie fordern unter anderem, die Zusammenarbeit mit israelischen Universitäten und Institutionen auszusetzen, bis ein dauerhafter Waffenstillstand erreicht sei.
Eine Umfrage des Beobachters zeigt: Die besetzten Schweizer Universitäten unterhalten eine Reihe von Kooperationen mit Forschungseinrichtungen in Israel. Sie sind teilweise öffentlich einsehbar. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Austauschprogramme für Studierende und Doktoranden sowie um Partnerschaften mit Universitäten im Bereich von Sozialwissenschaften, Rechts- oder Wirtschaftslehre. Aber auch in technischen Disziplinen.
Beispiele der Kooperation
Von der Universität Freiburg, wo eine kleine Besetzung stattfindet, heisst es auf Anfrage des Beobachters, man habe keine institutionelle Forschungszusammenarbeit mit Israel. Doch die Uni unterhalte zwei Forschungskooperationen mit der Hebrew University of Jerusalem: Eine betreffe ein Projekt in Pflanzenbiologie, die andere untersuche «Verbindungen zwischen Hören und Sehen», sagt Sprecherin Farida Khali.
«Wir wollen nicht Teil einer Institution sein, deren Partner die Besatzungsmacht Israel unterstützt.»
Andreas, ein Sprecher der Basler Studierendenbewegung
Die Universität Basel kooperiert wie Freiburg mit der Hebrew University of Jerusalem sowie mit der Uni in Tel Aviv. Auch hier handle es sich in erster Linie um Austauschprogramme für Studierende, sagt Sprecher Matthias Geering. Ein laufendes Projekt der Gesellschaftswissenschaften befasst sich mit «auseinanderklaffenden Realitäten» in der besetzten Westbank zwischen 1993 und 2021.
Eine ganze Reihe von Kooperationen unterhält die Eidgenössische Technische Hochschule Lausanne (EPFL). Sie umfasst unter anderem Beziehungen zum Tel Aviv Medical Center oder dem Israel Institute of Technology. Dabei handle es sich meist um europäische Projekte, «an denen einige Vertreter der EPFL und israelischer Universitäten, aber auch viele andere Teilnehmer aus anderen Ländern beteiligt sind», sagt Sprecher Emmanuel Barraud.
Was haben die Boykottforderungen vor dem Hintergrund dieser Verbindungen zu bedeuten?
Abbruch der Kooperation kein Thema
Die Forderung der propalästinensischen Uni-Besetzung ziele gar nicht so sehr auf einzelne Forschungsprojekte, sagt Andreas, ein Sprecher der Basler Studierendenbewegung, der beim Beobachter nur mit Vornamen auftauchen möchte. «Israel gleicht insgesamt einem Apartheidstaat, dessen Forschungsstätten teilweise mit dem Militär kooperieren. Das kritisieren wir. Wir wollen nicht Teil einer Institution sein, deren Partner die Besatzungsmacht Israel unterstützt.»
Matthias Geering, Sprecher der Uni Basel, hält diese Forderung für zu pauschal. Man sei zwar bereit zu überprüfen, ob die Universität Basel wirklich alle Beziehungen mit israelischen Institutionen erfasst habe. Ein Abbruch der Kooperationen stehe jedoch ausser Frage. «Die akademische Forschung lebt nur durch den Austausch verschiedener Perspektiven – unabhängig von der Nationalität der Forschenden. Dazu stehen wir, das wollen wir verteidigen.»
Bisher kaum Forderungen an die Politik
Die israelkritischen Studierendenproteste geschehen im Windschatten ähnlicher Aktionen in den USA. Auch dort fordern Besetzer Boykotte. Zusätzlich wollen sie Druck auf die aussenpolitische Haltung des Präsidenten Joe Biden, der Israel unterstützt, ausüben. Solche Forderungen an die Politik und über den Einflussbereich der Unis hinaus waren in der Schweiz bislang kaum zu hören.
Die Universitäten in Basel und Bern stellen den Besetzern ein Ultimatum. Die Universität Genf liess den Campus am Dienstagmorgen räumen. Auch die ETH Zürich duldete keinen Protest. Über 100 Forscherinnen und Dozenten der Uni Bern fordern derweil in einem offenen Brief, den Studierenden mit Dialog zu begegnen.
1 Kommentar
Hier spielt man ja mit dem eigenen Leben wenn man die eigene Meinung äussert