Zwischen 506 und 1427 Franken: So viel habe die Autohilfe 24 von Falschparkierern verlangt, wenn sie das Auto abgeschleppt hat.

Das sei gewerbsmässiger Wucher, und der Geschäftsführer solle mit einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten bestraft werden. So die Anklage des Staatsanwalts, die letzte Woche vor dem Bezirksgericht Bülach verhandelt wurde.

Es geht um zwei Dutzend Fälle im Raum Zürich, zwischen 2016 und 2020. Über die Hälfte der Autofahrerinnen und Autofahrer hatte die Rechnung nicht bezahlt. Der Richter sprach den Beschuldigten frei.

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Autofahrer könnten etwa in eine Zwangslage geraten, wenn man ihnen ihr Fahrzeug nicht mehr zurückgibt.

Wegen Wuchers strafbar macht sich, wer die Zwangslage einer Person ausbeutet, indem er sich ein Entgelt versprechen lässt, das zu seiner Leistung in einem offensichtlichen Missverhältnis steht.

Autofahrer könnten etwa in eine Zwangslage geraten, wenn man ihnen ihr Fahrzeug nicht mehr zurückgibt. Doch das war hier nicht der Fall: Sie konnten ihr Auto gleich wiederhaben, die Abschleppfirma hielt es nicht zurück. Der Entscheid ist noch nicht rechtskräftig.

Wann machen sich Abschleppdienste strafbar?

Klassischerweise dann, wenn sie das Auto so lange nicht herausgeben, bis der Eigentümer Hunderte von Franken zahlt. Das ist strafbare Nötigung. Und könnte auch Wucher sein – je nach Höhe der Forderung.

Betroffene können die Polizei rufen. Keine Straftat liegt in der Regel vor, wenn der Autofahrer den Wagen zurückbekommt und später per Rechnung bezahlen kann – so kann er ohne Druck entscheiden, ob er zahlt oder nicht.

Ob Falschparkierer aber tatsächlich etwas schulden oder nicht, hat nichts mit dem Strafrecht zu tun – sondern mit dem Privatrecht.

Wann müssen Falschparkierer zahlen?

Zahlen muss in erster Linie die Person, die den Abschleppdienst gerufen hat: die Parkplatzinhaberin. Sie kann das Geld dann als Schadenersatz vom Falschparkierer verlangen.

Wenn der nicht freiwillig zahlt, muss sie aber rechtliche Schritte einleiten: betreiben und dann vor Gericht gehen, falls der Autofahrer Rechtsvorschlag erhebt.

Die Richterinnen und Richter prüfen dann, ob es recht- und verhältnismässig war, das Auto abschleppen zu lassen. Wenn ja, muss der Autofahrer zahlen.

Wann ist es rechtmässig, ein Auto abzuschleppen?

Darüber sind sich die Juristinnen und Juristen nicht einig. Darum schön der Reihe nach. Es geht um Parkplätze auf Privatgrund – dort ist die Polizei nicht zuständig. Das sind etwa Parkplätze vor einer privaten Liegenschaft, einem Einkaufszentrum oder einem Restaurant.

Wer sie besitzt oder mietet, darf selbst bestimmen, wann und unter welchen Voraussetzungen parkiert werden darf. Etwa dass die Stellplätze Kunden vorbehalten sind. Bis hierhin sind sich alle einig. Aber was, wenn ein Unberechtigter sein Auto hinstellt?

Die einen Juristen sagen, dass falsch parkierte Autos sofort abgeschleppt werden dürfen, auch wenn sie nicht stören. Sie stützen sich auf den sogenannten Besitzesschutz.

Nach der Meinung des Beobachters muss das Abschleppen aber verhältnismässig sein. Das ist nur dann erfüllt, wenn die Parkplatzinhaberin den Autobesitzer mit angemessenem Aufwand nicht finden kann und sie den Parkplatz dringend braucht.

Wie viel müssen Autofahrer zahlen?

Selbst wenn ein Gericht entscheidet, dass der Parkplatzinhaber zu Recht abschleppen liess: Überhöhte Tarife sind nicht geschuldet.

So hat das Zürcher Obergericht 2016 entschieden, dass 675 Franken für das Abschleppen eines Töffs überrissen sind und nicht gezahlt werden müssen.

Was heisst das jetzt für die Rechnung über 1427 Franken?

Ob die jemand bezahlt hat, ist nicht bekannt. Fest steht aber: Nur weil das kein Wucher und damit nicht strafbar ist, heisst es noch lange nicht, dass so viel Geld geschuldet ist. Denn dafür müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein.

Erstens: Das Abschleppen war rechtmässig – dazu muss der Inhaber seinen Parkplatz dringend selbst benötigt haben. Zweitens darf der Betrag nicht überrissen sein.

Doch 1427 Franken würde wahrscheinlich jede Richterin in einem Zivilverfahren als überrissen einordnen und herabsetzen. Schliesslich hat der Staatsanwalt festgestellt, dass andere Firmen nur zwischen 450 und 480 Franken verrechnen.

Quellen