Die Gemeindeversammlung von Studen BE war sich einig. Mit 100 zu 2 Stimmen hat sie am 10. Juni 2024 ein neues Polizeireglement verabschiedet. An sich unspektakulär – wenn da der Passus «Jugendschutz» nicht wäre. Der verlangt, dass unter 14-Jährige zwischen 22 und 6 Uhr zu Hause bleiben müssen. Es sei denn, sie wären auf dem Heimweg von einer für Kinder zugelassenen Veranstaltung.

Darf eine Gemeinde überhaupt so weit gehen und über die Bewegungsfreiheit der Kinder bestimmen?

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Ein wichtiges Grundrecht

Eine Ausgangssperre tangiert die Versammlungsfreiheit – ein wichtiges Grundrecht, das in der Bundesverfassung verankert ist. Es darf nur unter bestimmten Voraussetzungen eingeschränkt werden; wenn ein öffentliches Interesse dafür besteht (wie etwa der Jugendschutz) und der Eingriff verhältnismässig ist. Das heisst, dass es keine milderen Massnahmen gibt.  

In einem vergleichbaren Fall pfiff das Verwaltungsgericht die Zürcher Gemeinde Dänikon zurück. Sie hatte 2008 ein nächtliches Ausgangsverbot für schulpflichtige Jugendliche beschlossen und das damit begründet, dass man Vandalenakte verhindern und die Nachtruhe schützen wolle.

Unbescholtene werden bestraft, sagt das Gericht

Das Zürcher Verwaltungsgericht hatte dafür kein Gehör. Vandalenakte könnten auch vor 22 Uhr verübt und die Nachtruhe nicht nur von Jugendlichen gestört werden. Zudem würde das Ausgangsverbot auch unbescholtene Jugendliche bestrafen. Das Gericht hiess eine Beschwerde gegen das Ausgangsverbot gut.

Andere Gemeinden waren vom Urteil offensichtlich nicht abgeschreckt. Auch der Aargauer Bezirk Zurzach oder die Gemeinde Kehrsatz BE wollten danach ihre Jugendlichen nachts nicht mehr auf die Strassen lassen. Cédric Wermuth, heutiger Co-Präsident der SP, fragte darum 2013 den Bundesrat an, was er zu den nächtlichen Ausgangssperren meine.

Der Bundesrat zeigte zwar Verständnis, wenn Gemeinden zu Verboten greifen. Er machte aber klar, dass nur die Kantone über solche Regelungen entscheiden können – und er sich darum nicht zur Rechtmässigkeit von kantonalen und kommunalen Regeln äussern könne. Das müssten die Gerichte beurteilen.

Ob die Polizeiverordnung von Studen BE rechtens ist, wird also letztlich ein Gericht entscheiden müssen. Sofern denn jemand klagt.