Alles begann mit einem Basler Kiffer. Die Polizei erwischte ihn mit 0,5 Gramm Marihuana und 0,1 Gramm Haschisch und meldete ihn der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt, welche ein Verfahren eröffnete. Kurze Zeit später wurde dieses zwar eingestellt, dennoch wurden dem Basler rund 300 Franken für Verfahrenskosten und –gebühr auferlegt. Weil er das nicht akzeptieren wollte, zog er den Fall bis ans Bundesgericht. Dieses verhandelte nicht nur über die Gebühren, sondern fällte auch einen Grundsatzentscheid in Sachen Cannabis. Es hielt fest, dass der reine Besitz von kleinen Mengen nicht bestraft werden könne und verwies auf das Betäubungsmittelgesetz:

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«Wer nur eine geringfügige Menge eines Betäubungsmittels für den eigenen Konsum vorbereitet [...] ist nicht strafbar. 10 Gramm eines Betäubungsmittels des Wirkungstyps Cannabis gelten als geringfügige Menge.» (Art. 19b)

«Der Bundesgerichtsentscheid kam überraschend – Ämter müssen ihn und die eigene Praxis nun zuerst prüfen», weiss Beobachter-Experte Daniel Leiser. Die Stadtrichterämter in Zürich und Winterthur reagierten besonders schnell und entschieden, in dieser Sache keine Verfahren mehr zu eröffnen.

Verwirrung bei der Umsetzung

Die Stadtpolizei Zürich hingegen gab am Mittwoch bekannt, vorerst an der alten Praxis festzuhalten. Die Kantonspolizei entschied am nächsten Tag allerdings anders: Im Kanton Zürich werden sowohl die Verzeigungspraxis als auch das Verteilen von Ordnungsbussen eingestellt.

Bei der Auslegung des Gesetzes in Bezug auf Cannabis gibt es kantonal noch grosse Unterschiede. Viele Staatsanwaltschaften haben angekündigt, ihre Praxis zu prüfen. Andere haben sich bereits festgelegt. So bestätigt die Staatsanwaltschaft St. Gallen gegenüber FM1today, bei der bisherigen Praxis zu bleiben: Bussen werden auch beim blossen Besitz verhängt. Schliesslich könne man davon ausgehen, dass das Cannabis entweder konsumiert oder verkauft werde – beides ist illegal. Wer die Busse nicht bezahlt, dürfe dem Gericht dann erklären, aus welchen Gründen man Cannabis bei sich trage. Daniel Leiser findet das fragwürdig: «Was den Besitz von Cannabis angeht, äussert sich das Bundesgericht sehr klar – daran haben sich die Gerichte zu halten. St. Gallen verkennt das.»

Aus juristischer Sicht macht die Unterscheidung zwischen Besitz und Konsum durchaus Sinn. Die Absicht zur Tat und deren Vorbereitung sind nur in den wenigsten Fällen strafbar. Zu einer Verurteilung kommt es erst, wenn das Gericht nachweisen kann, dass ein Tatbestand erfüllt ist. «Cannabis gilt zwar als illegale Substanz, gleichzeitig ist klar, dass es in der Realität weit verbreitet ist. Das akzeptiert das Gericht mit dem Entscheid gewissermassen», erklärt Daniel Leiser. Ausserdem müsse der bürokratische Aufwand verhältnismässig bleiben – «es kann nicht bei jedem Cannabisfund ein Verfahren eröffnet werden».

«Das Bundesgericht macht halbe Sachen»

Mit dem Bundesgerichtsentscheid ist der Besitz von Cannabis nun eindeutig geregelt. Auslegespielraum bleibt aber bei der Frage, ob Behörden Cannabis konfiszieren dürfen. Das kritisiert der Beobachter-Experte: «Das Bundesgericht macht halbe Sachen! Man hätte ja davon ausgehen können, dass diese Frage auf das Urteil folgt.» Mache es wirklich Sinn macht, Cannabis einzuziehen, wenn man dem Besitzer nichts anlasten könne? Dadurch entstehe ein grosser Aufwand, wobei unklar bleibe, wer die Verfahrenskosten trage.