Die Erleichterung stand Lorenzo Schmid ins Gesicht geschrieben, als er den Gerichtssaal verliess. Er habe mit allem gerechnet, sagte der Verwaltungsratspräsident der Arosa-Bergbahnen zum Beobachter. «Auf hoher See und vor Gericht ist man in Gottes Hand.» Kurz zuvor hatte ein dreiköpfiges Gericht ihn und den Bergbahndirektor vollumfänglich freigesprochen.

Erleichtert über seinen Freispruch: Lorenzo Schmid, seit 1992 VR-Präsident der Arosa Bergbahnen AG; Wert bis zu 550 Franken Kein Gratis-Skiabo mehr für Politiker, aber… Jahrzehntelang verschenkten die Arosa Bergbahnen Gratis-Skiabos an Politiker. Ein Gericht spricht nun die Verantwortlichen frei – das stösst auf Kritik.

Erleichtert über seinen Freispruch: Lorenzo Schmid, seit 1993 VR-Präsident der Arosa-Bergbahnen AG

Quelle: Nina Hardegger-Mattli/PD/Arosa Bergbahnen AG
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Im Frühling 2021 hatte die Zeitung «Südostschweiz» publik gemacht, dass die Arosa-Bergbahnen lokalen Politikern einen Gratis-Skipass für den nächsten Winter offerierten. Wert: bis zu 550 Franken.

Anklage wegen Skiabo-Affäre: Eine Perversion?

Nach Ermittlungen erhob die Bündner Staatsanwaltschaft letztes Jahr Anklage wegen «mehrfacher Vorteilsgewährung». Die Bergbahnen hätten Amtsträgern der Gemeinde Arosa und der Stadt Chur im Hinblick auf ihre Amtsführung Geschenke angeboten. 57 Namen fungierten auf einer Liste der Staatsanwaltschaft für die Jahre 2014 bis 2022. Die Anklageschrift liess allerdings offen, wer ein Geschenk angenommen hatte.

Vor dem Regionalgericht in Landquart wiesen die beiden Bergbahnvertreter die Vorwürfe zurück. Hier gehe es um eine «jahrzehntelange Tradition». Seit 50 Jahren offerierten die Bergbahnen solche Abos. Niemand habe das je kritisiert. Im Gegenteil, sogar die Polizei habe sich Skipässe schenken lassen.

Der Verteidiger sprach sogar von einer strafrechtlichen und medialen Kampagne. Die Anklage sei «ein perverses Produkt des heutigen Zeitgeistes» und des «Gutmenschentums».

Solche Geschenke sind problematisch

«Auch Traditionen müssen hinterfragt und gegebenenfalls aufgegeben werden», konterte Staatsanwältin Pascale Schlosser. Es sei höchst unwahrscheinlich, dass der Verwaltungsratspräsident und der Bergbahndirektor sich des Problems nicht bewusst gewesen seien. Die Staatsanwältin zitierte aus einem Kodex der Bergbahnen von 2014. Dort hätten die Bergbahnen festgehalten, dass für Mitarbeitende nur Geschenke bis 100 Franken erlaubt seien.

Der Umgang mit Geschenken unterliege dem Wandel der Zeit, erklärte Gerichtspräsident Stefan Lechmann bei der Urteilsverkündung. Skiabos im Wert von 350 bis 550 Franken seien heute als Geschenk nicht mehr akzeptabel. «Sie gehen selbst davon aus, dass alles über 100 Franken den Rahmen sprengt.» Es sei ein Fehler gewesen, dass die Bergbahnen ihre Praxis nicht hinterfragt hätten. «Das müssen wir ihnen als Fahrlässigkeit ankreiden.»

Keine Hintergedanken beim Schenken?

Doch trotz dieser Kritik sprach das dreiköpfige Gericht die Bergbahnvertreter frei. Es fehle der Beweis, dass die Verantwortlichen bewusst in Kauf nahmen, dass sie mit solchen Geschenken Amtsträger beeinflussen könnten. Für eine Verurteilung müsse zumindest dieser sogenannte Eventualvorsatz gegeben sein, Fahrlässigkeit allein reiche nicht.

Kritisch zum Urteil äussert sich auf Anfrage des Beobachters Katja Gloor, Geschäftsführerin ad interim von Transparency International Schweiz: «Unwissenheit schützt bekanntermassen nicht vor Strafe.» Es sei längstens bekannt, dass Vorteilsgewährung und Korruption strafrechtlich anders bewertet würden als früher. Der Bündner Entscheid sei eine verpasste Chance, die konsequente Durchsetzung von Korruptionsbestimmungen in der Schweiz zu stärken.

Die Staatsanwältin liess nach der Verhandlung offen, ob sie das Urteil an das Kantonsgericht weiterzieht. Mit den Gratis-Skipässen dürfte trotzdem Schluss sein. Denn künftig können sich die Arosa-Bergbahnen nicht mehr auf Unwissenheit berufen.