«Nicht für unsere jüdischen Brüder» – warum das nicht geht
Eine Bergstation in Davos verleiht keine Sportgeräte an Personen jüdischen Glaubens. Beobachter-Expertin Julia Gubler erklärt, warum das juristisch nicht haltbar ist.
Veröffentlicht am 12. Februar 2024 - 17:40 Uhr
«Keine Sportgeräte mehr für unsere jüdischen Brüder», steht auf einem Aushang der Bergstation Pischa in Davos. Auf Hebräisch. Keine Schlitten, keine Skier, keine Schneeschuhe würden mehr an sie ausgeliehen. Der Grund? «Verschiedene sehr ärgerliche Vorfälle», heisst es im Schreiben. Es gebe jüdische Gäste, die Schlitten auf der Piste stehen lassen würden und den Rettungsdienst alarmierten, obwohl sie nicht verletzt seien, erklärte das Bergrestaurant Pischa gegenüber dem «Tages-Anzeiger».
Wenn sich gewisse Touristengruppen nicht an minimalste Anstandsregeln im Gastland halten wollten, sei das ihr Problem, so die Verantwortlichen des Bergrestaurants. Den Aushang publik gemacht und übersetzt hat Jehuda Spielman, jüdischer Zürcher FDP-Gemeinderat, auf der Plattform X.
Wegen individueller Vorfälle einer ganzen Religionsgruppe die Ausleihe verweigern – darf man das? «Nein», sagt Beobachter-Expertin Julia Gubler.
«Rechtlich höchst problematisch»
«Das Verhalten dieses Verleihs ist nicht nur ethisch, sondern auch rechtlich höchst problematisch», sagt Gubler. Betroffene können eine Persönlichkeitsverletzung geltend machen und vor Gericht verlangen, dass der Verleih den Zettel wieder abnimmt und alle gleichbehandelt.
Und: «Wer Leuten seine öffentlich angebotene Leistung verweigert, nur weil sie einen bestimmten Glauben haben, macht sich wegen Diskriminierung strafbar», sagt Julia Gubler. Es handle sich dabei um ein Offizialdelikt – die Polizei oder die Staatsanwaltschaft müssen von sich aus tätig werden, sobald sie davon erfahren.
Es könne auch jede Person Strafanzeige einreichen. Die Kantonspolizei Graubünden hat laut «Tages-Anzeiger» Ermittlungen aufgenommen, und der Schweizerische Israelitische Gemeindebund will Anzeige einreichen. Der verantwortlichen Person droht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.
Angespannte Beziehung
Der Ferienort Davos ist bei jüdisch-orthodoxen Personen beliebt. «Der Ort ist kinderfreundlich, es gibt Synagogen und koscheres Essen», sagte Jehuda Spielman im Sommer gegenüber SRF. Doch die Liebe scheint nicht gegenseitig zu sein. Damals beklagte sich Tourismus-Chef Reto Branschi über das Benehmen der strenggläubigen Juden. Doch er stellte im Nachgang klar, er habe nie den Eindruck erwecken wollen, dass man die ganze jüdische Gemeinschaft «in einen Topf wirft».
Branschi distanziert sich vom Aushang an der Bergstation Pischa. «Das Schreiben kann die Gefühle der jüdischen Gästegruppe verletzen.» Das gehe nicht. Und er stellt klar: «Es steht nicht für die Haltung des Ferienortes Davos.» Davos Klosters und die Dienstleistungen stünden allen Gästen offen. Er selbst sei mit der Bergstation in Kontakt.
Die Betreiber der Bergstation Pischa haben gegenüber dem Beobachter nicht Stellung genommen.
1 Kommentar
... ja finde ich auch doof.... ABER::: wenn Fahrzeugversicherungen einen Balkan.Vorbehalt in den Policen reinschreibt und höhere Prämien verlang...wo bleibt da die E
mpörung?