Wie Schweizer Firmen die Sanktionen umgehen
Der Handel mit russischem Öl verlagert sich von Genf nach Dubai. Sanktionen können so auch von Schweizer Unternehmen umgangen werden. Das kritisiert die NGO Public Eye scharf.
Veröffentlicht am 23. November 2023 - 13:20 Uhr
Die Schweiz ist nicht mehr die wichtigste Drehscheibe für den internationalen Ölhandel. Dubai hat Genf abgelöst. Dies zeigt eine Untersuchung der NGO Public Eye, die russische Zolldaten analysiert hat. In Dubai registrierte Unternehmen exportierten zwischen Januar und Juli 2023 mehr als die Hälfte des Rohöls von den vier wichtigsten russischen Häfen. Schweizer Firmen lediglich 5 Prozent.
Bis Februar 2022 wurden nach Schätzungen von Public Eye noch 50 bis 60 Prozent des russischen Rohöls von der Schweiz aus gehandelt, hauptsächlich über Genf. Im Juni 2022 hat die Schweiz Sanktionen über Russland verhängt und per Dezember 2022 einen Preisdeckel von 60 US-Dollar für ein Barrel Rohöl festgelegt. Ein Barrel entspricht 159 Litern und ist die gebräuchliche Einheit für Rohöl. Die Vereinigten Arabischen Emirate haben diese Sanktionen nicht übernommen. Deshalb haben mehrere Unternehmen, die bisher von Genf aus operierten, ihre Präsenz in der Hauptstadt der Emirate verstärkt oder dort eine neue Gesellschaft gegründet.
Für die Durchsetzung von Sanktionen ist das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) zuständig. Es erklärt, dass rechtlich selbständige ausländische Tochtergesellschaften von Schweizer Unternehmen grundsätzlich nicht der Schweizer Gesetzgebung und damit auch nicht den Sanktionsmassnahmen des Bundesrats unterliegen.
Die Schweizer Tochterfirmen agieren in einer Grauzone
Gerade das kritisiert Public Eye. «Ab wann eine Tochterfirma rechtlich selbständig agiert, ist nicht definiert. Diese Unklarheit schafft eine Grauzone», sagt Mediensprecher Oliver Classen.
Anders im europäischen Ausland. EU-Bürgerinnen oder Tochterfirmen von Unternehmen mit Sitz in der EU müssten sich auch an die Sanktionen halten, wenn sie sich nicht in der EU befinden. «Schweizer Staatsangehörige, die in Dubai arbeiten, können sich hingegen um die Schweizer Gesetzgebung foutieren», sagt Classen. «Das nagt an der politischen Glaubwürdigkeit der Schweiz.»
Dadurch würden auch die westlichen Sanktionen gegen Russland geschwächt. Russland könne sie faktisch einfach via Dubai umgehen – möglicherweise mit Schweizer Beihilfe. «Aber an der Attraktivität der Schweiz für den Rohstoffhandel ändert das nichts», sagt Classen. Nur ein Teilgeschäft werde ausgelagert. Genf als internationale Drehscheibe für den Rohstoffhandel bleibe stabil.
Public Eye fordert, dass das Seco diese Spielräume im Sanktionsregime schnellstmöglich klärt. Auch die Politik erkennt zunehmend, dass die Schweiz ein Problem hat. Die aussenpolitische Kommission des Nationalrats forderte im Juni in einem Postulat, dass der Bundesrat analysiert, «inwieweit die Sanktionen gegen Russland im Rohstoffsektor derzeit eingehalten werden und wo noch Mängel bestehen». Der Bericht steht noch aus.
3 Kommentare
Die schwachsinnigen Geschichten mit den Embargos wiederholen sich seit Jahrzehnten immer wieder. Nur weil sich zwei Zankäpfel (Ukraine und Russland), die bis aufs Knochenmark korrupt sind, soll nun die ganze Weltbevölkerung in Mitleidenschaft gezogen werden? Auch wenn ich kein grosser Fan vom vormaligen US-Präsidenten Donald Trump bin, aber wo er Recht hatte, hat er Recht. Es kann doch nicht sein, dass die USA als NATO-Mitglied Westeuropa mit einem Schutzwall gegen den Osten kräftig mitfinanziert, handkehrum die EU frischfröhlich weiterhin Gas aus Russland bezieht! Es kann doch nicht sein, dass infolge des in der Schweiz zu Recht oder Unrecht herrschenden Kriegsmaterialgesetzes, Waffen- und Munitionslieferungen schweizerischer Herkunft von westlichen Staaten für die Ukraine gefordert werden, handkehrum sich schweizerische Firmen in embargofreien Ländern niederlassen können, um mit Embargo-Öl embargofrei «Kohle» zu machen! Es kann doch nicht sein, dass von den Westmächten geforderten wurde, das schweizerischen Bankgeheimnis aus der Welt zu schaffen, Länder derselben Mächte aber in gewissen Zonen (z.B. US-Bundesstaat Delaware) deren Bankgeheinisse frischfröhlich weiterhin billigen oder gar fördern. Irgendwie bin ich zu alt, um all diesen Schwachsinn zu verstehen. :-(
Offensichtlich, Herr Turolla, fehlt Ihnen wirklich jegliches Verständnis für die Gefahren, die die russische Kriegsführung für und alle verursachen, sonst würden Sie keinen derart kruden Kommentar von sich geben! In Ihrem Fall gilt offensichtlich, dass es besser ist zu schweigen, statt mit vielen Worten eine geradezu unglaubliche Ignoranz zu offenbaren!
Noch herrscht in Demokratien zwingend die Meinungsäusserungsfreiheit. Bitte unterstützen und fordern Sie kein Zensurgehabe, auch wenn es in den Mainst(r)eam-Medien immer mehr in Mode kommt. Wo Schweigen herrscht oder gefordert wird, herrscht auch Krieg, ganz besonders wenn andere Meinungen nicht mehr erlaubt sein sollen.