Sowohl die Kostenbremse-Initiative als auch die Prämienentlastungs-Initiative der SP sind an der Urne gescheitert. Das Nein zur Kostenbremse kommt wenig überraschend. Zu schlecht waren schon im Vorfeld die Umfragewerte der – vielleicht allzu schnell gestrickten – Vorlage.

Die Chancen der SP-Initiative dagegen schienen bis zuletzt intakt. Doch auch diese Vorlage schickte der Souverän überraschend deutlich bachab, wobei die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger der Deutschschweiz den Ausschlag gaben. 

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Die schwache Bremse wird nicht greifen

Der Kostenanstieg im Gesundheitswesen geht also vorderhand weiter. Zwar tritt mit dem Nein zur Kostenbremse der Gegenvorschlag des Bundesrats in Kraft – sofern nicht das Referendum ergriffen wird. Der Gegenvorschlag beinhaltet die Möglichkeit, ein Kostenziel in der Grundversicherung zu bestimmen.

Wenn das Ziel nicht erreicht wird, können Bundesrat und Kantonsregierungen gegensteuern. Das wird aber kaum grosse Einsparungen bringen. Wahrscheinlicher ist, dass die Sparziele im politischen Klein-Klein durch die Verwaltung und Lobbyisten zunichtegemacht werden.

Auch bei der Prämienentlastungsinitiative kommt nun der Gegenvorschlag zum Zug. Er verpflichtet die Kantone, einen Mindestbetrag für die Prämienverbilligung aufzuwenden, der 3,5 bis 7,5 Prozent der OKP-Kosten entspricht. Mit dem Gegenvorschlag werden die Prämien zusätzlich um mindestens 360 Millionen Franken verbilligt. Zum Vergleich: Bei der Initiative ging der Bund von Kosten in der Höhe von 3,5 bis 5 Milliarden Franken aus. 

Doppelt gestraft: Wenig Einkommen, hohe Prämien

Das Nachsehen bei der Blockade im Gesundheitswesen haben gering verdienende Familienhaushalte in Regionen mit hohen Prämien. Sie leiden am stärksten unter der zunehmenden Prämienlast.

Aber auch die Budgets von mittelständischen Familien geraten unter Druck. Das Vergleichsportal Comparis geht für 2025 von einem weiteren Prämienanstieg von sechs Prozent aus.

Die Angstkampagne hat gewirkt

Freuen können sich die medizinischen Leistungserbringer, allen voran die Verbindung Schweizer Ärztinnen und Ärzte FMH und der Spitalverband H Plus. Ihre Geldtöpfe bleiben unangetastet.

Die Angstkampagne des Nein-Komitees zur Kostenbremse-Initiative hat Wirkung gezeigt. Das emotionale Bildsujet – ein Mädchen mit schmerzverzerrtem Gesicht im Bett – und die Frage «Kranke warten lassen?» in rot unterlegten Lettern verdrängten nüchterne Argumente. Etwa jenes des Preisüberwachers Stefan Meierhans, wonach es im Gesundheitswesen ein Sparpotenzial von knapp 20 Prozent gibt – ohne Leistungseinbusse.

Meierhans hatte sich diese Zahl nicht aus den Fingern gesaugt, sondern zitierte hochoffiziell aus einem Bericht, der im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit erstellt wurde.

Mächtige Profiteure der Gesundheitsindustrie

Gefragt sind jetzt in erster Linie jene Parlamentarierinnen und Parlamentarier, die sich für die Interessen der Prämien- und Steuerzahlerinnen und -zahler einsetzen. Leider sind es viel zu wenige. Gegen die Macht der Profiteure der Gesundheitsindustrie kommen sie kaum an.

Das Parlament hat schon bald die Chance, zu zeigen, auf welcher Seite es steht. Es geht um einen Vorstoss von Damian Müller. Der Luzerner Ständerat möchte die Spitaltarife gesetzlich an die Teuerung binden. Und zwar, bevor klar ist, wie hoch die Teuerung jeweils sein wird. Selten tritt Lobbyismus so offen zutage.

Die Kostensteigerungen zulasten der Grundversicherung würden automatisiert, die Anreize für die Spitäler, effizienter zu arbeiten, minimiert. Der Beobachter wird die Debatte aufmerksam verfolgen – und die Konsequenzen aufzeigen, die es hat, wenn Politiker und Politikerinnen nicht die Bevölkerung, sondern die Gesundheitsbranche vertreten.