Höchster Anstieg bei Neumieten seit über 30 Jahren
Wenn neue Mieterinnen und Mieter einziehen, wird oft die Miete stark erhöht. Die Tipps des Beobachters, wie man dagegen vorgeht.
Veröffentlicht am 5. September 2024 - 11:48 Uhr
Fast 1000 Franken – das ist nicht etwa der Mietzins der Zweizimmerwohnung. Nein, das ist nur der horrende Aufpreis, den die neue Mieterin zahlen muss, wie die Onlineplattform Tsüri.ch berichtete.
Ihre Vorgängerin zahlte monatlich noch 1300 Franken für die schöne, aber keineswegs luxuriöse Wohnung an einem Verkehrsknotenpunkt mitten in Zürich. Nun prangen 2205 Franken im neuen Mietvertrag.
Der jüngste Immobilienbericht der Bank Raiffeisen verdeutlicht, dass dies wohl kein Einzelfall ist: Bei neu ausgeschriebenen Mietwohnungen lagen die Angebotsmieten im zweiten Quartal dieses Jahres um 6,4 Prozent höher als noch im Vorjahresquartal. Das ist der höchste Anstieg seit über 30 Jahren, wie die «Luzerner Zeitung» schreibt.
In einigen Kantonen müssen Vermieter die Vormiete offenlegen.
Vom fetten Aufschlag hat die Zürcher Mieterin übrigens erfahren, weil in ihrem Kanton – wie in einigen anderen auch – die Vermieter offenlegen müssen, wie hoch die Vormiete war.
Und was sagt die Eigentümerin, eine grosse Immobilienfirma, zu den fast 70 Prozent, die sie mehr verlangt?
Sie habe die Wohnung renoviert und modernisiert. Und habe noch weitere bauliche Massnahmen geplant. Zudem entspreche der Mietzins den marktüblichen Konditionen.
Vermieterinnen müssen bei der Schlichtungsbehörde nachweisen, dass der Mietzins nach einer erheblichen Erhöhung nicht missbräuchlich ist.
Aber darf sie deshalb wirklich mehr Miete verlangen? Um diese Frage zu beantworten, ist eine komplizierte Berechnung notwendig.
Die Beweisführung liegt beim Vermieter
Doch keine Sorge; Mieterinnen können sich diese mathematische Formel sparen. Für Vermieterinnen hingegen gilt das Gegenteil: Sie müssen bei der Schlichtungsbehörde nachweisen, dass der Mietzins nach einer erheblichen Erhöhung nicht missbräuchlich ist. Sprich, dass sie keinen überrissenen Ertrag erzielen.
Zahlen stehen aber keine im Gesetz, und die Berechnung ist kompliziert. Sie hängt auch davon ab, wie alt eine Liegenschaft ist.
Als Bewohnerin muss man schnell reagieren.
Um die Vermieter in die Pflicht zu nehmen, den Mietzins zu rechtfertigen, müssen Bewohner vor allem eines tun: das Verfahren in Gang bringen, und zwar innert 30 Tagen. Der Beobachter erklärt, was Sie dabei beachten müssen:
Die Frist beginnt am Tag, nachdem Sie die Wohnung übernommen haben, also den Schlüssel bekommen haben. Und nicht etwa dann, wenn man den Mietvertrag unterschreibt oder ab Vertragsbeginn.
Um den Anfangsmietzins anzufechten, muss man ein entsprechendes Gesuch bei der Schlichtungsstelle vor Ort einreichen. Und glaubhaft machen, dass eine der folgenden Bedingungen zutrifft:
- Wenn Wohnungsnot herrscht, also weniger als 1,5 Prozent der Wohnungen leer stehen.
- Wenn sich die Mieterin in einer persönlichen oder familiären Notlage befindet.
- Wenn der Mietzins um deutlich mehr als 10 Prozent erhöht wurde.
Auch wenn es unangenehm ist, am Anfang eines neuen Vertragsverhältnisses zur Schlichtungsbehörde zu rennen – es ist eine der wenigen Gelegenheiten, die sich Mieterinnen und Mietern bietet, sich gegen überrissene Mietzinse zu wehren.
Wie finde ich meine Schlichtungsbehörde?
Beim Mieterinnen- & Mieterverband finden Sie die Kontakte zu den Schlichtungsbehörden in der gesamten Schweiz. Hier geht es zur Suchmaske.
Hinweis: Dieser Artikel wurde erstmals am 18. Juli 2024 veröffentlicht.
2 Kommentare
Mietrecht-Referenden: NEIN beim Eigenbedarf; JA bei der Untermiete
Die Erweiterung des Eigenbedarf-Begriffs ist eine Schlaumeierei erster Güte der Vermieter, um schneller einen Mieterwechsel mit anschliessender Mietpreiserhöhung herbeiführen zu können. Hingegen ist es verständlich, wenn die Vermieter präzis und umfassend über die Untermieter unterrichtet sein wollen (z. B. bei B&B-Vermietungen oder WGs).
Wohnungsnot: Widerstand gegen Wohnungsverdichtung ist verständlich.
Die Wohnungsnot in der Schweiz wieder immer wieder mit dem Widerstand aus der Bevölkerung gegen das verdichtete Wohnen begründet. Das ist verständlich. Wenn die Leute wählen können und die Pendeldistanzen nicht scheuen, wählen sie wenig verdichtete Wohnformen.
In der Schweiz können wir leider heute nicht mehr wählen. Der Kulturlandschutz und die masslose Zuwanderung machen das verdichtete Bauen zur Pflicht. Dieses Problem haben wir uns wissentlich selbst eingebrockt!
Verdichtung bringt allerdings viel weniger, als die meisten denken. So bringt die Erhöhung der Geschosszahl bei weitem keine proportionale Zunahme des Wohnraums. Vielmehr wächst der Platzbedarf für die innere Erschliessung durch Lifte, Treppen und Leitungen überproportional. Zudem wachsen die Baukosten massiv, und die Wohnqualität in den unteren Geschossen nimmt ab. Insgesamt bringt deshalb langfristig Bevölkerungswachstum bei knappen Bauzonen und zunehmender Verdichtung einen Lebensqualitätsverlust.