Schmuck mit Nebenwirkung
Schmuck, der als «nickelfrei» deklariert ist, kann trotzdem Nickel enthalten – und üble Reaktionen auslösen.
Veröffentlicht am 18. August 2015 - 11:05 Uhr
Die Verkäuferin deutet auf die Ohrringe im Aushang – Modeschmuck für weniger als 20 Franken: «Unser Schmuck ist nickelfrei.» Eigentlich erfreulich für Leute, die sensibel auf Nickel reagieren. Doch: Wo «nickelfrei» draufsteht, kann trotzdem Nickel drin sein. In kleinen Mengen zwar, doch das genügt für Allergiker oft. Rund 15 Prozent der Bevölkerung reagieren allergisch auf Nickel. Bei Frauen liegt der Anteil noch höher, vermuten Experten. Genaue Zahlen gibt es nicht.
Dass als nickelfrei gekennzeichnete Gegenstände den Problemstoff trotzdem enthalten können, ist legal, wie Nathalie Rochat vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen erklärt:
«Der Begriff ‹nickelfrei› ist in der Gesetzgebung nicht definiert.»
Nathalie Rochat, Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen
Festgelegt ist nur, wie viel Nickel an die Haut abgegeben werden darf. An diese Grenzwerte müssen sich die Hersteller halten.
Die Werte sind immerhin seit einigen Jahren strenger. Ein Schmuckstück darf nicht mehr als 0,5 Mikrogramm Nickel pro Woche und Quadratzentimeter Haut abgeben. Für frisch gestochene Piercings sind es gar nur 0,2 Mikrogramm. Diese Limiten gelten in der Schweiz und in der EU. Viele Länder in Asien und auch die USA kennen keine tiefen Grenzwerte – eine allergische Reaktion kann da heftig ausfallen.
Doch auch in der Schweiz kann man noch immer Schmuck erwischen, der zu viel Nickel abgibt. Die Zolldirektionen führen bei Importware lediglich Stichproben durch. Allein im Kantonalen Labor Zürich blieben letztes Jahr 74 Schmucksendungen mit zu hohen Werten hängen. Zusammen mit dem Lebensmittelinspektorat führen die Kantonschemiker auch bei Schweizer Schmuck Stichproben durch – sogar dort wiesen fünf Prozent zu hohe Nickelwerte auf.
Wer selbst herausfinden möchte, ob ein Schmuckstück Nickel enthält, kann in der Drogerie einen Schnelltest kaufen. Mit Wattestäbchen und chemischer Lösung lässt sich nachweisen, ob auf der Oberfläche Nickel vorhanden ist. Darunter kann sich allerdings eine nickelhaltige Schicht verbergen, die erst durch Abnutzung freigelegt wird.
Warum lassen die Hersteller Nickel nicht einfach weg? Weil es billig ist, weicheren Metallen Härte verleiht und für eine glatte Oberfläche sorgt. Nickel kommt in billigem Modeschmuck vor, aber auch Silber- und Weissgoldschmuck kann Nickel enthalten.
Wer allergisch ist, sollte nickelhaltige Schmuckstücke meiden. Denn abhärten kann man sich nicht, im Gegenteil: Die Kontaktallergie wird mit jeder Reizung schlimmer. Oft verstärkt sie sich noch, wenn man schwitzt oder die Haut verletzt ist. Sie zeigt sich meist erst als Rötung oder bei Ohrringen oder Piercings durch schmerzende Löcher und Hautverhärtungen. In schlimmeren Fällen kann es zu grossflächigeren Entzündungen kommen.
Forscher der Universität Göttingen konnten 2010 erstmals nachweisen, warum so viele Leute allergisch auf Nickel reagieren: Winzige Bestandteile heften sich an Proteine, die Teil des Immunsystems der Haut sind. Die Proteine halten die Partikel dann für Viren oder Bakterien, und das Immunsystem reagiert mit einer heftigen lokalen Abwehr.
Die sicherste Alternative für Allergiker ist Schmuck aus Titan. Er enthält ganz bestimmt kein Nickel. Schmuckstücke aus Titan sind allerdings oft etwas teurer.
Nickelallergie: Die drei wichtigsten Tipps
- Besonders heikel sind Ohrringe und Piercings. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, weicht auf Titan aus.
- Wer allergisch reagiert, sollte das Schmuckstück nicht weiter tragen. Die Allergie verstärkt sich dadurch nur.
- Vorsicht beim Schmuckkauf im Ausland: In aussereuropäischen Länderin sind die Vorschriften bezüglich Nickel lascher.
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