Kommentar zum Nein zum CO2-Gesetz
Verzicht predigen zieht nicht
Lassen sich die Ziele für weniger Treibhausgase auf demokratische Weise erreichen? Die Ablehnung des CO2-Gesetzes wirft unangenehme Fragen auf. Ein Kommentar von Andres Büchi.
Veröffentlicht am 2. Juli 2021 - 11:57 Uhr
«Der Bundesrat hat es verpasst, die Chancen einer grünen Zukunft zu skizzieren.» – Andres Büchi.
Quelle: Thilo RothackerDie Urteile nach der Abstimmung waren schnell gefällt. Die Vorlage war zu komplex und zu überladen, bilanzierte Umweltministerin Simonetta Sommaruga. Andere sagen: Die 18- bis 34-Jährigen hätten das Gesetz versenkt, oder sie zeigen auf die Landbevölkerung mit ihren Befürchtungen. Und als grösster gemeinsamer Nenner bietet sich wie oft die SVP als Sündenbock an, die das Gesetz energisch bekämpft hatte.
Aber diese Erklärungen genügen nicht. Umweltanliegen wurden in den letzten Jahren in der Schweiz in Umfragen stets hoch gewichtet. Im Sorgenbarometer der Credit Suisse fürs Jahr 2020 rangierten nur die Corona-Folgen, die AHV-Schieflage und die drohende Arbeitslosigkeit vor den Klima- und Umweltängsten.
Deshalb drängen sich zwei Schlussfolgerungen auf.
- Erstens: Sobald es um Verzicht oder drohende Kosten geht, ohne einen direkt absehbaren Nutzen, überwiegen die Eigeninteressen.
- Zweitens: Dem Bundesrat fehlt es an einer klaren Vision, wie sich unser Land den künftigen Herausforderungen stellen soll. Aber auch – und vor allem – an Überzeugungskraft und Charisma, um einen positiven Aufbruchsgeist zu wecken.
Abstimmungen, die kurzfristig auch Opfer erfordern, sind immer schwierig zu gewinnen. Das endlose Ringen um die Sicherstellung der AHV steht als Paradebeispiel dafür. Das gilt erst recht da, wo es um die Gesundheit des ganzen Planeten geht, um einen kleinen Beitrag zum globalen Umweltschutz, um eigene Verhaltensänderungen für ein nur abstraktes Ziel in der Zukunft.
Was kann dagegen getan werden? Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) in Deutschland hat dazu vor zwei Jahren ein Gutachten erstellt. In der Analyse heisst es klipp und klar: «Eine dauerhafte Fortführung der steilen Wachstumstrends ist nicht tragbar.» Aber die Umsetzung ambitionierter Ziele gehe «in der Komplexität des politischen Handelns zu häufig verloren». Umweltschutz werde zu oft «einseitig als freiheitsbeschränkend delegitimiert». Der Nutzen und die «freiheitsbewahrende Dimension einer nachhaltigen Entwicklung» dagegen würden «nicht hinreichend gewürdigt».
Mit andern Worten: Die Demokratie stösst hier an Grenzen.
Fehlender Vollzug
Ein Grossteil der Umweltziele wird regelmässig verfehlt. Beispiele dafür in der Schweiz sind die Verlagerungspolitik im Verkehr, die Durchsetzung einer nachhaltigen Raumplanung, aber auch die Lärmschutzverordnung oder der konsequente Schutz der Bodenfruchtbarkeit.
Der SRU-Bericht «Demokratisch regieren in ökologischen Grenzen» erwähnt als Hindernisse für eine nachhaltigere Politik unter anderem: eine «Lücke zwischen Umweltbewusstsein und Handeln», die «rechtliche Besserstellung von Umweltbelastern gegenüber Betroffenen» und nicht zuletzt die «schwache Rechtsstellung zukünftig Betroffener».
Als Lösung empfiehlt der SRU etwa einen «Rat für Generationengerechtigkeit». Denn vor allem anderen gelte es, die junge Generation für eine zukunftsweisende Umweltpolitik zu gewinnen.
Lähmende Ängste statt beflügelnde Visionen
Genau das ist beim CO2-Gesetz nicht gelungen. Denn in der Klimafrage wurden vorab Verzicht, Notwendigkeiten und moralische Ziele gepredigt, aber keine kühne Perspektive entworfen, die Mut macht. Etwa, was wir mit weniger Autoverkehr und einer intakteren Natur an Lebensqualität und innovativen Ideen gewinnen könnten.
Der Bundesrat hat es verpasst, die Chancen einer grünen Zukunft zu skizzieren und für einen Aufbruch zu «neuen Grenzen» zu begeistern, wie das US-Präsident John F. Kennedy Anfang der Sechzigerjahre mit der Mission zur Mondlandung so elektrisierend gelungen war.
Statt einer Vision, die beflügelt, wurden nur Ängste vermittelt, die lähmen. So gewinnt man keine Abstimmung.
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4 Kommentare
Treibhausgase, die bewusste weltweite: Ausbeutung, Verstrahlung, Vergiftung, Vermüllung der NATUR = Ökosysteme - ERDE - WASSER/TRINKWASSER = Zerstörung der "Lebensgrundlage" des "Homo sapiens"!
Selbstzerstörung der Menschheit aus egoistischer Profitgier!!??
Der BR sollte mal begreifen das man denn Reichen 0.5 % und den grossen Firmen für den Umweltschutz Steuern erhebt und die in Technik investiert, wo etwas bringen und nicht in Umweltzertifikate die nicht durchschaubar sind.
Sol lang mal China schont, wie Russland hilft alles nichts und wir so viele Produkte kaufen, die wir dann entsorgen müssen. Da gehören für den Umweltschutz wie oben erwähnt 15% Steuern auf die Produkte.
Herr Büchi, bei allem Respekt fpr Ihre Meinung, ich bin sehr wohl überzeugt, dass wir alle Umweltschutz willen und auch bereit sind unseren Beitrag zu leisten, aber bestimmt nicht, solange es sich ganze Länder erlauben, mit Kohle die Erde zu erhitzen oder Regenwald abzufackeln. DA sollte die Weltgemeinschaft zusammenstehen und solche Länder massiv bestrafen und boykottieren. Dann verzichte ich auch gerne auf den einen oder anderen Ferienflug.
Blabla, nur das übliche Blabla, um wieder teilen und herrschen. Junge gegen Alte aufhetzen usw usf. Dabei ist nur eine Vision zielführend, die der Gerechtigkeit, d.h. dass die beispiellose Umverteilung von unten nach oben, von den Armen zu den Reichen die Wurzel allen Übels ist. Die Angst vor Arbeitslosigkeit etc ist in diesem Kontext zu sehen. Die Opfer werden wieder die Armen sein und die Krise hervorgerufen duch grenzenlose Gier der Reichen wird wieder auf dem Buckel der kleinen Leute ausgetragen, während die Manager ihren Hals nicht satt kriegen, fette Boni kassieren und die Leute auf die Strasse setzen. Das System ist derart korrupt und marode, mit dem bringt man keine zukunftsfähige Umweltpolitik zustande, die der kommenden Generation Überleben sichert, solange die Reichen weiter global sich bereichern, Arbeitsplätze vernichten, Produktionsstätten verlagern, um weitere billige Sklaven auszubeuten und verbrannte Erde zu hinterlassen. Gewinne werden abgesahnt, Verluste auf Steuerzahler abgewälzt, das System ist zum Zusammenbruch vorprogrammiert