Das Konkurrenzverbot im Arbeitsvertrag
Jeder Arbeitnehmer hat das Grundrecht, seinen Arbeitgeber auf Wunsch zu wechseln. Nach der Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses steht es Ihnen daher in der Regel frei, das attraktive Beschäftigungsangebot innerhalb des Konkurrenzunternehmens anzunehmen.
Gesetzliche Voraussetzungen für ein gültiges Konkurrenzverbot
Ein Konkurrenzverbot ist nur gültig, wenn es die Voraussetzungen der Artikel 340 ff. des Schweizer Obligationenrechts (OR) erfüllt. Wesentliche Aspekte sind demnach die Schriftlichkeit, die konkurrenzierende Tätigkeit, der Einblick in den Kundenkreis oder in Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse sowie eine Schädigung des Arbeitgebers.
Schriftlichkeit
Artikel 340 I 1 OR setzt eine schriftliche Abfassung der Konkurrenzklausel voraus. Die formalen Anforderungen sind niedrig: Einfache Schriftlichkeit reicht in der Regel aus. Der Arbeitnehmer muss eine entsprechende Vereinbarung also unterschreiben. Die Unterschrift des Arbeitgebers hingegen ist entbehrlich, da ihn keine Verpflichtung trifft.
Ob das Konkurrenzverbot durch eine Klausel direkt im Arbeitsvertrag oder in einem separaten Dokument bestimmt wird, macht aus rechtlicher Sicht keinen Unterschied. Entscheidend ist nur, ob der Arbeitgeber das entsprechende Dokument unterzeichnet hat. Ein globaler Verweis auf Allgemeine Arbeitsbedingungen, Gesamtarbeitsverträge, Mitarbeiterhandbücher oder sonstige Reglemente reicht nach der herrschenden Meinung nicht aus. Eine solche Konkurrenzklausel sieht die kantonale Rechtsprechung als nichtig an.
Konkurrenzierende Tätigkeit
Mit einem Konkurrenzverbot kann ein Arbeitgeber seinem Mitarbeiter untersagen, nach Austritt aus dem Unternehmen für einen Mitbewerber tätig zu werden. Auf den ersten Blick erscheint der Begriff Konkurrenzverbot einfach zu deuten. Für die Umsetzung in die Praxis gibt es jedoch einige Hintergründe, die Sie kennen sollten.
Zunächst ist wichtig zu wissen, dass es sowohl ein unternehmensbezogenes als auch ein tätigkeitsbezogenes Konkurrenzverbot gibt. Ein unternehmerisches Konkurrenzverbot verbietet dem Arbeitnehmer komplett, bei einem Wettbewerber tätig zu sein beziehungsweise zu werden. Ein tätigkeitsbezogenes Konkurrenzverbot hingegen erweitert die Möglichkeiten des Arbeitnehmers und bezieht sich auf das bisherige Arbeitsgebiet, in dem dieser tätig war. Ob es sich um eine konkurrenzierende Tätigkeit handelt, macht die bundesgerichtliche Rechtsprechung vom Angebot der Leistungen abhängig. Hier ist im Zweifel der individuelle Einzelfall zu prüfen.
Bejaht wird eine konkurrenzierende Tätigkeit dann, wenn der alte und der neue Arbeitgeber gleichartige Leistungen anbieten. Das ist dann der Fall, wenn sie die gleichen oder ähnliche Bedürfnisse befriedigen und die Zielgruppe beider Unternehmen zumindest teilweise Überschneidungspunkte aufweist.
Einblick in den Kundenkreis oder in Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse
Erforderlich ist auch, dass der Arbeitnehmer Einblick in den Kundenkreis beziehungsweise in Produktions- oder Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers hatte. Das bestimmt Artikel 340 OR im zweiten Absatz.
Der Kundenkreis definiert sich als Begriff aller Parteien, die über einen längeren Zeitraum hinweg Geschäfte mit dem Arbeitgeber tätigten. Auf die Häufigkeit kommt es dabei nicht an – entscheidend ist eine gewisse Regelmässigkeit. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Frage nach der Intensität des Kontakts. Dem Arbeitgeber muss es möglich gewesen sein, die Bedürfnisse und Eigenschaften der Kunden kennenzulernen.
Bei den Fabrikations- und Geschäftsgeheimnissen wiederum geht es um technisches, finanzielles oder organisatorisches Wissen. Diese Kenntnisse möchte der Arbeitgeber geheim halten. Sie stehen nur einem bestimmten Kreis von Personen zur Verfügung und sind für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Allgemeine Branchenkenntnisse und Berufserfahrung fallen nicht unter die Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse.
Erhebliche Schädigung des Arbeitsgebers
Eine weitere Voraussetzung für die Zulässigkeit des Konkurrenzverbots ist die Schädigung des Arbeitgebers durch die oben genannten Einblicke. Es muss ein adäquater Kausalzusammenhang bestehen. Die rechtlichen Vorschriften arbeiten hier mit einer Hypothese. Es reicht aus, wenn der neue Arbeitgeber – oder der Arbeitnehmer selbst – die erlangten Informationen und Kenntnisse konkurrenzierend ausnutzen könnte. Ob die Schädigung tatsächlich eintritt, ist nicht relevant.
In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass Kunden dem Arbeitgeber aufgrund seiner persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten treu bleiben. Sind ihnen diese wichtiger als die Identität des Arbeitgebers, fehlt es am geforderten Kausalzusammenhang. Die Konkurrenzklausel ist damit ausser Kraft gesetzt. Dieser Fall tritt häufig bei freien Berufen wie Arzt, Architekt und Rechtsanwalt ein.
Unbillige Erschwerung des wirtschaftlichen Fortkommens
Sind all die genannten Voraussetzungen erfüllt, ist das zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbarte Verbot gültig. Grundsätzlich ist es damit auch durchsetzbar. In einem weiteren Schritt muss jedoch geprüft werden, ob die getroffene Abrede das wirtschaftliche Fortkommen des Arbeitnehmers ungemein erschwert.
Beschränkungen des Konkurrenzverbots
Ein Konkurrenzverbot im Arbeitsrecht ist durchsetzbar, wenn es angemessen begrenzt ist. In Artikel 340a Abs.1 OR verlangt das Gesetz sowohl eine räumliche als auch eine zeitliche und gegenständliche Beschränkung. Diese Regelung soll sicherstellen, dass ein Arbeitgeber seinen ehemaligen Mitarbeiter nicht unverhältnismässig in seinen Tätigkeiten begrenzt und dessen Karrierechancen damit zu stark einschränkt. Ohne die besagte Begrenzung käme das Verbot in einigen Fällen nämlich gar einem kompletten Berufsverbot gleich.
Örtlich ist die Konkurrenzklausel auf das Tätigkeitsgebiet des Arbeitgebers begrenzt. Weiter darf sie nicht reichen. Klauseln, die das Konkurrenzverbot für die komplette Schweiz vorsehen, haben vor Gericht keinen Bestand. Eine Gebietsbeschränkung auf nur wenige Kantone hingehen, ist unter Umständen möglich.
Als zeitlichen Rahmen bestimmt das Gesetz eine Grenze von maximal drei Jahren. In der Rechtspraxis erweist sich diese Höchstgrenze jedoch nur selten als zulässig. Als angemessen wird häufig eine zeitliche Begrenzung von wenigen Monaten bis zwei Jahren angesehen.
Für die Bemessung ist das Interesse des Arbeitgebers an der Geheimhaltung des Wissens von entscheidender Bedeutung. Dieses wird bis zur Einarbeitung eines neuen Arbeitnehmers angenommen, kann aber auch darüber hinaus bestehen.
Gegenständlich wiederum darf die Konkurrenzklausel den Arbeitnehmer lediglich im Hinblick auf Konkurrenztätigkeiten beschränken. Das heisst, es muss ein direkter Zusammenhang zwischen den Tätigkeiten beim alten und beim neuen Arbeitgeber bestehen. Die Übermässigkeit – also Unangemessenheit – eines Konkurrenzverbots bedeutet nicht, dass es nichtig oder unwirksam ist. Der Richter hat die Möglichkeit, es örtlich, zeitlich und gegenständlich auf das zulässige Mass herabzusetzen.
Arbeitsrechtliches Konkurrenzverbot
Das Konkurrenzverbot im Arbeitsvertrag birgt ein hohes Konfliktpotenzial. Dem Bestreben des Arbeitgebers, seinen Kundenkreis und seine Geheimnisse zu schützen, stehen die Entfaltungsfreiheit des Arbeitnehmers und der marktwirtschaftliche Wettbewerb gegenüber. Dieses Spannungsverhältnis gibt immer wieder Anlass zum Streit. Regelmässig müssen sich die nationalen Gerichte mit der Frage nach der Gültigkeit einer vereinbarten Konkurrenzklausel befassen.
Die Interessen der beiden Parteien müssen sorgsam und umfassend abgewägt werden. Wessen Schutzbedürftigkeit schwerer wiegt, lässt sich nicht immer eindeutig beantworten. Denkbar ist auch, dass sich die Einschränkungen wechselseitig kompensieren. In diesem Fall gilt das Konkurrenzverbot ebenfalls als angemessen. So oder so kann eine entsprechende Klausel sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer unangenehme Folgen haben.
Folgen eines Verstosses
Viele Arbeitnehmer unterschreiben Wettbewerbsklauseln oft sehr schnell und setzen sich gleichermassen sorglos über deren hinweg. Ohne sich der oft sogar sehr weitreichenden Auswirkungen tatsächlich bewusst zu sein. Für die Nichteinhaltung des Konkurrenzverbotes sieht das Gesetz (Art. 340b OR) drei verschiedene Sanktionsmöglichkeiten vor: Konventionalstrafe, Schadenersatz und Realexekution.
Konventionalstrafe
In der Praxis findet die Konventionalstrafe am häufigsten Anwendung. Sie ist in den meisten Konkurrenzverboten enthalten und verpflichtet den konkurrenzierenden Arbeitnehmer zur Zahlung eines bestimmten Betrags. Alternativ kann auch die Zahlung einer bestimmten Zahl an Monatslöhnen oder ein prozentualer Anteil des jährlichen Salärs festgelegt werden.
Die tatsächliche Höhe der Strafe steht der Vereinbarung der Parteien grundsätzlich frei. Doch auch hier gilt: Ist die Summe übermässig hoch, kann der Richter sie nach seinem Ermessen anpassen. Wird nichts weiter vereinbart, befreit die Zahlung der Konventionalstrafe den Arbeitnehmer vom Konkurrenzverbot (Art. 340b Abs. 2 OR). Diese Befreiung kann vom Arbeitgeber allerdings durch eine entsprechende Formulierung ausgeschlossen werden.
Oft übersteigt der Schaden des Arbeitgebers die Höhe der Konventionalstrafe. In diesem Fall muss der Arbeitnehmer die Differenz übernehmen – vorausgesetzt, es trifft ihn ein Verschulden.
Schadenersatz
Verstösst der Arbeitnehmer gegen die Konkurrenzklausel, ist er gesetzlich zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet (Art.340b I OR). Die Höhe des Schadens richtet sich nach dem Vermögensstand des Arbeitgebers. Er berechnet sich, indem die tatsächliche Summe mit der anzunehmenden Summe unter Einhaltung des Konkurrenzverbots verglichen wird. Hier geht es vor allem um entgangene Gewinne und erlittene Verluste.
Die Beweispflicht für den Schaden und einen Kausalzusammenhang obliegt dem Arbeitgeber. Ein genauer Nachweis ist allerdings sehr schwierig. In der Praxis spielt der Schadenersatz daher eine eher untergeordnete Rolle.
Realexekution
Manchmal ist die Benachteiligung des Arbeitgebers so gross, dass ein Ausgleich durch die Zahlung von Konventionalstrafe und Schadenersatz unmöglich ist. In diesen Fällen kann der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer verlangen, seine konkurrenzierende Tätigkeit aufzugeben. Diesen Anspruch kann er, wenn die strengen Voraussetzungen erfüllt sind, vor Gericht und unter Androhung von Zwangsvollstreckung durchsetzen. Damit ist die Realexekution die schärfste der drei Sanktionsmöglichkeiten.
Andere Konkurrenzverbote
Konkurrenzverbote sind jedoch nicht nur allein im Arbeitsrecht zu finden. Rechtlich betrachtet stellen sie eine Vertragsabrede dar, auf die das allgemeine Vertragsrecht anzuwenden ist. Hiermit tritt auch gleichermassen der Grundsatz der Vertragsfreiheit in Kraft. In der Praxis bedeutet dies, dass ein Konkurrenzverbot prinzipiell in allen Vertragsverhältnissen Anwendung finden kann. Entsprechende Klauseln treten also auch bei anderen Anlässen und Geschäftsvorfällen in Erscheinung.
In Gesellschaftsverträgen etwa schützen sie Betriebe vor einer konkurrenzierenden Tätigkeit ehemaliger Gesellschafter. In Lizenz- und Werkverträgen sorgen sie mitunter für einen Ausschluss der Anwendung von erlangten Spezialkenntnissen. Und in Alleinvertriebs- und Franchiseverträgen stellen sie sicher, dass der ehemalige Mitarbeiter im Nachgang keine Kunden abwerben darf. Auch im Agenturrecht, bei Miet- und Pachtverträgen sowie beim Unternehmenskauf sind Konkurrenzklauseln durchaus gängig.
Bei all diese Konkurrenzverboten sind immer erst die für das jeweilige Vertragsverhältnis geltenden Normen heranzuziehen. Das allgemeine Vertragsrecht ist nachrangig. Eine Übertragung der besonderen gesetzlichen Regelungen auf andere Vertragstypen ist ausgeschlossen. Es gilt das Analogieverbot. Die Art. 340 ff. OR können demnach lediglich auf das Konkurrenzverbot im Arbeitsvertrag angewandt werden. Im Rahmen einer Auslegung können sie jedoch die Richtung weisen.
Wegfall des Konkurrenzverbots
In den meisten Fällen erlischt das Konkurrenzverbot, wenn die vertraglich vereinbarte Dauer des Verbots abläuft (Art. 114 Abs. 1 OR). Auch die Auflösung der Konkurrenzklausel durch eine ein- oder zweiseitige Aufhebungsvereinbarung ist möglich. Weitere (relativ zwingende) Gründe nennt das schweizerische Arbeitsrecht in Art. 340c OR. In diesen Fällen kommt es noch vor dem Ablauf der Frist zum Wegfall des Konkurrenzverbots.
Wegfall durch fehlendes Interesse
Das Interesse seitens des Arbeitgebers an der Aufrechterhaltung des vereinbarten Konkurrenzverbotes kann in einigen Fällen schwinden. Das ist dann der Fall, wenn etwa einzelne Produktionszweige wegfallen oder der Betrieb teilweise oder auch komplett geschlossen wird. Damit ist die Geheimhaltung von einzelnen, ursprünglich geheim gehaltenen Produktionsschritten, oft schlichtweg nicht mehr wichtig. Die Möglichkeit einer erheblichen Schädigung entfällt in diesem Fall somit oft vollständig. Voraussetzung ist jedoch, dass der Arbeitnehmer einen Beweis dieser Situation erbringen kann.
Wegfall durch Kündigung
Kündigt der Arbeitgeber das Beschäftigungsverhältnis ohne sehr wichtigen Grund, ist die Konkurrenzklausel ebenfalls nichtig. Für seine Entscheidung gibt es keinen nachvollziehbaren Grund, der in der Person des Arbeitnehmers begründet ist. Hier wäre an andauernde Krankheiten, schlechte Leistungen oder ein treuwidriges Verhalten zu denken.
Auch die Kündigung des Arbeitnehmers kann zum Wegfall des Konkurrenzverbots führen. Dies geschieht dann, wenn die Auflösung des Arbeitsverhältnisses auf einen Anlass zurückgeht, der vom Arbeitgeber zu vertreten ist. Dabei muss es sich nicht um eine Vertragsverletzung handeln. Schlechte Arbeitsbedingungen, nicht eingehaltene Versprechen und eine unwürdige Behandlung können ebenfalls einen begründeten Anlass darstellen.
Rechtsberatung durch einen Anwalt für Arbeitsrecht
Ein Konkurrenzverbot kann zu unangenehmen Überraschungen führen – sowohl beim Arbeitgeber als auch beim Arbeitnehmer. Daher empfiehlt es sich, den Rat eines Anwalts für Arbeitsrecht einzuholen. Er findet rechtssichere Formulierungen, prüft die Zulässigkeit und Angemessenheit einer Konkurrenzklausel und verrät Ihnen, worauf Sie achten müssen.
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