Wenn in den Medien über die Uno-Klimakonferenz in Dubai berichtet wird, ist auch oft die Rede von der Schweizer Delegation vor Ort. Sie führt die Verhandlungen im Auftrag des Bundesrats. Geleitet wird sie von Klimabotschafter Felix Wertli, neben weiteren Expertinnen und Experten aus der Bundesverwaltung sind drei Vertreter der Zivilgesellschaft aus Wirtschaft, Entwicklungszusammenarbeit und Umwelt vor Ort.

Soweit, so offiziell. Und transparent per Medienmitteilung im September verkündet. Ah ja, und die Bundesräte Alain Berset und Albert Rösti haben auch Auftritte. 

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Nirgends in der Kommunikation des Bundes steht allerdings, dass die Schweiz zum ersten Mal mit einer zweiten Delegation anreist. Bestehend aus hochrangigen Vertreterinnen und Vertretern des Schweizer Finanzplatzes. Von UBS, Pictet, Vontobel, Schweizerischer Bankiervereinigung, SIX, Swiss Re, Swiss Life, Green Fintech Association, Swiss Sustainable Finance und Blackrock. Geleitet wird diese zweite Delegation vom Staatssekretariat für internationale Finanzfragen SIF. 

So steht es in einem Beitrag der Schweizerischen Bankiervereinigung. Sie nennt sie die «Building Bridges Delegation». 

Dass Klimaschutz auch in der Finanzwelt an Wichtigkeit gewinnt, ist nichts Neues. Dass sich diese Branche deshalb auch für die Klimagipfel interessiert, ist also nicht überraschend. 

Offizielle Delegation oder nicht?

Erstaunlich ist jedoch, dass die Banker und Versicherer offenbar in einer Art offizieller Mission für die Schweiz vor Ort sind. Nur schon der Begriff «Delegation» impliziert das. Dass sie von einem Staatssekretariat geleitet wird, gibt ihr erst recht einen offiziellen Anstrich. Wieso wird sie im Mandat des Bundesrats also nicht erwähnt?

Ein Blick auf die Teilnehmerliste des Uno-Klimagipfels zeigt, dass die Schweizer Vertretenden der Finanzwelt allesamt als «Party Overflow» gelistet sind. Unter «Parties» sind jeweils die offiziellen Verhandlungsdelegationen aufgeführt, für die Schweiz die Delegation von Felix Wertli. Unter «Party Overflow» können die Staaten weitere Personen akkreditieren und mit in die «blaue Zone» nehmen, also dorthin, wo die internationalen Verhandlungen stattfinden. 

Was ist jetzt also mit dieser Finanzdelegation? In welcher Funktion tritt sie in Dubai für die Schweiz auf? 

Die Medienstelle des Bundesamts für Umwelt Bafu, die für die offizielle Verhandlungsdelegation verantwortlich ist, sagt auf Nachfrage: «Der Bundesrat hat es sich zum Ziel gesetzt, dass der Schweizer Finanzplatz im Bereich der nachhaltigen Finanzen führend wird. Deshalb reist gemäss dem Mandat des Bundesrats das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen SIF mit einer Delegation des Schweizer Finanzplatzes an die COP28.»

Ziel sei es, das Wissen über die Herausforderungen des Klimawandels zu erweitern und den Teilnehmenden die Möglichkeit zu geben, sich mit anderen Akteuren auszutauschen. Als «Party Overflow» bei der Klimarahmenkonvention der Uno gemeldete Delegierte seien nicht an den Verhandlungen beteiligt. Aber das Bafu habe die Akkreditierung für diese Delegierten übernommen. 

«Im Mandat eingeschlossen»

Auf die Nachfrage, wieso das nirgends in der Kommunikation des Bundesrats und der Bundesbehörden vorkomme, schreibt das Bafu: «Die Finanzdelegation war im Mandat der Schweizer Delegation eingeschlossen, das der Bundesrat am 22. September 2023 genehmigt hat.» In der Kommunikation sei der Fokus auf der Verhandlungsdelegation und den vom Bundesrat gesetzten Zielen für die diesjährige Konferenz gewesen.

Mitgemeint, aber nicht mitkommuniziert? Eine wirkliche Antwort auf die Frage ist das nicht.

Und die Intransparenz kommt zu einem ungünstigen Zeitpunkt: Der Klimagipfel hat ein notorisches Glaubwürdigkeitsproblem. Dieses Jahr tummelt sich eine Rekordzahl an Fossil-Lobbyisten in Dubai. Die Uno versucht, dies gerade jetzt mit einer Transparenzinitiative zu ändern (der Beobachter berichtete Transparenz Die Öl-Lobby am Klima-Verhandlungstisch ).

Wieso also schickt der Bundesrat neben der Verhandlungsdelegation noch eine Art Schattendelegation aus der Finanzwelt mit? 

Die Behörden widersprechen sich

Welche Aufgabe genau diese Delegation hat, dazu machen die verschiedenen Bundesbehörden irritierenderweise unterschiedliche Angaben. Denn auf Nachfrage beim Staatssekretariat für internationale Finanzfragen SIF heisst es im Gegensatz zur Auskunft des Bafu: «Nein, die oben erwähnte Finanzdelegation hatte kein Mandat des Bundesrats. Die offizielle Schweizer Delegation des Bundesrats reiste unter der Leitung des Bafu nach Dubai.»

Und dann folgt ein Verweis auf die Mitteilung des Bundesrats vom 22. September, in der gemäss Bafu die Finanzdelegation eingeschlossen gewesen sein soll. 

Abgesehen von der Frage der Transparenz ist ein Interessenskonflikt dieser Delegierten nicht von der Hand zu weisen. Immerhin hat gerade der Schweizer Finanzplatz auch nach dem Pariser Klimaabkommen und bis heute tatkräftig mitgeholfen, dass weiterhin in fossile Infrastruktur investiert wird. Über 260 Milliarden Franken soll die Finanzbranche gemäss einer Recherche des «Tages-Anzeigers» seit 2015 an die schlimmsten Klimaverschmutzer der Welt gelenkt haben. Von Umweltschutzorganisationen wird der Sektor seit Jahren für seine Rolle in der Klimakrise kritisiert und stärkere Regulierung gefordert.