187,1 Millionen für Ärzte und Spitäler
Pharmafirmen überweisen Ärzten Beraterhonorare, bezahlen die Teilnahme an Kongressen oder finanzieren spitalinterne Veranstaltungen. Diese lukrativen Nebeneinkünfte werden Jahr für Jahr höher.
Veröffentlicht am 27. August 2020 - 07:09 Uhr
Sechzig Pharmafirmen überwiesen letztes Jahr in der Schweiz 187,1 Millionen Franken an Ärztinnen und Ärzte, Apotheker, Spitäler und andere Institutionen des Gesundheitswesens. Das zeigt eine Auswertung des Recherchenetzwerk von Ringier Axel Springer Schweiz.
Dieser Betrag ist der höchste Wert seit Einführung der Transparenzregelung, die sich die Branche vor fünf Jahren selber auferlegt hat. 2015 waren es noch 140,5 Millionen Franken. Seit 2015 summieren sich die Gelder der Pharmaunternehmen an Ärzte und Gesundheitseinrichtungen auf eindrückliche 826 Millionen Franken.
Über den gesamten Zeitraum steht Novartis klar an der Spitze (111,6 Millionen, siehe Grafik unten), gefolgt von Roche (79,3 Mio.), Pfizer (57,2 Mio.), Bayer (55,3 Mio.) und Bristol-Myers Squibb (50,2 Mio.).
Klicken Sie auf die Punkte mit den Jahreszahlen um zu sehen, wie sich die Zahlungen über die Jahre verändert haben.
Die Pharmaindustrie bezahlt den Ärzten Kongressgebühren, Übernachtungs- und Reisespesen oder überweist ihnen Referenten- und Beratungshonorare. Rund 4300 Ärztinnen, Ärzte und andere Fachpersonen des Gesundheitswesens standen so im letzten Jahr auf der Payroll der Pharmafirmen, sie erhielten gesamthaft 11,4 Millionen Franken.
Den weitaus grössten Betrag erhielt letztes Jahr der Zürcher Professor und Krebsspezialist Rolf A. Stahel (100'700 Franken). An zweiter Stelle steht der Zürcher Psychiatrieprofessor und Klinikdirektor Erich Seifritz (63'000 Franken), gefolgt vom Dermatologen Achmed Jalili (59'000 Franken; «Medical Center» Bürgenstock.).
106,8 Millionen flossen 2019 an Spitäler, Ärztenetzwerke, Fachgesellschaften, Kongressorganisatoren und Patientengruppen. Damit sponsert die Pharmaindustrie verschiedenste Kongresse oder finanziert spitalinterne Veranstaltungen oder Zusammenkünfte von Hausärzten und Ärztenetzwerken.
Während die Pharmaunternehmen bei den Ärzten und Spitälern/Organisationen die Gelder zum überwiegenden Teil namentlich offenlegen, liegen die Geldflüsse für die klinische Forschung im Dunkeln. 2019 bezahlte die Industrie Spitälern 68,9 Millionen Franken – die Empfänger sind nicht bekannt. Unter dem Deckmantel des Forschungsgeheimnis lehnt die Industrie bis heute jegliche Transparenz ab.
Die Auswertung der Geldströme zwischen Pharmaunternehmen und Ärzten/Spitälern basiert auf den individuell veröffentlichten Angaben der rund 60 Pharmafirmen. Das Recherchenetzwerk* von Ringier Axel Springer Schweiz veröffentlicht die gesamten Daten auf www.pharmagelder.ch, so dass jedermann prüfen kann, von wem ein Arzt Geld erhalten hat.
* «Pharmagelder Schweiz» ist ein Projekt des Ringier Axel Springer Research Network, bei dem Journalistinnen und Journalisten des Beobachters, der Handelszeitung, der «Blick»-Gruppe, und «Le Temps» (Schweiz) kooperieren.
2 Kommentare
Lobbyismus - Eigeninteressen-Verfolgung der Zuständigen im gesamten - äusserst lukrativen - "Gesundheits-Un-Wesen" der Schweiz aus egoistischer Profitgier!! Falsche Leute in falschen Positionen = BAG, BLW, Gesundheits-DirektorenInnen, ParlamentarierInnen!!
Solche Geldspenden sind nur die eine Seite der Medaille. Es gibt noch ganz andere "Zuwendungen": Durch Spenden verbilligte Zutrittsgebühren an Kongresse, gesponserte Abendessen dort für hunderte von Ärzten, Hilfe bei Praxiseröffnungen wie Versand Einladungen, Übernahme der Verköstigungskosten, Gratismedikamente für SD-Ärzte (streng verboten bei Medikamenten auf der SL) als Rabatte (auch für Apotheker und Drogisten). Wie soll man das nennen ? Kundenpflege oder Bestechung ? Was meint der geneigte Leser ?