So läuft alles nach Plan
Grosse Projekte wie der Bau des eigenen Einfamilienhauses beginnen mit einer ersten Idee. Bis zur Schlüsselübergabe läuft ein Programm in fünf Phasen ab, sorgfältig abgewickelt – und trotzdem nicht ohne heikle Momente.
Veröffentlicht am 26. März 2009 - 13:48 Uhr
Als Laie hat man vom Geschehen auf der Baustelle wenig Ahnung. Doch ein Bauherr tut gut daran, die einzelnen Bauphasen – von den ersten Skizzen und Kartonmodellen bis zum bezugsbereiten Haus – genau zu kennen. Nicht zuletzt, um auf mögliche Stolpersteine, auf mögliche Probleme also, vorbereitet zu sein.
Planung und Bau eines Einfamilienhauses folgen einem fixen Ablauf mit fünf klar unterscheidbaren Phasen: Vorprojekt, Baueingabe, Ausführungsprojekt mit Auftragsvergabe, Realisierung und Übergabe.
Das Vorprojekt ist die wichtigste Phase des ganzen Bauprozesses. Die Weichen für das Gelingen des Baus werden ganz zu Beginn gestellt. Viele Punkte können in späteren Phasen nicht mehr oder nur verbunden mit unnötig hohen Kosten wieder geändert werden. Basis eines guten und erfolgreichen Vorprojekts ist ein ausführliches Pflichtenheft, das Bauherrschaft und Architekt gemeinsam erarbeiten. Folgende Punkte sollten darin unbedingt festgelegt werden:
- maximaler Budgetrahmen inklusive aller Reserven und möglicher Einsparungen durch Eigenleistungen der Bauherrschaft;
- gewünschter Bezugstermin;
- energetischer Standard (beispielsweise Minergie-P);
- ökologische Materialien (Label Natureplus, Minergie-Eco);
- Bauweise (Massivkonstruktion, vorgefertigter Holzelementbau);
- ungefähre Wohnfläche des Hauses auf etwa 15 Prozent genau;
- Anzahl und Grösse der Zimmer sowie deren geplante Nutzung;
- Zahl, Grösse und Art der Nebenräume (Waschküche, Keller, Hauswirtschaft, Abstellraum, Garage, Veloraum, Heimbüro, Hobbykeller, Estrich);
- Optionen für einen späteren Umbau (etwa nach Auszug der Kinder, Aufteilung in zwei Wohneinheiten);
- eventuell Anforderungen an Zugänglichkeit für körperlich behinderte Menschen (besonders wichtig, wenn das Haus für ältere Menschen gebaut wird, ältere oder behinderte Familienmitglieder regelmässig auf Besuch kommen oder sogar eine Zeitlang im Haus wohnen);
- architektonische Wünsche und Vorstellungen der Bauherrschaft: Organisation der Küche, Anordnung und Abfolge von Räumen, Anteil der Verglasung an der Fassade, Dachform, Einbettung des Hauses in die Umgebung und so weiter (Skizzen und Bilder von Häusern zur Veranschaulichung der Ideen sind hilfreich);
- spezielle Wünsche bei der Haustechnik wie beispielsweise Sonnenkollektor, Heizungssystem oder Netzwerkverkabelung;
- alle andern Punkte, die für die Bauherrschaft besonders wichtig sind und die unbedingt berücksichtigt werden müssen.
Basis für das Pflichtenheft sind zum einen direkte Inputs der Bauherrschaft, zum andern Punkte, die sich aus den Gesprächen mit dem Architekten herauskristallisieren. Neben dem Pflichtenheft spielen in der Vorprojektphase auch die Baugesetze eine wichtige Rolle. Sie setzen den Vorstellungen Grenzen und enthalten oft detaillierte Vorschriften, etwa zur Dachform, Grösse von Dachfenstern, Art des Heizsystems oder die Abstände zu den Nachbarhäusern betreffend.
Nun erstellt der Architekt erste Skizzen und Modelle. In Besprechungen mit der Bauherrschaft werden sie präsentiert, kritisiert und weiterentwickelt. Nach und nach schälen sich so Form, Grundriss und Materialisierung des Hauses heraus. Steht der Entwurf, folgt eine erste Kostenschätzung. Sie hat eine Genauigkeit von plus/minus 15 bis 20 Prozent und zeigt, ob sich das Projekt innerhalb des festgesetzten Finanzrahmens realisieren lässt.
Was könnte in Phase 1 schiefgehen?
- Wichtige Punkte gehen im Pflichtenheft vergessen und werden erst in einer späteren Phase berücksichtigt. Oft entstehen dann zusätzliche Kosten, die nicht budgetiert waren. Es lohnt sich deshalb, bereits vor dem ersten Gespräch mit dem Architekten möglichst viele wichtige Punkte aufzuschreiben und zu den Gesprächen mitzunehmen. Zudem sollte das Pflichtenheft, bevor der Architekt mit den ersten Entwürfen startet, nochmals genau geprüft werden.
- Wichtige Punkte aus dem Pflichtenheft bleiben in den ersten Entwürfen auf der Strecke und müssen später noch berücksichtigt werden. Dabei kann unter Umständen das Baukonzept über den Haufen geworfen werden. Um das zu verhindern, sollte man das fertige Vorprojekt nochmals genau auf die Einhaltung aller wichtigen Eckpunkte prüfen und, wenn nötig, nachbessern lassen.
- Als Bauherr neigt man oft dazu, immer wieder neue Wünsche vorzubringen, die auch noch berücksichtigt werden sollen. Geht es nicht um essentielle Punkte, ist hier Zurückhaltung angebracht.
- Das räumliche Vorstellungsvermögen von Laien ist beschränkt, und Pläne zu lesen fällt nicht immer leicht. Auch Modelle und Computeranimationen helfen nur bedingt. Deshalb sollte man sich nicht scheuen, zuzugeben, dass man sich etwas nicht vorstellen kann, und den Architekten bitten, seine Vorstellung zu präzisieren.
- Hilfreich ist oft ein Augenschein in einem ähnlichen Haus oder das Nachbilden von Grundrissen im Massstab 1:1 mit Hilfe von Klebebändern auf dem Boden eines grösseren Raums. Eine gute Möglichkeit, sich ins künftige Haus einzudenken, ist auch der Bau eines Modells aus Karton in einem möglichst grossen Massstab (1:50 oder 1:20). Baut man als Bauherr ein solches Modell selber, setzt man sich gleichzeitig vertieft mit dem Haus auseinander und entdeckt allenfalls den einen oder anderen Problempunkt.
- Zeigt bereits die erste Kostenschätzung, dass das Budget kaum ausreicht, um alle Wünsche zu realisieren, sollten die Planungsarbeiten nicht einfach weitergeführt werden. Denn in der Regel werden Bauten später eher teurer als günstiger. Vielmehr sollte schon zu diesem Zeitpunkt abgewogen werden, welche Wünsche gestrichen oder zu einem späteren Zeitpunkt realisiert werden können.
- Auch wenn die Zeit unter Umständen drängt, sollte man sich bei Unsicherheiten genügend Bedenkzeit ausbedingen, um einen Vorschlag des Architekten in Ruhe überschlafen und alle Vor- und Nachteile abwägen zu können.
Die Baueingabe wird vom Architekten erstellt und basiert auf dem fertigen und von der Bauherrschaft abgenommenen Vorprojekt. Zur Baueingabe gehören in der Regel Pläne im Massstab 1:100, verschiedenste Formulare – und auch das Ausstecken mit Bauprofilen auf dem Baugrund. Sämtliche Pläne und Formulare müssen von der Bauherrschaft und vom Architekten unterschrieben werden. Dann treten Sie Ihren Weg durch die Amtsstellen an. Gibt es nichts nachzubessern, folgt die öffentliche Auflage. Während einer gewissen Frist haben die direkt Betroffenen – in der Regel die Nachbarn – die Möglichkeit, die Pläne einzusehen und unter Umständen Einsprache zu erheben.
Was könnte in Phase 2 schiefgehen?
- Hat das Bauamt die Eingabe bewilligt, kann es sehr aufwendig werden, Änderungen nochmals beim Bauamt einzureichen. Deshalb lohnt es sich, die Pläne vor der Eingabe genau zu prüfen und zu checken, ob keine wichtigen Punkte vergessen gegangen sind.
- Einsprachen verzögern die Realisierung eines Bauvorhabens oft über eine lange Zeit und können hohe Kosten verursachen. Es ist deshalb wichtig, zusammen mit dem Architekten vorgängig das Gespräch mit den Nachbarn zu suchen und das Projekt vorzustellen. So kommen heikle Punkte frühzeitig aufs Tapet.
- Ebenso ist es oft sinnvoll, ein Bauprojekt vor Eingabe der Bewilligung mit dem Bauamt zu besprechen. Vor allem dann, wenn es Punkte enthält, bei denen man auf das Verständnis der Behörden angewiesen ist. In der Regel macht ein Architekt diesen Schritt von sich aus. Falls nicht, lohnt es sich, ihn darauf hinzuweisen. So wird verhindert, dass das Projekt im Bewilligungsprozess zurückgewiesen oder nur mit Auflagen bewilligt wird.
Das Ausführungsprojekt wird parallel zur laufenden Baueingabe entwickelt. Der Architekt beginnt mit der Erarbeitung der Ausführungspläne und der Erstellung des detaillierten Terminrasters. In der Regel arbeiten in dieser Phase auch weitere Spezialisten wie ein Bauingenieur, ein Energieplaner oder ein Elektrospezialist am Projekt mit. Die Pläne für die Ausführung der Arbeiten werden gezeichnet, alle Details entwickelt und das ausführliche Bauprogramm erstellt. Sobald die detaillierten Pläne vorliegen, beginnt man, Offerten für die präzise Ermittlung der Baukosten einzuholen.
Liegen alle Offerten vor, können die Kosten auf bis zu fünf Prozent genau geschätzt werden. Parallel dazu bereinigt der Architekt mit der Bauherrschaft die Detailpläne, legt endgültig fest, welche Materialien zum Einsatz kommen, und vergibt aufgrund der Offerten die Arbeiten an die Handwerker.
Was könnte in Phase 3 schiefgehen?
- Der Aufwand für Arbeiten kann in den Offerten höher ausgewiesen werden als zuvor geschätzt. Lassen sich die Mehrkosten nicht in anderen Bereichen auffangen, muss unter Umständen nach preiswerteren Lösungen gesucht werden. Manchmal lohnt es sich auch, teure Positionen mit den Handwerkern nochmals zu besprechen und gemeinsam günstigere Lösungen zu suchen. Denn auch der beste Architekt kennt nicht immer die besten Angebote und Möglichkeiten.
- Werkverträge mit den Handwerkern müssen unbedingt die Norm SIA 118 enthalten. Sie verbessert die Stellung des Bauherrn im Fall von Garantiearbeiten, indem sie die Beweislast umkehrt. Nicht der Bauherr muss beweisen, dass ein Mangel vorliegt, sondern der betroffene Handwerker muss aufzeigen, dass die Arbeiten korrekt ausgeführt wurden.
- Bei der Vergabe wird gern dazu geneigt, dem günstigsten Anbieter den Zuschlag zu geben. Hier lohnt es sich, beim Architekten nachzufragen, wie gut die Referenzen sind und welche Erfahrungen der Architekt selber mit dem jeweiligen Unternehmen gemacht hat.
Die Ausführung kann einsetzen, wenn die Baubewilligung vorliegt, alle Detailpläne bereit und die Aufträge vergeben sind. Nun beginnen die Bauarbeiten. Den grössten Aufwand hat in dieser Zeit der Bauleiter. Doch auch die Bauherrschaft ist involviert, wenn es darum geht, Detailentscheide zu fällen.
Was könnte in Phase 4 schiefgehen?
- Anweisungen auf der Baustelle sind Sache des Bauleiters. Als Bauherr neigt man oft dazu, selber einzugreifen – vor allem wenn man von den Handwerkern direkt gefragt wird. Es lohnt sich, immer zuerst Rücksprache mit dem Architekten zu nehmen und ihm die endgültige Entscheidung zu überlassen. Denn der Laie kann die Tragweite eines Entscheids schwer abschätzen – und löst unter Umständen Arbeiten aus, die gar nicht budgetiert oder vom Architekten anders geplant waren.
- Änderungen während der Ausführungsphase sollten, wenn immer möglich, vermieden werden. Sie bewirken oft massive Mehrkosten oder führen zu Komplikationen im Bauablauf.
- Auf einer Baustelle müssen viele Zahnräder ineinandergreifen, damit alles rund läuft. Schlechtes Wetter, überlastete Handwerker oder Lieferengpässe beim Material können zu Verzögerungen führen. Wenn sich Abweichungen vom Bauprogramm abzeichnen, ist Flexibilität gefragt. Zusammen mit dem Architekten wird festgelegt, wie mit der Verzögerung umgegangen wird – etwa dass prioritär die wichtigsten Räume fertiggestellt werden, um den Einzugstermin einzuhalten.
- In der Bauphase treffen laufend Rechnungen der Handwerker beim Architekten ein, die vom Bauherrn oder von seiner Bank zu bezahlen sind. Wichtig ist es hier, immer zu prüfen, inwieweit die offerierten Kosten von den tatsächlich verrechneten abweichen. In der Regel achtet der Architekt auf solche Punkte. Ein Kontrollblick durch den Bauherrn schadet aber nicht.
Die Übergabe des Hauses an die Bauherrschaft ist das grosse Ereignis, wenn die Arbeiten abgeschlossen sind. Wichtigstes Element der abschliessenden Phase ist die ausführliche Bauabnahme und das Festhalten der Mängel, die in der Folge behoben werden. Was jetzt noch aussteht, ist die Schlussabrechnung des Architekten. Dies kann dauern, denn die letzten Handwerkerrechnungen gehen oft erst ein, wenn das Haus längst bezogen ist.
Was kann am Schluss schiefgehen?
- Kurz nach dem Einzug fallen einem oft noch weitere Mängel oder nicht abgeschlossene Arbeiten auf. Als Bauherr sollte man diese direkt dem Architekten melden – wenn möglich gebündelt – und nicht selber die Handwerker aufbieten. Nur so ist sichergestellt, dass der Architekt den Überblick behält und nicht Aufwände von den Handwerkern verrechnet werden, die eigentlich zu den offerierten Arbeiten gehören.
- Ein Haus ist selten ganz fertig bei der Übergabe. Auch in den Wochen danach werden täglich Handwerker auftauchen, um letzte Details fertigzustellen. Für die Bewohner eine stressige Phase, auf die sie sich einstellen müssen.
Baumaterial: Gebraucht, intakt und günstig
Waschbecken, Parkettböden, Türen: Was bei Umbauten oder Abbrüchen von Liegenschaften herausgerissen wird, ist oft noch in sehr gutem Zustand. Dass nicht zu viel Verwertbares im Abfall landet, dafür sorgen die 16 Bauteilbörsen in der Schweiz. Sie bauen Brauchbares aus Gebäuden aus, stellen es instand und verkaufen es. Das spart massiv Ressourcen und schont die Umwelt: «Allein im Jahr 2007 haben wir den CO2-Ausstoss um 4000 Tonnen verringert und 18 Millionen Kilowattstunden Strom eingespart», sagt Daniel Glauser, Geschäftsführer von Bauteilnetz Schweiz, der Dachorganisation der Bauteilbörsen. Gebrauchte Bauteile sind bei Umbauten und Renovationen eine sehr preiswerte Alternative zu Neuanschaffungen. Unbeschädigte Waschbecken oder Badewannen etwa kosten einen Drittel des Neupreises. Zu den Favoriten der Kunden gehören Sanitärapparate, Küchengeräte und massive Parkettböden.
Die Suche nach passenden Bauteilen fürs eigene Bauprojekt ist einfach: Alle Artikel sind im Internet auf www.bauteilclick.ch aufgelistet, können dort reserviert und in der entsprechenden Börse abgeholt werden. Ist der Transportweg zu weit, besteht die Möglichkeit, sich die Bauteile nach Hause liefern zu lassen. Rund ein Drittel der Kunden nutzt das Internet, die übrigen schauen direkt in der lokalen Bauteilbörse vorbei.
Etwas schwieriger gestaltet sich der Einbau der gebrauchten Teile. Wer die Arbeit nicht selber an die Hand nimmt, hat es manchmal schwer, eine Fachperson zu finden. «Viele Handwerker scheuen sich immer noch davor, gebrauchte Bauteile zu installieren», sagt Glauser. Haftungsfragen oder schlicht der Wegfall der sonst für Handwerker üblichen Marge auf Neugeräte sind Gründe dafür. Bauteilbörsen haben deshalb ein eigenes Netzwerk von Handwerkern aufgebaut.
Zwei Baubörsen führen ein zusätzliches Angebot: Die Baubörse aus dem Zürcher Oberland hält günstige Restposten neuer Baumaterialien bereit. Und in der Baubörse Aarau finden sich nicht nur gebrauchte Bauteile, sondern auch speziell für Selbstbauer geeignete Baumaterialien, die in Heimwerkermärkten kaum erhältlich sind. Günstige Angebote für Baumaterialien finden sich auch im Internet: Wer etwa Baugeräte und Maschinen sucht, wird oft auf Ricardo oder E-Bay fündig.
www.bauteilnetz.ch
www.bau-boerse.ch
www.ricardo.ch
www.ebay.ch
www.bauboerse-aarau.ch
Zeitaufwand: Planen, auswählen, überprüfen
Auch wenn Architekten und Bauspezialisten den Grossteil der Planungs- und Bauarbeiten übernehmen, sollte man als Bauherr den eigenen Zeitaufwand nicht unterschätzen. Alles in allem kommen über die ganze Bauzeit hinweg schnell einmal ein bis zwei Wochen zusammen. Vor allem in der Vorprojektphase und während der Erarbeitung der Ausführungspläne sind viele Besprechungen mit dem Architekten nötig.
Dafür sollte man genügend Zeit einkalkulieren. Je besser die Vorbereitung in der Vorprojektphase ist, desto zügiger gehen die Arbeiten später voran und desto genauer wird das fertige Haus den eigenen Vorstellungen entsprechen.
Zeitaufwändig sind aber auch die Besichtigung anderer Objekte und die Auswahl von Materialien, Küchen- und Badeinrichtung. Stundenlanges Wälzen von Katalogen, surfen im Internet und der Besuch von spezialisierten Ausstellungen sind unumgänglich.
Dazu kommen das Prüfen von Plänen und Kostenzusammenstellungen sowie Besuche auf der Baustelle. Diese sind zwar nicht allzu häufig nötig, aber sie gehören zu den schönsten Momenten während der ganzen Bau- und Planungsphase – und steigern die Vorfreude aufs neue Heim.