Ein Verwirrspiel mit zwei Wohnungen
Von aussen ein klassisches Zweifamilienhaus, innen mit ausgeklügelter Raumkombination: das neue alte Zuhause der Familie Moos/Lüthi in Ebmatingen ZH.
Veröffentlicht am 3. April 2023 - 13:22 Uhr
Wer Sandra Moos und ihren Partner Sandro Lüthi oder Sandras Mutter Susy Moos besuchen will, erlebt ein Verwirrspiel. Von aussen sieht deren Zuhause in Ebmatingen ZH wie ein Doppeleinfamilienhaus aus: Zwei Eingänge führen scheinbar in zwei nebeneinanderliegende Haushälften. Gemäss den Klingelschildern wohnt das Paar rechts, die Mutter links.
Doch vom rechten Eingang geht es im Innern über eine Treppe nach links hoch ins Obergeschoss mit Wohn- und Esszimmer sowie angrenzender Küche. Wer hingegen links bei Mutter Susy eintritt, gelangt über eine andere Treppe rechts nach oben und landet im dortigen Wohn- und Essraum sowie in der Küche. Der Schnittplan des Hauses zeigt: Die zwei Treppen liegen, nur durch eine Wand getrennt, nebeneinander und sind gegenläufig angeordnet.
«Meine Wohnung ist für mich neu und doch vertraut.»
Susy Moos
Susy Moos’ Wohnung umfasst dreieinhalb Zimmer. Neben dem Wohn- und Essbereich gehören dazu im Obergeschoss auch ein Schlafzimmer und ein Bad. Ihr Nähzimmer befindet sich im Eingangsgeschoss unter dem Wohn- und Essbereich von Sandra und Sandro. Deren Wohnung wiederum hat viereinhalb Zimmer. Wohn-, Esszimmer und Küche liegen im Obergeschoss, Schlafzimmer, Bad, Büro und eine Galerie, die ins hohe Wohn- und Esszimmer ragt, befinden sich im Dachgeschoss.
Die Vorgeschichte des heutigen Zweifamilienhauses reicht ins Jahr 1977 zurück. Damals zog Familie Moos in ihr neues Einfamilienhaus mit 6,5 Zimmern. 40 Jahre später wohnte nur noch Mutter Susy hier. Wegziehen wollte sie nicht, gleichzeitig benötigte sie einen Grossteil der Wohnfläche nicht mehr. Eine Herausforderung, vor der heute viele ältere Menschen stehen, deren Kinder ausgezogen sind.
Zur gleichen Zeit suchten Tochter Sandra und Partner Sandro eine Eigentumswohnung. Zusammen mit Sandras Bruder Roger, Mitinhaber des Architekturbüros Moos Giuliani Herrmann in Uster ZH, entstand die Idee, die Wohnbedürfnisse des Paars und der Mutter unter einem Dach zusammenzuführen.
Architekt Moos prüfte diverse Varianten, um im Einfamilienhaus zwei Wohnungen unterzubringen: «Zuerst suchte ich nach klassischen Lösungen mit je einer Wohnung pro Stockwerk.» Dabei wäre die kleinere Wohnung für Mutter Susy im Erdgeschoss zu liegen gekommen, die grössere für das Paar im Obergeschoss.
Durch die Lage am Hang hätte Susy Moos aber nur noch Zugang zum unteren, kleinen Garten gehabt, der vom Obergeschoss her zugängliche grosse Gartenteil samt Terrasse wäre ihr verwehrt geblieben. Auch Sandra hatte einen Vorbehalt: «Ich wollte auf keinen Fall wieder in meinem Jugendzimmer schlafen.» Schliesslich fand Architekt Moos eine Lösung, die sich dank den zwei gegenläufigen Treppen realisieren liess.
Das Haus wurde nach Norden um knapp drei Meter verlängert, und statt des Estrichs setzte man ein Dachgeschoss auf: «Damit konnten fast alle Wünsche erfüllt werden.»
Zur Wohnung von Mutter Susy gehört ein Grossteil der Räume, die sie auch zuvor noch genutzt hatte: Nähzimmer, Schlafzimmer sowie das Bad. Neu ist nur der Wohn- und Essbereich mit Küche. Von diesem aus gelangt sie direkt in den oberen Gartenteil. «Meine Wohnung ist für mich neu und trotzdem ein Stück weit vertraut», sagt Susy Moos.
Ganz anderes Ambiente
Sandra und Sandro wiederum haben ein Schlafzimmer erhalten, das zuvor nicht existierte, und das eigentlich originale Wohn- und Esszimmer hat durch den Umbau und die neu hinzugefügte Galerie ein anderes Ambiente erhalten: «Vom Quartier abgesehen, habe ich nicht das Gefühl, am gleichen Ort wie früher zu wohnen», sagt Sandra Moos.
Das Ebmatinger Beispiel zeigt: Durch geschickte Eingriffe bieten ältere Einfamilienhäuser viel Potenzial, und es lassen sich auch sozial gute Lösungen finden. Sandra Moos und Sandro Lüthi haben eine bezahlbare Eigentumswohnung erhalten, Susy Moos wiederum lebt weiterhin im vertrauten Umfeld und hat jemanden in der Nähe, der ihr zur Hand gehen kann.
Und selbst wenn die Treppe dereinst Probleme bereiten sollte, ist vorgesorgt: Alle für den Alltag nötigen Räume befinden sich im Obergeschoss, und die Terrassentür ist so vorbereitet, dass sie als ebenerdiger Zugang genutzt werden kann.