Das sollten Sie wiesen
Welches sind die häufigsten Fehler bei der Rasenpflege? Und warum passt manchmal eine Wiese besser? Ein Experte erklärt, worauf es ankommt.
Veröffentlicht am 28. März 2018 - 16:31 Uhr,
aktualisiert am 28. März 2018 - 15:38 Uhr
Wieso ist der Rasen der Nachbarn grüner und fetter? Wieso wächst dort so viel weniger Unkraut? Oft ist man versucht zu glauben, im Sprichwort, das Gras sei auf der anderen Seite des Zauns immer grüner, stecke mehr als ein Funken Wahrheit.
«Wenn ein Rasen nicht mehr schön aussieht, ist das in den meisten Fällen die Folge von zu wenig Pflege», sagt einer, der es wissen muss: Antonio Chiauzzi ist Rasenspezialist bei der Otto Hauenstein Samen AG. Sie beliefert viele Schweizer Gärtner mit Rasenprodukten und kümmert sich auch selber um Grossprojekte wie Sportanlagen oder Golfplätze.
«Bei der Wahl des Rasens ist entscheidend, für welche Art das eigene Zielbudget reicht.»
Antonio Chiauzzi, Rasenfachmann
Leute, die ein Haus kaufen oder umbauen, müssen sich überlegen, welche Art von Garten sie sich wünschen. Wer keine Steinplatten oder Kieselsteine, sondern etwas Grünes möchte, hat die Qual der Wahl: blühende Wiese, strapazierfähiger Sportrasen, adretter Golfrasen? Und das Ganze ausgesät oder gleich als Rollrasen bahnweise verlegt?
Fachmann Chiauzzi sieht die Sache pragmatisch: «Wichtiger als die Frage, welchen Rasen man möchte, ist die Frage, für welchen Rasen das eigene Zeitbudget reicht.» Denn die Gleichung sei einfach: «Wer vom Rasen etwas erwartet, muss auch bereit sein, Arbeit in den Rasen zu investieren.» Das bedeutet konkret: wöchentlich schneiden, drei- bis viermal pro Jahr düngen, dazu vertikutieren und aerifizieren. Wem das zu viel ist, dem rät Chiauzzi zu einer Wiese. Die muss man praktisch nie düngen und nur ein- oder zweimal im Jahr mit der Sense oder dem Fadenmäher schneiden.
«Ich sehe, dass die Leute immer weniger Zeit haben», sagt Chiauzzi. Früher habe man am Samstag überall Rasenmäher gehört. Heute sei das Mähen lästige Pflicht: Man warte oft, bis das Gras schon zu hoch sei, und schneide es dann viel zu tief ab. Das schadet dem Rasen enorm. Bei Zeitmangel sei eine Wiese sinnvoller: «Aber man hat dann halt keinen Rasen, wo man sich mit dem Badetuch hinlegen kann oder wo die Kinder tschutten.»
Die Entscheidung zwischen gesätem und Rollrasen sei hingegen viel weniger folgenschwer: Man müsse sich nur überlegen, wie rasch man einen Rasen wolle. Zwischen Aussaat und Grün liegen ein paar Wochen, bis zum fertigen Rasen vergehen Monate. Der Rollrasen ist innert Tagen bestellt und verlegt.
Doch danach muss man sofort damit beginnen, sich um den Rasen zu kümmern, ihn zu schneiden und zu düngen – sonst riskiert man Unkraut oder kahle Stellen. Dazu kommt, dass heute oft Mähroboter im Einsatz stehen. Antonio Chiauzzi warnt: «Im Prospekt des Rasenroboters steht, dass die Grasschnipsel, die liegen bleiben, den Rasen gleich auch noch düngen. Das stimmt aber nur begrenzt.» Und zwar nur dann, wenn die klimatischen Bedingungen zufällig perfekt sind. Ein Rasen brauche vor allem im Frühling und im Herbst zusätzliche Nährstoffe.
Neben zu wenig Pflege beobachtet Chiauzzi auch, dass Rasen falsch bewässert werden: «Wurzeln sind extrem faul», sagt er. Wenn man den Rasen zu oft, aber zu wenig intensiv wässert, wachsen die Wurzeln nicht in die Tiefe. Bleibt dann das Wasser wenige Tage aus, verdorrt der Rasen. Das Wasser sollte mindestens zehn Zentimeter tief in den Boden eindringen können.
Doch ausser dem eigenen Engagement gibt es noch eine ganze Reihe von Faktoren, die bei der Wahl des richtigen Grüns entscheidend sind und für die man mit Vorteil den Fachmann beizieht: Ist die Lage schattig oder sehr sonnig, ist der Boden eher mager oder recht feiss, enthält er Sand oder ist er sehr kompakt? Das alles spielt eine Rolle.
Tipps für den Rasen
Rasenspezialist Antonio Chiauzzi erlebt, dass Kunden – oft für viel Geld – einen neuen Rasen anschaffen, weil der alte nicht mehr schön ist. Nach zwei Jahren sieht aber alles wieder gleich aus.
«Ein Rasen ist zwar kein Haustier, aber: Man muss sich auch um ihn kümmern.»
Auch wenn Rollrasen am bequemsten scheint: Längerfristig ist der Aufwand nicht kleiner. Es gibt rund 200 Rasensorten. Hier die zwei wichtigsten:
- Der Hausrasen ist in der Schweiz mit Abstand der beliebteste. Er eignet sich für Sitzplätze, als Liegewiese oder als gepflegte Grünfläche ums Haus.
- Der Sportrasen ist widerstandsfähig, er ist dichter als der Hausrasen. Er wird auf Sand gezogen, damit er nachher auf den Untergrund des Sportplatzes passt.
Tipps für die Wiese
Eine Wiese entsteht, wenn man einen Rasen nicht mehr schneidet und verunkrauten lässt. Das kann sehr hübsch aussehen, und es ist pflegeleicht. Ein- bis zweimal im Jahr mit der Sense (oder notfalls mit dem Fädler) schneiden genügt. Das Gras nicht sofort entfernen, damit die Samen trocknen und abfallen können und so für die nächste Pflanzengeneration sorgen.
Man sollte das Gras aber nicht liegen lassen: «Wenn es draufschneit, bilden sich im Winter warme Hohlräume unter dem Schnee – ein Paradies für Mäuse», sagt Chiauzzi.
Tipps für Unentschlossene
Unentschlossene pflegen einen Teil der Wiese als Rasen und nutzen diesen als Sitz- oder Liegeplatz. Die Randpartien lässt man wachsen und braucht sie nicht zu pflegen. «Man kann das mit derselben Rasenmischung machen», sagt Chiauzzi.
Tipps für Leute mit sehr engem Zeitbudget
Einen Rasen kann man auch leasen. Man lässt vom Gärtner einen Rollrasen legen, zahlt einen monatlichen oder jährlichen Betrag für den Rasen, das Mähen, Düngen und Vertikutieren. Nach etwa vier bis acht Jahren wird der Rasen abgeschält und ein neuer wird verlegt. Für rund 200 Quadratmeter schätzt Antonio Chiauzzi die jährlichen Kosten auf etwa 2000 Franken.
Tipps für die Rasenpflege
Rasen sollte viermal im Jahr gedüngt, ein- bis zweimal vertikutiert und einmal aerifiziert werden. Vertikutieren bedeutet, ihn senkrecht zu schneiden. Dabei werden alte, kranke Gräser entfernt. Sinnvoll ist es, nach dem Vertikutieren nachzusäen. Beim Aerifizieren wird der Rasen durch Löcher im Boden belüftet.
Mähen sollte man den Rasen während der Wachstumsphase von Februar bis November wöchentlich, mit dem Roboter zwei- bis dreimal in der Woche – aber nicht täglich, denn das stresst den Rasen zu sehr. Chiauzzi rät, den Rasen trotzdem ab und zu mit dem herkömmlichen Rasenmäher zu schneiden, weil dann das Schnittgut entfernt wird. So verfilzt der Rasen weniger stark.